Professor Shu Hu vom Fachbereich Chemie- und Umweltingenieurwesen und Mitglied des Yale Energy Sciences Institute leitete das Projekt und beschreibt das System als „solarbetriebene, ozeanbasierte Kohlenstoffabscheidung und -umwandlung“. Oder, einfacher gesagt, es handelt sich um die Herstellung von „Brennstoffen aus Sonnenlicht“. Das Team nutzt Sonnenlicht, um den in Meerwasser gelösten Kohlenstoff in Synthesegas umzuwandeln – ein Synthesegas, das aus Kohlenmonoxid (CO) und Wasserstoff besteht. Diese vielseitige Verbindung dient als wichtiger Baustein für die Herstellung wertvoller Industriechemikalien und Brennstoffe.
Bisherige Bemühungen, Sonnenenergie zur Umwandlung von im Meerwasser gelöstem Kohlenstoff in nützliche Produkte zu nutzen, standen vor erheblichen Herausforderungen. Die extrem niedrige Konzentration von Karbonat-Ionen im Meerwasser macht es schwierig, sowohl eine hohe Energieeffizienz als auch eine selektive Produktbildung zu erreichen. Darüber hinaus sind bestehende Reaktoren auf Experimente im Labormaßstab beschränkt. Um Kohlendioxid aus Meerwasser wirklich nutzen zu können, sind neben Katalysatoren auch Reaktoren erforderlich, die einen kontinuierlichen Betrieb im großen Maßstab ermöglichen.
Kohlenstoff erfolgreich zu Kraftstoff gewandelt
Basierend auf der Expertise der Hu-Gruppe im Bereich der Photokatalyse und der Entwicklung von Reaktoren, die die Nutzung von Licht für chemische Umwandlungen maximieren, haben sie ein neues photoelektrochemisches Gerät entwickelt. Dieses nutzt ausschließlich Sonnenlicht, um gelösten Kohlenstoff im Meerwasser – hauptsächlich Bicarbonat – in Synthesegas umzuwandeln. Der Prozess ahmt die Photosynthese in Meeresökosystemen nach und erreicht einen Wirkungsgrad von 0,71 Prozent bei der Umwandlung von Sonnenenergie in Brennstoff, was in etwa der Effizienz von Algen bei der Kohlenstoffumwandlung entspricht.
Noch bemerkenswerter ist die Entdeckung des Teams, dass trotz der nahezu null Konzentration von Karbonat im Meerwasser die Selektivität der Reaktion durch das Strömungsfeld im Reaktor dramatisch beeinflusst werden kann. In statischem Meerwasser betrug der CO-Gehalt im Produkt nur 3 Prozent. Unter den kontrollierten Strömungsbedingungen im Reaktor stieg der CO-Anteil jedoch auf 21 Prozent.
„Es funktioniert wie ein perfekt synchronisierter Staffellauf“, erklärte Xiang Shi, Mitautor der Studie und Doktorand in Hus Labor. „Die Anode leitet Protonen und CO2 an die Kathode weiter, die dann zum Ziel sprintet – der Umwandlung. Dieses Zusammenspiel treibt die gesamte Reaktion effizient bis zum Abschluss voran. Wir haben dies erreicht, indem wir den Reaktor so konstruiert haben, dass der Fluss zuerst durch die Anoden strömt, wo Wasser oxidiert und Protonen freigesetzt werden. Diese Protonen werden vom Fluss mitgerissen und lösen dabei eine Kaskade von Reaktionen aus, die Bicarbonat in gelöstes CO2 umwandeln, das dann zu den nachgeschalteten Kathoden transportiert und reduziert wird.“
Durch diesen Ansatz haben sie den Stoffübergangsprozess der Reaktion so gestaltet, dass der Fluss, der die Elektrodenoberfläche erreicht, reguliert wird. Auf diese Weise gelang es ihnen nicht nur, Kohlendioxid aus dem Meerwasser zu entfernen, sondern auch Sonnenlicht zu nutzen, um direkt aus dem Ozean Brennstoff zu erzeugen.
Nächster Schritt: Industriemaßstab
Als Nächstes wollen die Forscher die Technologie des Systems weiterentwickeln und schließlich zu einem großtechnischen Reaktor auf industriellem Niveau ausbauen. Das modulare Reaktordesign ermöglicht es, diese Durchflusszellen zu schwimmenden Anlagen im Quadratmeterbereich zusammenzusetzen. Diese schwimmenden Reaktoren nutzen natürliche Gezeitenbewegungen und Meeresströmungen, um Meerwasser passiv durch das System zirkulieren zu lassen. Während das Meerwasser durch die Reaktoren fließt, wandeln diese unter Sonneneinstrahlung kontinuierlich gelöstes CO2 in Synthesegas um, das gesammelt und zu Industrieanlagen transportiert werden kann, um dort in der chemischen Synthese oder der Kraftstoffproduktion weiterverwendet zu werden.
„Wir hoffen, große schwimmende Reaktoren auf dem Meer bauen zu können, damit wir Sonnenlicht und Meerwasser direkt zur Herstellung von Solarbrennstoffen nutzen können“, sagte Hu.