Erste Prototypen hat der Professor für KI-Prozessor-Design der TUM bereits beim Halbleiterhersteller Global Foundries in Dresden fertigen lassen. Anders als bei herkömmlichen Chips liegen Rechen- und Speichereinheit bei „AI Pro“ zusammen. Das ist möglich, da der Chip nach dem Prinzip des „hyperdimensional computing“ arbeitet: Das bedeutet, dass er Ähnlichkeiten und Muster erkennt, aber nicht Millionen von Datensätzen zum Lernen benötigt.
Statt unzählige Bilder von Autos gezeigt zu bekommen, wie beim Deep Learning, das bei herkömmlichen KI-Chips zum Einsatz kommt, kombiniert dieser Chip diverse Informationen, etwa dass ein Auto vier Räder hat, in der Regel auf der Straße fährt und unterschiedliche Formen haben kann. „Auch Menschen abstrahieren und lernen durch Ähnlichkeiten“, erläutert Amrouch, genauso wie der neue Chip.
Ein wichtiger Vorteil des Gehirn-ähnlichen Denkens: Es spart Energie. Für ein definiertes Training einer Aufgabe, ein „Sample“, verbrauchte der neue Chip 24 µJ, während vergleichbare Chips zehn bis hundertmal mehr Energie benötigten – „ein Rekordwert“, kommentiert Amrouch. „Dieser Mix aus moderner Prozessorarchitektur, Algorithmenspezialisierung sowie neuartiger Datenverarbeitung macht den KI-Chip zu etwas Besonderem.“
Das hebt ihn auch ab von Alleskönnern wie den Chips vom Branchenriesen Nvidia. „Während Nvidia eine Plattform gebaut hat, die auf Cloud-Daten angewiesen ist und verspricht, jedes Problem zu lösen, haben wir einen KI-Chip entwickelt, der kundenspezifische Lösungen ermöglicht. Hier schlummert ein enormer Markt.“
Neuromorphe Chips: Nach dem Vorbild des menschlichen Gehirns gebaut
Der einen Quadratmillimeter große und derzeit noch 30.000 Euro teure Chip trägt rund 10 Millionen Transistoren und ist damit nicht ganz so dicht gepackt und auch nicht ganz so leistungsfähig wie Nvidia-Chips mit 200 Milliarden Transistoren. Doch darauf kommt es Amrouch auch nicht primär an. Denn sein Team hat sich auf KI-Chips spezialisiert, die Daten direkt vor Ort verarbeiten. Damit müssen sie nicht erst in die Cloud geschickt, dort zusammen mit Millionen anderen Datensätzen verarbeitet und wieder zurückgeschickt werden. Das spart Zeit, Rechenkapazitäten von Servern und reduziert den CO2-Fußabdruck von KI.
Zudem sind die Chips maßgeschneidert für bestimmte Anwendungen. „Das macht sie sehr effizient“, ist Chipexperte Amrouch überzeugt. Sie konzentrieren sich zum Beispiel darauf, Vitaldaten eines Menschen über eine Smartwatch zu verarbeiten oder darauf, die Navigation einer Drohne zu unterstützen. Dadurch, dass diese persönlichen und teilweise auch sensiblen Daten an Bord des Geräts bleiben, kommt die Frage nach einer stabilen Internetverbindung und auch nach Cybersicherheit zudem gar nicht erst auf. Der Chip-Experte ist überzeugt: „Die Zukunft gehört den Menschen, die die Hardware besitzen.“