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Neue Erkenntnisse bei Superkondensatoren Günstige und nachhaltige Alternative zu Lithium-Ionen-Akkus gefunden

Harald Fitzek, Christian Prehal und Qamar Abbas (von links) an der SAXS-Anlage SAXSpoint 2.0: Mit ihrer Arbeit an der TU Graz liefern die Forscher neue Erkenntnisse über hybride Superkondensatoren.

Bild: Helmut Lunghammer, TU Graz
09.10.2020

Ähnlich wie Batterien eignen sich Superkondensatoren für die wiederholte Speicherung elektrischer Energie. Dabei umgehen sie eine Reihe Nachteile von Lithium-Ionen-Akkus. Forschende aus Österreich haben nun ein besonders sicheres und nachhaltiges Kondensator-Exemplar gefunden.

Begrenzte Sicherheit, Nachhaltigkeit und Recyclingfähigkeit sind neben beschränkt verfügbaren Ausgangsmaterialien wie Kobalt zentrale Nachteile heutiger Lithium-Ionen-Batterien. Auf der Suche nach alternativen elektrochemischen Energiespeichern, die sich in der E-Mobilität oder bei erneuerbaren Energien einsetzen lassen, ist eine Kombination aus Batterie und Kondensator vielversprechend: der hybride Superkondensator.

Ein solcher Superkondensator kann ähnlich schnell geladen und entladen werden wie ein Kondensator und dabei annähernd so viel Energie speichern wie Batterien. Zusätzlich lässt er sich deutlich schneller und viel häufiger laden und entladen: Während eine Lithium-Ionen-Batterie eine Lebensdauer von wenigen tausend Zyklen erreicht, schafft ein Superkondensator rund eine Million.

Kondensator aus Kohlenstoff und Salzwasser

Eine besonders nachhaltige, bislang aber recht unerforschte Variante eines solchen hybriden Superkondensators besteht aus Kohlenstoff und wässrigem Natriumiodid (NaI), mit einer positiven Batterieelektrode und einer negativen Superkondensatorelektrode. Wie genau die elektrochemische Energiespeicherung in diesem Superkondensator funktioniert und was in den nanometergroßen Poren der Kohlenstoffelektrode passiert, haben Forschende der TU Graz nun näher untersucht. Ihre Ergebnisse haben sie in Nature Communcations veröffentlicht.

„Das von uns eingehend betrachtete System besteht aus nanoporösen Kohlenstoffelektroden und einem wässrigen Natriumiodid-Elektrolyten, sprich aus Salzwasser. Damit ist dieses System besonders umweltfreundlich, kostengünstig, unbrennbar und einfach zu recyceln“, erklärt Christian Prehal. Er ist Erstautor der Studie und kürzlich vom Institut für Chemische Technologie für Materialien der TU Graz an die ETH Zürich gewechselt.

Ungeahnt höhere Speicherkapazität

Mithilfe von Röntgenkleinwinkelstreuung und Raman-Spektroskopie konnten die Forscher erstmals zeigen, dass in den Kohlenstoff-Nanoporen der Batterieelektrode während der Ladung feste Iod-Nanopartikel entstehen, die sich bei der Entladung wieder auflösen. Das widerspricht dem bislang vermuteten Reaktionsmechanismus und hat weitreichende Konsequenzen, wie Prehal erklärt: „Nur auf Grund der Kleinheit der Nanoporen von weniger als 1 nm – das heißt einem Millionstel Millimeter – bleibt das feste Iod stabil. Der Füllgrad mit festem Iod bestimmt dabei, wie viel Energie in der Elektrode gespeichert werden kann.“

Auf diese Weise könne die Energiespeicherkapazität der Iod-Kohlenstoffelektroden ungeahnt hohe Werte erreichen, da sämtliche chemische Energie in den festen Iod-Partikeln gespeichert wird. Dieses Wissen könnte Wege zu neuen hybriden Superkondensatoren oder Batterieelektroden eröffnen, die eine unvergleichlich höhere Energiedichte bei äußerst schnellen Lade- und Entladevorgängen aufweisen.

Neue Untersuchungsmethode für Energiespeicher

Hybride Superkondensatoren können nun mit gezielten Verbesserungen in die Anwendung gebracht werden: als sichere, nicht entflammbare, kostengünstige und nachhaltige Alternative für die stationäre Speicherung elektrischer Energie. Vor allem für die Speicherung von beispielsweise Energie aus Photovoltaik in privaten Haushalten kann das eine attraktive Option sein.

Ein weiterer Durchbruch gelang den Forschern in Bezug auf die verwendeten Untersuchungsmethoden: Bei der Raman-Spektroskopie wird die Wechselwirkung von Licht mit Materie genutzt, um Einblick in den Aufbau oder die Eigenschaften eines Materials zu bekommen. Die Kleinwinkel-Röntgenstreuung (SAXS) macht strukturelle Veränderungen während elektrochemischer Reaktionen sichtbar. Beide Methoden fanden operando statt, also live während des Ladens und Entladens einer eigens dafür entwickelten elektrochemischen Zelle.

„Sowohl Operando-Raman-Spektroskopie also auch Operando-SAXS wurden erstmals an einem hybriden Superkondensator mit wässrigem NaI-Elektrolyt durchgeführt“, sagt Prehal. „Für die SAXS-Untersuchung haben wir eigens eine Messzelle für Batterien und elektrochemische Energiespeicher entwickelt.“

Die Ergebnisse der Arbeit zeigen, dass Operando-SAXS bestens geeignet ist, um strukturelle Änderungen in einem Superkondensator oder einer Batterie auf der Nanometerskala und direkt während des Ladens und Entladens live zu verfolgen. Diese neue Untersuchungsmethode könnte daher künftig breiten Einsatz im Bereich elektrochemischer Energiespeicher finden.

Bildergalerie

  • Studien-Erstautor Christian Prehal wechselte kürzlich vom Institut für Chemische Technologie für Materialien der TU Graz an die ETH Zürich.

    Studien-Erstautor Christian Prehal wechselte kürzlich vom Institut für Chemische Technologie für Materialien der TU Graz an die ETH Zürich.

    Bild: Helmut Lunghammer, TU Graz

  • Qamar Abbas, Senior Scientist am Institut für Chemische Technologie für Materialien der TU Graz, beschäftigt sich seit Längerem mit hybriden Superkondensatoren.

    Qamar Abbas, Senior Scientist am Institut für Chemische Technologie für Materialien der TU Graz, beschäftigt sich seit Längerem mit hybriden Superkondensatoren.

    Bild: Helmut Lunghammer, TU Graz

  • Harald Fitzek, Senior Scientist am Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz, war maßgeblich an den Röntgenkleinwinkelmessungen und Raman-Spektroskopie beteiligt.

    Harald Fitzek, Senior Scientist am Zentrum für Elektronenmikroskopie Graz, war maßgeblich an den Röntgenkleinwinkelmessungen und Raman-Spektroskopie beteiligt.

    Bild: Helmut Lunghammer, TU Graz

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