Getriebe aus wenigen Atomen Klein, mini, nano: Das kleinste Zahnrad der Welt

Der eine Teil ist ein Triptycen-Molekül, dessen Struktur an einen Propeller oder ein Schaufelrad (silbergrau) erinnert. Bei der zweiten Komponente handelt es sich um ein flaches Fragment eines Thioindigo-Moleküls ähnlich einer kleinen Platte (gold)

Bild: Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
21.04.2022

Immer kleiner und filigraner muss es sein. Ohne Miniaturisierung von Bauteilen gäbe es heute weder leistungsfähige Notebooks, handliche Smartphones noch hochauflösende Endoskope. Mittlerweile arbeitet die Forschung im Nanobereich, also an Schaltern, Rotoren oder Motoren, die nur aus wenigen Atomen bestehen, um sogenannte molekulare Maschinen zu bauen. Nun ist es gelungen, das kleinste energiegetriebene Zahnrad der Welt mit entsprechendem Gegenstück zu entwickeln.

Die Miniaturisierung ist ein Grundpfeiler dafür, dass sich moderne Technologien weiterentwickeln und größere Leistungen in kleineren Geräten möglich werden. Auch in der Produktion spielt sie eine bedeutende Rolle, denn nur so lassen sich Werkstoffe, funktionale Materialien oder Medikamente mit einer nie dagewesenen Präzision bearbeiten.

Mittlerweile ist die Wissenschaft in den – mit bloßem Auge nicht mehr sichtbaren – Nanobereich vorgestoßen, in die Größenordnung von einzelnen Atomen und Molekülen. Welche Bedeutung das neue Forschungsfeld hat, zeigt der Chemie-Nobelpreis, der 2016 für die Forschung an molekularen Maschinen vergeben wurde.

Molekulares Zahnrad gezielt antreiben

Einige wichtige Bauteile solcher molekularen Maschinen wie Schalter, Rotoren, Pinzetten, Roboterarme oder sogar Motoren gibt es bereits auf Nanoebene. Ein weiteres essentielles Bauteil für jedwede Maschine ist das Zahnrad, welches es erlaubt Bewegungen umzulenken, miteinander zu verkoppeln, und Drehzahlen einzustellen. Auch für Zahnräder gibt es molekulare Gegenstücke, allerdings bewegen sie sich bisher nur passiv zufällig vor- und zurück, was für eine molekulare Maschine wenig hilfreich ist.

Das molekulare Zahnrad, das die Forschungsgruppe um Prof. Dr. Henry Dube, Lehrstuhl für Organische Chemie I der FAU und früherer Nachwuchsgruppenleiter an der LMU München, entwickelt hat, ist nur 1,6 nm groß – das entspricht etwa einem 50.000-stel der Dicke eines menschlichen Haares – und ist damit ein Miniaturrekord.

Aber nicht nur das: Zum ersten Mal ist es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gelungen, ein molekulares Zahnrad und sein Gegenstück gezielt anzutreiben und damit ein fundamentales Problem für den Bau von Nano-Maschinen zu überwinden.

Aufbau und Licht-Antrieb

Das Getriebe besteht aus zwei Komponenten, die miteinander verzahnt und aus lediglich 71 Atomen zusammengesetzt sind. Der eine Teil ist ein Triptycen-Molekül, dessen Struktur an einen Propeller oder ein Schaufelrad (in der Animation in silbergrau dargestellt) erinnert.

Bei der zweiten Komponente handelt es sich um ein flaches Fragment eines Thioindigo-Moleküls ähnlich einer kleinen Platte. Dreht sich die Platte um 180 Grad, wird der Propeller nur um 120 Grad weitergedreht. Das Ergebnis ist eine 2:3-Übersetzung.

Gesteuert wird das Nano-Getriebe durch Licht, es ist also ein molekulares Photo-Zahnrad. Durch die Lichtenergie direkt angetrieben, bewegen sich das flache Fragment/die Platte und der Triptycen-Propeller zur gleichen Zeit gekoppelt miteinander. Wärme alleine reicht dagegen nicht aus um die Zahnradbewegung zu erzeugen, wie das FAU-Team herausfand.

Als die Forscherinnen und Forscher das Lösungsmittel um das Zahnrad im Dunkeln aufheizten, drehte sich zwar der Propeller, die Platte jedoch nicht – das Getriebe rutschte sozusagen durch. Daraus schlossen sie, dass sich mit Hilfe von Licht das Nano-Getriebe gezielt aktivieren und steuern lässt.

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