Neuer Ansatz um Halbleiter für sichtbares Licht herzustellen Diamantglitter: Farbenspiel mit künstlichen DNA-Kristallen

Diamantkristalle aus DNA. Elektronenmikroskopische Aufnahme, eingefärbt.

Bild: Liedl Lab
22.05.2024

Dass Schmetterlingsflügel in intensiven Farben schillern, verdanken sie keineswegs Farbpigmenten. Es sind photonische Kristalle, die für das Farbspiel verantwortlich sind. Ihre periodische Nanostruktur lässt das Licht bestimmter Wellenlängen passieren, während sie andere Wellenlängen reflektiert. Dadurch erscheinen die an sich transparenten Flügelschuppen so strahlend bunt. Mit künstlich hergestellten photonischen Kristallen ließen sich „effizientere Solarzellen, innovative Lichtleiter oder Materialen für die Quantenkommunikation entwickeln. Aber sie lassen sich bisher nur sehr aufwendig herstellen“, erklärt Dr. Gregor Posnjak. Der Physiker ist Postdoktorand in der Forschungsgruppe von Tim Liedl, Professor an der LMU und Mitglied im Exzellenzcluster e-conversion.

Das LMU-Team verwendet dafür im Gegensatz zu Lithographieverfahren eine Technik namens DNA-Origami, um Bausteine zu entwerfen und zu verbinden. Diese fügen sich dann zu einem bestimmten Gitter zusammen. „Es ist seit Langem bekannt, dass das Diamantgitter theoretisch eine optimale Geometrie für photonische Kristalle aufweist“, erklärt Tim Liedl. „Im Diamant ist jedes Kohlenstoffatom mit vier weiteren Kohlenstoffatomen verbunden. Unsere Herausforderung bestand darin, die Struktur eines Diamantkristalls um das 500-Fache zu vergrößern, sodass die Abstände zwischen den Bausteinen mit der Wellenlänge des Lichts vergleichbar sind“, so Liedl. „Wir haben die Periodizität des Gitters auf 170 nm erhöht, indem wir die einzelnen Atome durch größere Bausteine ersetzt haben - in unserem Fall durch DNA-Origami“, sagt Posnjak.

Die perfekte Molekül-Falttechnik

Was nach Magie klingt, ist eine Spezialität der Liedl-Gruppe: Sie zählt zu den weltweit führenden Forschungsteams in Sachen DNA-Origami und deren Selbstorganisation. Dafür nutzen Wissenschaftler einen langen, ringförmigen DNA-Strang und einen Satz aus kurzen DNA-Klammern. Letztere steuern die Faltung des längeren DNA-Strangs in nahezu jede beliebige Form - vergleichbar mit Origami-Meistern, die Papierstücke zu komplizierten Objekten zu falten.

Die fertigen DNA-Origami-Kristalle werden auf einem Substrat abgeschieden. Das Team von Professor Ian Sharp vom Walter-Schottky-Institut der Technischen Universität München (TUM) ist dann in der Lage, die DNA-Origami-Kristalle mit einzelnen Atomlagen Titandioxid zu überziehen. „Das DNA-Origami-Diamantgitter dient als Gerüst für Titandioxid, das aufgrund seines hohen Brechungsindex die photonischen Eigenschaften des Gitters bestimmt. Nach der Beschichtung lässt unser photonischer Kristall UV-Licht mit einer Wellenlänge von etwa 300 nm nicht durch, sondern reflektiert es“, erklärt Posnjak. Die Wellenlänge des reflektierten Lichts lässt sich über die Dicke der Titandioxidschicht steuern.

DNA-Origami könnte Photonik beflügeln

Für photonische Kristalle, die im Infrarotbereich funktionieren, eignen sich zwar klassische Lithographieverfahren, welche aber aufwendig und teuer sind. Im Wellenlängenbereich des sichtbaren und UV-Lichts waren Lithographieverfahren bislang nicht erfolgreich.

„Deswegen bietet der einfachere Herstellungsprozess über die Selbstorganisation von DNA-Origami in wässriger Lösung eine gute Möglichkeit, Strukturen der gewünschten Größe kostengünstig und in größeren Mengen zu produzieren“, sagt Prof. Tim Liedl. Er ist überzeugt, dass die einzigartige Struktur mit ihren großen Poren, die chemisch adressierbar sind, weitere Forschungsimpulse auslösen werden - zum Beispiel im Bereich der Energiegewinnung und -speicherung.

Die Kollaboration von Arizona State University und TUM unter der Leitung von Prof. Petr Sulc stellt einen theoretischen Rahmen für die Gestaltung verschiedener kristalliner Gitter aus lückenhaften Kolloiden vor und demonstriert die Methode experimentell durch die Verwendung von DNA-Origami-Bausteinen zur Bildung eines Pyrochlor-Gitters, das möglicherweise auch für photonische Anwendungen genutzt werden könnte.

Bildergalerie

  • Tim Liedl (Mitte) mit Doktorandin Xin Yin und Gregor Posnjak im Labor: „Unsere Herausforderung bestand darin, die Struktur eines Diamantkristalls um das 500-fache zu vergrößern, sodass die Abstände zwischen den Bausteinen mit der Wellenlänge des Lichts vergleichbar sind.“

    Tim Liedl (Mitte) mit Doktorandin Xin Yin und Gregor Posnjak im Labor: „Unsere Herausforderung bestand darin, die Struktur eines Diamantkristalls um das 500-fache zu vergrößern, sodass die Abstände zwischen den Bausteinen mit der Wellenlänge des Lichts vergleichbar sind.“

    Bild: Stephan Höck, LMU

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