Temperatur- und Frequenzeinflüsse in Schaltungen reduzieren Neue Generation passiver Bauelemente verändert das Elektronikdesign

Sven Pannewitz, Produktmanager bei Reichelt Elektronik

Bild: Reichelt Elektronik
27.05.2025

Passive Bauelemente wie Widerstände, Kondensatoren und Induktivitäten entwickeln sich weiter und spielen dabei eine zunehmend aktive Rolle im modernen Elektronikdesign. Sven Pannewitz von Reichelt Elektronik erläutert, wie neue Werkstoffe, 3D-Integration und KI-gestützte Simulationen dabei helfen, Schwankungen zu minimieren und die Zuverlässigkeit zu erhöhen. Durch diese neuen Technologien werden passive Komponenten zu strategischen Bausteinen für leistungsfähige, kompakte und langlebige Systeme.

Passive Bauelemente wie Widerstände, Kondensatoren und Induktivitäten sind essenzielle Bestandteile elektronischer Schaltungen. Sie sind jedoch nicht völlig stabil – äußere Einflüsse wie Temperatur und Frequenzänderungen können ihre Eigenschaften verändern. Sven Pannewitz, Produktmanager bei Reichelt Elektronik, zeigt auf, welche aktuellen Entwicklungen es ermöglichen, diese dynamischen Schwankungen zu minimieren.

Herausforderungen durch die dynamische Natur passiver Komponenten

Die große Hürde beim Einsatz passiver Bauteile besteht darin, dass sich ihre elektrischen Eigenschaften nicht konstant verhalten, sondern abhängig von äußeren oder betrieblichen Bedingungen verändern können. Äußere Einflüsse können etwa Temperatur, Frequenz oder Feuchtigkeit sein, die die Stabilität und Zuverlässigkeit von elektronischen Systemen beeinträchtigen können. Zusätzlich zeigen viele dieser Bauelemente ein frequenzabhängiges Verhalten – etwa parasitäre Induktivitäten bei Kondensatoren oder kapazitive Effekte bei realen Induktivitäten – was zu unerwünschten Resonanzen oder Phasenverschiebungen führen kann. Solche Effekte können die Signalqualität verschlechtern, Fehlfunktionen verursachen oder die Effizienz von Systemen wie Filtern und Spannungsversorgungen deutlich verringern.

Entwicklungen zur Stabilisierung

Um die beschriebenen Herausforderungen zu verringern, wurden in der Elektronik in den letzten Jahren gezielt neue Ansätze entwickelt. Eine vielversprechende Herangehensweise zur Stabilisierung passiver Komponenten in der Elektronik ist beispielsweise die automatische Selbstkompensation. Dabei handelt es sich um integrierte Mechanismen oder Materialien, die Veränderungen der Eigenschaften von Bauelementen selbstständig ausgleichen. Konkret bedeutet das, dass in temperaturkompensierten Widerständen oder Kondensatoren spezielle Werkstoffkombinationen eingesetzt werden, deren gegenläufige Effekte sich neutralisieren. Ein Beispiel dafür ist die Kombination aus Konstantan und Kupfer: Konstantan weist einen nahezu temperaturunabhängigen elektrischen Widerstand auf, während Kupfer einen positiven Temperaturkoeffizienten hat – sein Widerstand steigt also mit zunehmender Temperatur. Somit wird die Gesamtauswirkung auf den Strom oder die Spannung minimiert.

Außerdem gewinnt die Integration passiver Bauelemente in moderne Elektroniksysteme wie System-in-Package (SiP) zunehmend an Bedeutung. Bei diesem Ansatz werden passive Bauteile nicht mehr nur auf der Leiterplatte montiert, sondern direkt in das Gehäuse oder sogar in den Halbleiterchip integriert. Das spart nicht nur Platz, auch die elektronische Leistung wird durch geringere parasitäre Effekte verbessert.

Die 3D-Integration geht noch einen Schritt weiter: Hierbei werden passive Bauelemente vertikal übereinandergestapelt oder direkt in die Substrate eingebettet. Das ermöglicht extrem kompakte und leistungsfähige Systeme, etwa für Mobilgeräte, Wearables oder Hochfrequenzanwendungen.

Eine weitere hilfreiche Methode sind moderne Simulationstools auf KI-Basis, die große Datenmengen aus realen Messungen und Materialdatenbanken auswerten und daraus präzise Modelle ableiten. Dadurch kann das dynamische Verhalten passiver Bauelemente unter verschiedenen Betriebsbedingungen realitätsnah abgebildet werden. Dies führt dazu, dass Designfehler frühzeitig erkannt und kompensiert werden – zum Beispiel durch die automatische Auswahl besser geeigneter Komponenten oder durch angepasste Schaltungstopologien. Darüber hinaus ermöglichen moderne Gehäusetechnologien mit integrierter Abschirmung eine Reduktion externer Störeinflüsse. Diese Entwicklungen sind entscheidend für die Entwicklung leistungsfähiger, kompakter und langlebiger elektronischer Systeme, insbesondere in Bereichen wie der Kommunikationstechnik, oder Industrieelektronik.

Was die Zukunft bringt: „Passiv“ neu durchdacht

Die letzten Jahre haben deutliche Fortschritte in der Entwicklung passiver Bauelemente hinsichtlich ihrer Stabilität gebracht. Durch den Einsatz neuer Werkstoffkombinationen und Fertigungstechnologien konnten temperatur- und frequenzabhängige Schwankungen reduziert werden. Entwicklungen wie automatische Selbstkompensation, System-in-Package (SiP) und 3D-Integration ermöglichen kompaktere, leistungsfähigere und zuverlässigere elektronische Systeme. Parallel dazu eröffnet das KI-unterstützte Design ganz neue Möglichkeiten, um das dynamische Verhalten dieser Bauelemente frühzeitig zu erkennen und gezielt zu kompensieren.

Die aktuellen Entwicklungen machen passive Bauelemente tatsächlich zu einem wichtigen strategischen Faktor im modernen Elektronikdesign – und in gewisser Weise sogar zu einem Gamechanger. Kurz gesagt: Passiv ist nicht mehr „passiv“ im klassischen Sinne – die neuen Generationen dieser Bauteile sind aktiv am Fortschritt beteiligt. Durch ihre verbesserte Anpassungsfähigkeit sind sie zentrale Komponenten im Design moderner, intelligenter Elektronik.

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