Vibroakustische Qualitätskontrolle mit Laservibrometrie Für höchste Messqualität

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02.11.2017

Alle Produkte müssen Qualitätsstandards einhalten, viele benötigen sogar eine 100-prozentige Prüfung. Als zerstörungsfreies Verfahren bietet sich oftmals die vibroakustische Güteprüfung mit Laservibrometrie an. Das Messverfahren eignet sich für viele Anwendungsfälle.

Um Kunden zufriedenzustellen sowie um Reklamationen und Vertrauensverlust zu vermeiden, müssen Hersteller die Qualität ihrer Produkte sicherstellen. Das gilt für Haushaltsgeräte ebenso wie für Motoren, Wälzlager, Pumpen, medizinische Geräte oder Materialprüfungen, wie beispielsweise zum Härteverhalten von Zement. Oft sind dafür – auch aus Sicherheitsgründen – 100-prozentige Prüfungen notwendig. Als Verfahren bietet sich für all diese Bereiche die berührungslose vibroakustische Qualitätskontrolle an. Dabei vermeiden moderne Laservibrometer durch ihre Genauigkeit in der Fertigungskontrolle Pseudoausschuss sowie Fehlerfolgekosten und können bereits bei der Produktentwicklung helfen Gestaltung, Auslegung oder den „Sound“ der Produkte zu optimieren.

Die vibroakustische Güteprüfung ist ein vielseitiges zerstörungsfreies Verfahren, um die Qualität und Zuverlässigkeit von Produkten und Fertigungsprozessen sicherzustellen. Sie liefert Informationen über das Schwingungsverhalten unterschiedlichster Objekte, gibt dadurch Auskunft über den Zustand der Prüflinge und erkennt unzulässige Abweichungen im Fertigungsprozess. Damit kann beurteilt werden, ob Produkte zuverlässig sind oder ein gewünschtes Geräuschverhalten eingehalten wird. Ziel ist, durch frühzeitige und aussagekräftige Prüfergebnisse die Produktqualität, Produktivität und Kundenzufriedenheit zu steigern.

Berührungslos, schnell und zuverlässig

Das Messprinzip der Laservibrometer beruht auf dem Doppler-Effekt, also der Tatsache, dass die Frequenz eines Laserstrahls durch die Objektbewegung verändert wird. Dazu wird im Laser-Vibrometer ein Laserstrahl in einen Referenz- und einen Messstrahl aufgeteilt. Der Messstrahl wird nach Rückstreuung am bewegten Messobjekt wieder mit dem Referenzstrahl überlagert. Das überlagerte Signal enthält die (Doppler-)Frequenzverschiebung aus der die (Schwing-)Geschwindigkeit und Auslenkung des Messobjektes ermittelt werden kann.

Entgegen herkömmlichen Messmethoden ergeben sich gleich mehrere Vorteile: Aufwändige Schallisolierung wie bei Mikrofonen ist ebenso unnötig wie mechanische Zustelleinrichtungen bei Beschleunigungssensoren, der Arbeitsabstand ist variabel, es kann an allen optisch erreichbaren Stellen berührungslos gemessen werden und es gibt keinen mechanischen Verschleiß. Das schnelle Messprinzip macht dabei sehr kurze Taktzeiten möglich und optimale Messergebnisse sind auch bei rauen Oberflächen gewährleistet. Die Messergebnisse sind exakt reproduzierbar. Da Laservibrometer mit hoher Bandbreite arbeiten, sind sie universell und flexibel einsetzbar. Sie können Materialeigenschaften, Fehler oder charakteristische Eigenschaften bei den unterschiedlichsten Prüflingen anhand des Geräuschs beziehungsweise des Schwingverhaltens bestimmen.

Polytec hat Laservibrometer für die vibroakustische Qualitätskontrolle bereits seit fast drei Jahrzehnten im Programm und die vielseitigen Geräte haben sich in den unterschiedlichsten industriellen Anwendungen bewährt. Dazu hat beigetragen, dass sich die kompakten Komplettlösungen, zu der auch eine leistungsfähige Prüfsoftware gehört, einfach in die jeweilige Automatisierungsumgebung integrieren lassen. Die Prüfsoftware QuickCheck ist speziell für die vibroakustische Güteprüfung mit Laservibrometern konzipiert. Sie erfasst die Messsignale des Laservibrometers sowie anderer Sensoren und wertet sie aus, steuert den Prüfablauf und kommuniziert mit dem Fertigungsleitsystem. Grenzwerte im Frequenz- und Zeitbereich lassen sich einfach konfigurieren. Die integrierte Triggerung auf Prüfling und Prüftyp vereinfacht die Prozessintegration. Hinzu kommen eine Wertedatenbank mit Statistikfunktion und Exportschnittstelle sowie Bediensicherheit durch gestaffelte Benutzerrechte.

Praxisbeispiele aus unterschiedlichsten Branchen

Die Bandbreite typischer Anwendungen ist groß, wie zahlreiche Beispiele aus ganz unterschiedlichen Bereichen belegen: Akustische Qualität und Langlebigkeit sind Qualitätskriterien, die Verbraucher gerade bei täglich genutzten Haushaltsgeräten schätzen. Staubsaugermotoren von Vorwerk werden deshalb in der Fertigung zu 100 Prozent geprüft. Diese Prüfung übernehmen drei Laservibrometer, die die Schwingungen an drei charakteristischen Stellen messen. Zur Gut-/Schlecht-Entscheidung werden bei der Auswertung die Spektren berechnet und mit Referenzspektren verglichen.

Auch Waschmaschinen durchlaufen eine 100-prozentige Endkontrolle, bei der ebenfalls ein Laservibrometer eine Schlüsselrolle spielt. Gemessen wird radial zur Motorachse an einem Punkt auf der Trommel. Anhand der Schwingungsauswertung lassen sich lockere oder beschädigte Antriebsscheiben ebenso erkennen wie ein nicht richtig befestigtes Ausgleichsgewicht, ein defekter beziehungsweise verschmutzter Antriebsriemen, Lagerprobleme, Maschinenunwucht oder ein nicht richtig arbeitender Motor.

Wälzlager sind hochpräzise Maschinenelemente und werden in hohen Stückzahlen produziert. Die Fertigungstoleranzen liegen in Bandbreiten von wenigen Mikrometern und besondere Beachtung gilt einem minimalen Laufgeräusch. Zudem hat sich der Weltmarktführer SKF in seiner Qualitätsphilosophie zu einer Null-Fehler-Politik verpflichtet und das bei einem Ausstoß von tausenden Produkten pro Tag. Darum werden 100 Prozent der gefertigten Wälzlager einer Geräuschprüfung unterzogen. Zykluszeiten von wenigen Sekunden verlangen dabei nach hocheffizienten Prüfsystemen.

Bereits 2010 wurde gemeinsam mit Polytec ein Projekt gestartet, um die bisher verwendeten induktiven Körperschallsensoren durch ein Laservibrometer zu ersetzen. Dadurch ergaben sich für den Produktionsprozess gleich mehrere Vorteile: Das Laservibrometer misst berührungslos, ist flexibel einsetzbar, liefert genaue und konstante Signale und senkt die Betriebskosten, weil sich der Prüfstand schnell umrüsten beziehungsweise kalibrieren lässt und praktisch keinen Reparaturaufwand hat.

Auch bei der Montagekontrolle von hocheffizienten Synchronmotoren für Pumpen in Heiz- oder Kühlsystemen haben sich Laservibrometer bewährt. Im Gegensatz zu den früher verwendeten Piezo-Schwingungssensoren konnten die Messzyklen hier von zirka fünf Minuten auf lediglich etwa eine Minute verkürzt werden. Außerdem läuft die Prüfung quasi unbeaufsichtigt ab: Der Operator muss lediglich das Startsignal geben und den eigentlichen Prüfvorgang nicht überwachen. Die Messwerte werden automatisch protokolliert, was Rückverfolgbarkeit garantiert. Alles in allem hat sich dadurch der Umstieg auf das Laservibrometer in weniger als drei Jahren amortisiert.

Bei der Biege- und Druckfestigkeitsbestimmung - gemäß DIN EN 196, Teil 1 - von Zement, werden typischerweise Zementmörtelprismen zerstört und die aufgewendete Kraft sowie die Spannungsverteilung gemessen. Laservibrometer liefern hier mindestens ebenso aussagekräftige Ergebnisse. Es sind jedoch viel weniger Prismen notwendig, da die Messung zerstörungsfrei ist; ein Prismensatz genügt für den gesamten Prüfungszeittraum. Gleichzeitig reduziert sich der Aufwand bei Herstellung und Lagerung der Proben und die notwendigen Kapazitäten von Klimakammern und Wasserbecken sinken. Bei den Messergebnissen ergeben sich weniger Schwankungen, da an denselben Prismen gemessen werden kann und der Festigkeitsverlauf lässt sich kontinuierlich dokumentieren.

In der Therapie von Atemwegserkrankungen spielt die Inhalation von Medikamenten eine entscheidende Rolle. So müssen die flüssigen Medikamente in ein Aerosol mit definierter Tropfen-Größenverteilung überführt werden. An das Verneblersystem werden hohe Anforderungen gestellt. Bei Pari, einem Hersteller für Aerosolerzeugungssysteme in Deutschland, wird die Qualität der Systeme mit einem Laservibrometer in der Fertigung zu 100 Prozent geprüft. Die Messung des Schwingungsverhaltens der Aerosol-Erzeugermembran stellt die Qualität des Aerosolerzeugers, dem Kernstück des Verneblersystems, in besonderem Maße sicher. Die berührungslose Schwingungsmesstechnik mit Laservibrometer und der QuickCheck-Software ermöglicht eine sehr schnelle Prüfung und Auswertung. Gleichzeitig garantiert das Verfahren eine gleichbleibende Qualität der Aerosolerzeugungssysteme und minimiert durch die optimierten Algorithmen Pseudoausschuss durch falsch bewertete Produkte.

MAN Truck & Bus in Nürnberg stellt ein breites Spektrum moderner Nutzfahrzeugmotoren her. Jedes einzelne Aggregat wird umfangreichen Tests unterzogen, bevor es die Fabrik verlässt, darunter auch einer Prüfung auf unerwünschte Geräusche und Schwingungen. Neben Mikrofonen zur Luftschallmessung werden beim Kalttest der Motoren als Schwingungssensoren auch Laservibrometer von Polytec verwendet. Zwar treten in der modernen Motorenproduktion systematische Fehler praktisch nicht mehr auf. Die besondere Stärke der Schwingungs- und Geräuschmessung ist aber, dass vereinzelt auftretende, zufällige Fehler erkannt werden, wie zum Beispiel Beschädigungen und Fertigungsabweichungen an Nockenwellen, Geräusche im Ventiltrieb verursacht durch zum Beispiel zu großes Spiel oder Fehler an Hochdruckpumpen und anderen Nebenaggregaten.

Hohe Signalqualität bei wechselndem Abstand

In diesen und ähnlichen Anwendungen sind Laservibrometer von Polytec mittlerweile zum Standard für berührungslose Schwingungssensoren und Schwingungsmesstechnik avanciert. Das umfassende Produktspektrum bietet Lösungen für nahezu jede schwingungstechnische Fragestellung in Forschung, Entwicklung, Produktion und Langzeitüberwachung: Ob für Einpunkt- oder differenzielle Messungen, für die Bestimmung von Rotations- oder In-Plane Schwingungen, zur Visualisierung von Schwingungen an MEMS und mikroskopischen Systemen oder zur vollständigen, flächenhaften Darstellung kompletter Strukturschwingungen.

Dabei bleibt die Entwicklung keineswegs stehen. So wurden jetzt die kompakten Laservibrometer noch einmal verbessert. Das IVS-500 arbeitet im weiten Frequenzbereich bis 100 kHz und mit variablen Arbeitsdistanzen bis zu drei Meter. Eine integrierte Auto- und Remote-Focus-Funktion sorgt auch bei wechselndem Arbeitsabstand für hohe Signalqualität, zum Beispiel wenn auf unterschiedlich hohe beziehungsweise breite Bauteile gemessen werden muss. Aufgrund ihrer Vielseitigkeit wird sich die prozessintegrierte vibroakustische Güteprüfung als berührungsloses, flexibles Verfahren deshalb in der Industrie weiter durchsetzen, um die Qualität und Zuverlässigkeit von Produkten und Fertigungsprozessen sicherzustellen, zu optimieren und Pseudoausschuss zu vermeiden.

Bildergalerie

  • Prüfung eines Wälzlagers: Fertigungstoleranzen liegen bei wenigen Mikrometern und auch das Laufgeräusch muss niedrig sein.

    Prüfung eines Wälzlagers: Fertigungstoleranzen liegen bei wenigen Mikrometern und auch das Laufgeräusch muss niedrig sein.

    Bild: SKF

  • Laservibrometer werden auch bei der Montagekontrolle von Synchronmotoren für Pumpen in Heiz- oder Kühlsystemen eingesetzt.

    Laservibrometer werden auch bei der Montagekontrolle von Synchronmotoren für Pumpen in Heiz- oder Kühlsystemen eingesetzt.

    Bild: Polytec; Wilo

  • Laservibrometer arbeiten bis zu einem Arbeitsabstand von drei Metern.

    Laservibrometer arbeiten bis zu einem Arbeitsabstand von drei Metern.

    Bild: Polytec

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