RFID für Desinfektionsmittel & Co. Korrekt kuppeln

Turck – Hans Turck GmbH & Co. KG

Die individuell entwickelte Kupplungslösung mit eingegossenen RFID-Tags ermöglicht eine sichere und automatisierte Verifizierung der Materialverbindungen – ein wesentlicher Beitrag zur Produktionssicherheit und Rückverfolgbarkeit in der pharmazeutischen Fertigung.

12.06.2025

In der Produktion von medizinischen Desinfektionsmitteln und Arzneimitteln setzt die B. Braun Medical auf eine zuverlässige Verifikation der Schlauchanschlüsse in ATEX-Zone 2. Mit einer innovativen RFID-Lösung wird sichergestellt, dass Misch- und Abfüllprozesse fehlerfrei und effizient ablaufen.

Die B. Braun Medical ist eine Tochtergesellschaft des deutschen B.-Braun-Konzerns, einem der führenden Hersteller und Lieferanten von Medizintechnikprodukten. Der B.-Braun-Konzern beschäftigt rund 65.000 Menschen in 64 Ländern, davon über 1.000 in der Schweiz. Diese sorgen in der Entwicklung, der Produktion und dem Vertrieb dafür, dass der Gesundheitsmarkt mit hochwertigen Produkten versorgt wird.

Die Produktionsstätte der B. Braun Medical in Sempach im Schweizer Kanton Luzern ist spezialisiert auf die Herstellung medizinischer Desinfektionsmittel, Hygieneprodukte und Arzneimittel zur Behandlung chronischer Wunden. Hier werden komplexe Misch- und Abfüllprozesse durchgeführt, bei denen verschiedene chemische Rohstoffe in Tanks gemischt und anschließend abgefüllt werden. Aufgrund stark gestiegener Nachfrage ist das Unternehmen im Begriff, die Produktionskapazitäten zu verdoppeln.

Identifikation schafft Sicherheit

Der Kernprozess der neuen Anlagen umfasst im Wesentlichen die Zuführung der verschiedenen chemischen Rohstoffe von den Wiegecontainern in die Mischtanks und die Weiterleitung der Fertigprodukte in die Abfülllinie. Knotenpunkte im System sind zwei Schlauchbahnhöfe, von denen der eine bei der Aufgabestation und der andere an der Schnittstelle zur Abfülllinie platziert ist. Im Prozess müssen die Schläuche je Charge drei- bis viermal versetzt werden. Damit es nicht zu Verwechslungen mit verhängnisvollen Auswirkungen kommt, sind die Schlauchbahnhöfe ins RFID-System eingebunden, das die gesamte Anlage kontrolliert. Bei jedem Anschluss müssen je ein RFID-Datenträger auf Schlauchseite und ein RFID-Schreib-Lese-Kopf als Gegenüber zusammenspielen. Der Durchlass öffnet sich nur, wenn das System das richtige Medium identifiziert hat.

Das kommunikationsfähige Kupplungsrad

Es gibt eine Vielzahl von Schlauchkupplungen mit integriertem RFID-Codeträger auf dem Markt. Doch eine Standardlösung kam in diesem Fall angesichts der engen Platzverhältnisse und der schweren Schläuche nicht in Frage – eine Steilvorlage für die Tüftler unter den RFID-Spezialisten der Bachofen, dem nationalen Vertriebspartner von Turck in der Schweiz. Ihre Vision: eine Schlauchkupplung mit Kupplungsrad, in das die RFID-Tags eingegossen sind.

Gemeinsam mit den Spezialisten für Kupplungstechnik und Schlauchsysteme, MannTek und Schudel, setzte Bachofen die unkonventionelle Idee um und entwickelte einen Prototypen, der B. Braun Medical rundum überzeugte. „Die Spezialisten von Bachofen haben sich in die Aufgabe hineingekniet und nicht aufgegeben, bis eine Lösung vorlag, zu der wir vorbehaltlos Ja sagen konnten“, erklärt der Leiter Unterhalt und Technik am Standort Sempach, Thomas Mühlebach.

Die finale Drehradversion enthält drei im Abstand von 120 Grad eingelassene RFID-Tags, deren Signale beim Eindrehen blitzschnell die Verbindung identifizieren und bei einem positiven Ergebnis den Durchfluss freigeben. Für die Integration und Steuerung der Kupplungslösung nutzte Bachofen Turcks RFID-System BL ident mit TBEN-I/O-Blockmodulen in Schutzart IP67/IP69K. Diese sind mit speziellen Schutzgehäusen auch zum Einsatz in ATEX-Zone 2 zugelassen, was bei Ethernet-I/O-Modulen eher selten der Fall ist. Die eingesetzten Schreib-Lese-Köpfe können ebenfalls in Zone 2 genutzt werden, der TN-R42TC-EX sogar in Zone 1. Dank der Multiprotokollfähigkeit der TBEN-Module können diese in jedem industriellen Ethernet-Netzwerk mit Profinet, Ethernet/IP oder Modbus TCP eingesetzt werden. Zur Kommunikation mit dem übergelagerten Produktionssystem nutzt B. Braun Medical OPC UA.

Präzision bei einfacher Handhabung

Das neue System arbeitet sehr präzise: Die drei RFID-Tags in jedem Kupplungsrad stellen sicher, dass sie schnell und zuverlässig gelesen werden. Die verwendeten Datenträger des Modells IN TAG 200 sind speziell für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen konzipiert. Der eingesetzte Schreib-Lese-Kopf TN-EM30WD-H1147-EX ist ebenfalls für explosionsgefährdete Bereiche bis Zone 2 zugelassen. Sein Gehäuse aus Edelstahl und Flüssigkristallpolymer erfüllt die Schutzart IP69K und widersteht auch harten Reinigungsverfahren.

Schlauchkupplungen und RFID-Verifikation

Sobald der Schlauch verbunden ist, liest der Schreib-Lese-Kopf die Informationen der RFID-Datenträger im Kupplungsrad aus. Die so erfassten Daten werden sofort mit den Informationen zum Tank verglichen. So wird sichergestellt, dass nur die korrekt identifizierten Komponenten miteinander verbunden werden. Falls eine Fehlkupplung festgestellt wird, blockiert das System den Durchfluss. Dieser automatisierte Verifikationsprozess bringt mehrere Vorteile mit sich: Zum einen erhöht er die Sicherheit, zum anderen verbessert er die Effizienz, da der Verifikationsvorgang schnell und zuverlässig erfolgt, ohne dass manuelle Überprüfungen notwendig sind.

Reproduzierbare Qualität

Zusätzlich ermöglicht das Modul das Beschreiben der RFID-Tags mit spezifischen Daten über die durchgeführten Prozesse und Materialien. Diese Datenaufzeichnung unterstützt nicht nur die Rückverfolgbarkeit in der Qualitätskontrolle, sondern optimiert auch die Dokumentation und Compliance der Produktionsprozesse. Beispielsweise kann der Zeitpunkt der letzten Reinigung eines Schlauches auf dem RFID-Tag gespeichert werden. Sollte dieser Zeitraum überschritten werden, verhindert das System automatisch den Materialfluss, um die Sterilität und Qualität des Produktionsprozesses sicherzustellen. Dies stellt sicher, dass sowohl die Produktionssicherheit als auch die konstante Qualität der Produkte gewährleistet sind.

Fazit

Die Entwicklung der Sonderlösung war ein Highlight in der Zusammenarbeit zwischen B. Braun Medical und Bachofen. Auch auf Produktebene konnte Bachofen mit den Automationskomponenten von Turck und Banner Engineering die Anforderungen des Anlagenbetreibers vollumfänglich erfüllen. Neben den RFID-Komponenten lieferte Turck zahlreiche I/O-Blockmodule vom Typ TBEN-L5-8IOL, die unter anderem die Ventile anbinden sowie alle Ethernet-, Power- und viele Sensor-Aktor-Kabel. „Es ist nicht einfach, Produkte mit Ex-Schutz Zone 1 und 2 zu finden, die auch reinraumtauglich sind“, resümiert Thomas Mühlebach. „Bachofen hat verstanden, was wir brauchen, und uns mit kompetenter Beratung und den geeigneten Produkten bei der Evaluation unterstützt.“

Bildergalerie

  • Insgesamt drei RFID-Tags sind in jedem Kupplungsrad eingegossen, sodass ein Tag, unabhängig von der Radstellung, immer zuverlässig gelesen werden kann.

    Insgesamt drei RFID-Tags sind in jedem Kupplungsrad eingegossen, sodass ein Tag, unabhängig von der Radstellung, immer zuverlässig gelesen werden kann.

    Bild: Turck

  • Sobald der Schlauch verbunden ist, verifiziert das RFID-System den Anschluss.

    Sobald der Schlauch verbunden ist, verifiziert das RFID-System den Anschluss.

    Bild: Turck

  • Turcks BL ident-RFID-System verhindert Fehlkupplungen und gewährleistet damit eine konstante Produktqualität.

    Turcks BL ident-RFID-System verhindert Fehlkupplungen und gewährleistet damit eine konstante Produktqualität.

    Bild: Turck

  • Die TBEN-I/O-Blockmodule sind platzsparend unter den Kabeltrassen in ATEX-Schutzgehäusen installiert.

    Die TBEN-I/O-Blockmodule sind platzsparend unter den Kabeltrassen in ATEX-Schutzgehäusen installiert.

    Bild: Turck

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