Prozessautomation & Messtechnik Kalibriermethode für Zwischendurch

19.09.2013

In der Prozessindustrie müssen Temperaturmessstellen regelmäßig kalibriert werden, was Stillstandszeiten mit sich bringt. Um diese weitgehend zu vermeiden, wurde eine In-Process-Kalibrierung entwickelt. Sie kann zwar die „echte“ nicht ersetzen, aber deren Intervalle verlängern und damit Kosten sparen.

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Temperaturmessungen sind die häufigsten Messaufgaben in der Prozessindustrie. Sie dienen dem Überwachen und Steuern des Produktionsprozesses zum Beispiel bei Fermentationsprozessen. Zunehmend werden aber auch Hilfs- und Nebenprozesse wie die Dampfsterilisation überwacht. Insbesondere im Lebensmittel-/Pharma-/Biotech-Segment ist dies sogar zwingend vorgeschrieben. Hier muss die erreichte Dampftemperatur gemessen und dokumentiert werden. Die gestiegenen Anforderungen an die Prozesssicherheit haben in den letzten Jahren zu einer stetig steigenden Anzahl von Messstellen geführt. Für viele Anwendungen muss die Messgenauigkeit der Messungen allerdings regelmäßig durch Kalibrierung nachgewiesen werden. Neben den dadurch entstehenden Kosten ist besonders kritisch, dass die Temperatursensoren zur Kalibrierung aus dem Prozess entnommen werden müssen. Wenn eine lückenlose Prozessdokumentation erforderlich oder gewünscht ist, resultiert daraus ein Produktionsstillstand. Gerade bei kontinuierlichen Produktionsprozessen, wie sie etwa in der chemischen Industrie üblich sind, kann dies zu erheblichem Aufwand beim Stoppen und Neustarten der Produktion führen. Hier sind Lösungen zum Verlängern der Kalibrierzyklen gefordert. Temperaturmessungen mit Pt-100-Elementen haben sich als sehr robust und zuverlässig erwiesen: Pt-100-Sensoren müssen nur sehr selten aufgrund von unzureichenden Kalibrierergebnissen ausgetauscht werden. Bei Temperaturmessstellen mit mittleren oder geringen Genauigkeitsanforderungen eröffnen sich dadurch Möglichkeiten, mit einem neuartigen Kalibrierverfahren und darauf abgestimmten Messgeräten den Aufwand und vor allem die Stillstandszeiten zu senken.

In-Process-Kalibrierverfahren

Allgemein wird bei einer Kalibrierung das zu kalibrierende Messgerät mit einem Referenzsensor mit bekannter, hoher Genauigkeit verglichen. Bei der Kalibrierung eines Temperaturmessgeräts besteht die Herausforderung darin, Sensorelement und Referenz auf die gleiche Temperatur zu bringen. Der Aufwand dafür hängt von den Genauigkeitsanforderungen ab. Üblicherweise werden spezielle Kalibratoren verwendet. Entweder werden die Temperatursensoren ausgebaut und im Kalibrierlabor vermessen, oder die Kalibrierung wird mittels eines mobilen Kalibrators vor Ort in der Produktionsanlage durchgeführt. Allerdings muss auch hier das Messgerät aus dem Prozess entnommen werden. Bei dem neuartigen Kalibrierkonzept sind die Messgeräte so ausgeführt, dass der Vergleich von Messgerät und Messnormal im Prozess erfolgen kann (In-Process-Kalibrierung). Das zertifizierte Messnormal wird dazu in eine spezielle Kalibrieröffnung im Gerät eingeführt. Das Messgerät ist so gestaltet, dass dann beide Temperatursensoren von der Prozesswärme gleichartig erwärmt werden. Dieses Gerätekonzept kann für Messeinsätze ab 4mm Durchmesser realisiert werden. Dazu ist ein innenliegendes Mantelrohr in den Messeinsatz integriert, das den Referenzsensor aufnimmt. Die Geometrie ist so ausgelegt, dass bei eingestecktem Referenznormal beide Pt-100-Sensoren sehr dicht nebeneinander positioniert sind. Als Referenzsensor kommt ein Einsteck-Pt-100-Fühler mit 1,6mm Außendurchmesser zum Einsatz, wie er handelsüblich erhältlich ist.Mess- als auch Referenzfühler können bis zu mehrere Meter lang ausgeführt werden. Damit können auch Anwendungen abgedeckt werden, bei denen ein Ausbau des Messfühlers zur Kalibrierung aufgrund seiner Größe sehr aufwendig oder gar unmöglich ist. Durch den in Grenzen flexiblen Referenzfühler kann dieser auch an schwer zugänglichen Messstellen eingesetzt werden. Auch stehen inzwischen Messgeräte mit Atex-Zulassung für die In-Process-Kalibrierung zur Verfügung. Voraussetzung für das Kalibrierverfahren ist ein Produktionsschritt mit ausreichend konstanter Prozesstemperatur über die Angleichzeit der Sensoren. Häufig ist ein Arbeitspunkt besonders relevant für den Prozess. Dessen Temperatur bietet sich besonders an. Ein Beispiel ist die Sterilisation mit Sattdampf (SIP). Temperaturmessungen zur SIP-Überwachung werden häufig nur zu diesem Zweck eingesetzt. Somit ist nur die Messgenauigkeit bei der Sterilisationstemperatur von Belang. Gleichzeitig liegen keine hohen Anforderungen an die Messgenauigkeit vor, da nur sichergestellt werden muss, dass die erreichte Dampftemperatur oberhalb der geforderten Grenze liegt. Für Rohroberflächenmessungen haben sich Oberflächentemperaturmessgeräte der Labom-Clamp-on-Familie etabliert. Auch diese Geräte können mit einer In-Process-Kalibriereinrichtung versehen werden. Ein zweiter, identischer Messeinsatz dient dabei als Referenznormal. Je nach Platzverhältnissen und Messaufgabe können Mess- und Referenzeinsatz unterschiedlich angeordnet sein.

Kalibrierintervall verlängern

Die regelmäßig erforderliche Kalibrierung von Temperaturmessstellen deckt nur sehr selten unzulässige Abweichungen auf. Der Aufwand für die Kalibrierungen steht dabei in keinem angemessen Verhältnis mehr zum Nutzen. Eine In-Process-Kalibrierung hingegen kann für Messungen mit mittleren oder geringen Genauigkeitsanforderungen die Kalibrierkosten senken und kommt ohne Prozessstillstandszeiten aus. Auch wenn eine herkömmliche Kalibrierung nicht vollständig ersetzt werden kann, lässt sich durch das neuartige Kalibrierprinzip zumindest das Intervall verlängern.

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