So war die 79. Namur-Hauptsitzung Die Produktion von morgen wird in den Köpfen gebaut

Welche Themen die Prozessautomatisierer aktuell umtreiben und wohin die Reise geht, konnten die über 600 Teilnehmer am 10. und 11. November 2016 auf der 79. Namur-Hauptsitzung diskutieren.

Bild: Namur
18.11.2016

Rekordverdächtige 650 Teilnehmer fanden sich zur Namur-Hauptsitzung im Dorint-Hotel in Bad Neuenahr ein, um sich über die aktuellsten Entwicklungen in der Prozessindustrie auszutauschen. Ein kurzer Bericht vom ersten Tag.

Ob man nun will oder nicht: Die Globalisierung ist nicht mehr aufzuhalten, man muss sich ihr stellen. Das gilt natürlich auch für die Prozessindustrie. Und so ist es für die in diesem Umfeld tätigen Unternehmen unerlässlich, ihre Prozesse und Abläufe weltweit anzupassen.

Das betonte der Namur-Vorsitzende Dr. Wilhelm Otten in seinem Eröffnungsvortrag, mit dem er die 79. Namur-Hauptsitzung einleitete. Darüber hinaus stünde die Branche vor der Aufgabe, ihre Produktionsbetriebe effizienter und flexibler zu machen, um die gestiegenen Kundenanforderungen zu meistern – zum Beispiel eine auf ihre Wünsche hin zugeschnittene Produktion.

Flexibilität auf die Fahnen schreiben

Diese höhere Flexibilisierung und die damit einhergehende zunehmende Komplexität des Geschäftsumfelds erfordern laut Otten dringend den Einsatz neuer Technologien.

Passend zu diesen Anforderungen hat die Interessengemeinschaft Automatisierungstechnik der Prozessindustrie die Hauptsitzung des Jahres 2016 unter das Motto „Lösungen zur Optimierung in der globalen Prozessindustrie“ gestellt. Der Sponsor in diesem Jahr war das japanische Automatisierungsunternehmen Yokogawa, das schon 2005 diese Funktion innehatte.

Automation Design Suite

Welche Neuerungen Yokogawa bietet, um Anlagen künftig zu optimieren, schilderte Deutschland-Chef Dr. Andreas Helget im Sponsoren-Vortrag.

Da gebe es zum Beispiel die Automation Design Suite, eine universelle Engineering-Umgebung, die durchgängig den gesamten Lebenszyklus einer Anlage unterstütze – einschließlich aller Veränderungen, Erweiterungen und Modernisierungen nach der Inbetriebnahme.

Virtuelle Welten - reelle Lösungen

Darüber hinaus könnten Produzenten mit einer modellprädiktiven Regelung, Big Data und dem Wartungshelfer Augmented Reality ihre Anlagen fit für die Zukunft machen. Kreative Tools und moderne Verfahren allein sorgen aber nach den Aussagen von Helget noch nicht für Erfolg. Ausschlaggebend hierfür seien ebenso Services nach Maß und vor allem eine gute Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten.

„Wir verlassen uns nicht einfach auf unsere Kreativität und Innovationskraft; wir beziehen ganz im Sinne unseres Unternehmensslogans ‚Co-innovating tomorrow’ Kunden, Partner und wissenschaftliche Einrichtungen bei der Entwicklung optimaler Lösungen mit ein“, so Dr. Andreas Helget.

Zauberwort: Plant Performance

Die Anwendervorträge im Anschluss beschäftigten sich in diesem Jahr mit den Themen Plant Performance, Remote Operation und Namur Open Architecture.

Im ersten Vortrag beschrieb Dr. Udo Enste, Geschäftsführer von LeiKon, wie sich im operativen Betrieb die Effizienz von Anlagen steigern lässt. Damit die Anlagen stets bestmöglich arbeiten, müssten deren Betreiber ihr Augenmerk genau auf Aspekte wie Prozessstabilität und -robustheit, Produktqualität, Durchsatz, Anlagenverfügbarkeit sowie Energie- und Materialeffizienz richten. Mithilfe dieser Aspekte, Enste nannte sie KPIs (Key Performance Indices), könnten Anlagenbetreiber die Plant Performance umfassend bewerten.

Remote Operation für die Produktion von morgen

Im nächsten Vortrag widmete sich Dr. Michael Krauss, Senior Automation Manager bei BASF, der Remote Operation. Er bezeichnete sie als eine notwendige Evolution für die Produktion von morgen. Sie biete neue Möglichkeiten, mit Herausforderungen wie der nötigen Produktivitätssteigerung in allen Regionen, der Flexibilisierung von Produktions- und Businessprozessen, dem demographischen Wandel und der Expertenverfügbarkeit in Wachstumsmärkten umzugehen.

Krauss‘ Co-Referent John Hofland von Shell erläuterte anhand des Gasfeldes in Groningen die Vorteile von Remote Operation: Die dortigen Produktionscluster arbeiteten mittlerweile mit minimalem Personaleinsatz, Routinearbeiten liefen automatisiert ab, die Wartung könne man planen und ungewollte Stillstände vermeiden.

Industrie 4.0 ist keine Gefahr für die Automatisierungspyramide

Im dritten und letzten Anwenderbeitrag ging es darum, wie die Namur Open Architecture (NOA) es ermöglicht, innovative Industrie-4.0-Lösungen effizient und flexibel in der doch eher konservativen Prozessindustrie einzusetzen – für wirtschaftlicher arbeitende Anlagen.

Die beiden Vortragenden, der Namur-Vorstand Dr. Thomas Tauchnitz und Christian Klettner von BASF, betonten dabei, dass es nicht darum gehe, die bewährte Automatisierungspyramide zu ersetzen; vielmehr sei NOA ein ergänzender Ansatz zu den bestehenden Strukturen. Und natürlich gebe es hinsichtlich der Sicherheit keine Kompromisse: „Die Pyramide wird in NOA offen nach draußen und sicher nach innen“, versprach Tauchnitz.

Verwandte Artikel