Überwachung von landwirtschaftlichen Flächen Mini-Sensoren schützen Boden vor Überdüngung

Das EU-Projekt „Soilmonitor“ soll zu einer umweltschonenderen Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Böden beitragen. Tests dazu finden unter anderem auf den Flächen des Versuchsbetriebs Hohenschulen statt.

Bild: Doreen Saggau, CAU
18.11.2022

Laut einem Bericht der europäischen Kommission sind über 60 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Böden in der EU überdüngt. Forscher aus Kiel wollen dem mit einem batteriebetriebenen Mini-Labor begegnen. Es erfasst direkt in der Erde und rund um die Uhr wichtige Nährstoffwerte.

Gegen die Überdüngung landwirtschaftlicher Flächen hat die EU ein Gesetz geplant, das mit neuen Düngevorgaben die Bodenqualität verbessern soll. Allerdings stellt es Landwirtinnen und Landwirte auch vor Herausforderungen: Tägliche schwankende Nährstoffwerte und aufwendige Laboranalysen machen es nahezu unmöglich, Bodendaten zeitnah zu ermitteln und die Bewirtschaftung daran anzupassen.

Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) entwickelt daher ein Messgerät, das rund um die Uhr zentrale Nährstoffwerte erfasst. Der Sensor soll Nitrat-, Ammonium- und Phosphatwerte direkt in der Erde messen und in Echtzeit auslesbar machen. Die EU fördert das Projekt „Soilmonitor“ im Rahmen eines Innovationsprogramms mit rund 2,5 Millionen Euro. Es ist Anfang November gestartet und auf drei Jahre angelegt.

Batteriebetriebenes Mini-Labor

Geplant ist ein batteriebetriebenes Messgerät mit einer Größe von rund 5 cm x 3 cm x 3 cm, das in den Erdboden eingesetzt wird und dort automatisch Bodenflüssigkeit entnimmt und analysiert (ein sogenanntes mikrofluidisches Lab-on-a-Chip). Zeitaufwendige Probenentnahmen, Laboranalysen und Wartungsarbeiten entfallen. Per Smartphone oder anderen Softwareanwendungen können Landwirtinnen und Landwirte die Ergebnisse des Mini-Labors jederzeit auslesen und ihr Düngeverhalten entsprechend anpassen.

„Dieses Sensorsystem im Format einer Streichholzschachtel ermöglicht zum ersten Mal eine 24/7-Messung der Nährstoffe im Boden und damit eine optimale, datenbasierte Düngung“, sagt Martina Gerken, Professorin für Integrierte Systeme und Photonik an der Technischen Fakultät und Leiterin des Projekts. „Die Technologie dahinter basiert auf einem optoelektronischen Detektionschip, der von uns entwickelte organische Leuchtdioden zur optischen Auslesung nutzt. Mit hydrophilen Keramikmaterialien wollen wir die Entnahme der Bodenflüssigkeit erleichtern.“

Die Sensorentwicklung wird im Zentrum für Vernetze Sensorsysteme (ZEVS) an der Technischen Fakultät angesiedelt. Im Sommer 2023 soll das Gebäude, das sich zurzeit noch im Bau befindet, auf dem Ostufer-Campus in Kiel eröffnet werden.

Aussagekräftigere Messungen

„Direkte Nährstoffmessungen im Boden, die kontinuierlich erhoben werden, sind deutlich aussagekräftiger als die heutigen punktuellen Messungen an Bodenproben oder indirekte Messungen zum Beispiel über Pflanzenblätter“, sagt Sandra Spielvogel, Professorin für Bodenkunde an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät und Teil des Projektteams. „Vor allem die Nitratgehalte in Böden sind sehr variabel und erfordern daher eine neue Messtechnik, um eine passgenaue Düngung zu ermöglichen.“

Für eine reibungslose Aufnahme der Bodenlösungen will Spielvogel unter anderem Böden mit verschiedenen Porengrößen und -verteilungen, Lagerungsdichten und Wassergehalten untersuchen und in Feldversuchen testen. Zeynep Altintas, Professorin für Biomaterialien und Biosensortechnologien, ist im Team für den Nachweis der verschiedenen Nährstoffe zuständig. Monika Sienknecht vom Lehrstuhl vom Gründungs- und Innovationsmanagement bringt unternehmerisches Know-how ein.

Unternehmensgründung als Ziel

Das Projekt „Soilmonitor“ baut auf Gerkens Forschungen in vorherigen EU-Projekten auf (PhotoSmart, BeamOLED), aus denen bereits zwei Patente hervorgegangen sind. Außerdem führte sie erste Marktanalysen durch und baute ein Partnernetzwerk auf. Mit der neuen Förderung aus dem EIC-Transition-Programm der EU will das interdisziplinäre Team aus Elektrotechnik, Chemie, Bodenkunde und BWL einen Prototyp entwickeln und zur Marktreife bringen.

„Unser langfristiges Ziel ist die Gründung eines Unternehmens, um den Soilmonitor in größerem Maßstab für Anwendungen in der Landwirtschaft und in der Bodensanierung zu produzieren“, sagt Gerken. „Neben einem eigenständigen System soll es auch eine Komponente geben, die sich in bestehende Systeme integrieren lässt.“

Das Projekt wird außerdem unterstützt von Prof. Dr. Henning Kage (Acker- und Pflanzenbau, wissenschaftlicher Leiter des Versuchsbetriebes Hohenschulen), Prof. Dr. Achim Walter (Gründungs- und Innovationsmanagement) und Prof. Dr. Carsten Schultz (Technologiemanagement).

Bildergalerie

  • Im Projekt wird ein Messgerät entwickelt, das rund um die Uhr direkt im Boden Nährwerte erfassen kann.

    Im Projekt wird ein Messgerät entwickelt, das rund um die Uhr direkt im Boden Nährwerte erfassen kann.

    Bild: Zimmermann, Martina Gerken, CAU

  • Das batteriebetriebene Mini-Labor nimmt automatisch Bodenflüssigkeit auf, analysiert sie und überträgt die Ergebnisse in Echtzeit per Funk.

    Das batteriebetriebene Mini-Labor nimmt automatisch Bodenflüssigkeit auf, analysiert sie und überträgt die Ergebnisse in Echtzeit per Funk.

    Bild: Sandra Spielvogel, Martina Gerken, CAU

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