Green Claims Trotz Richtlinien-Rückzug – neue Spielregeln für Unternehmen

Neue Richtlinie vor dem Aus: Unternehmens-Kommunikation sollte auch ohne gesetzliche Anforderung klar und präzise sein.

Bild: ASEW
24.06.2025

Trotz des wahrscheinlichen Rückzugs der Green Claims Directive bleibt die präzise und belegbare Kommunikation von Umweltaussagen für Industrieunternehmen unerlässlich. Die neue Empowering Consumers for the Green Transition Directive (EmpCo) etabliert klare rechtliche Rahmenbedingungen für grüne Versprechen zu Produkten und Prozessen. Dies erfordert von Akteuren der Prozessindustrie eine konsequente Überprüfung ihrer Nachhaltigkeitskommunikation zur Sicherung von Compliance und Reputation.

Die Green Claims Directive (GCD) ist ein von der EU-Kommission vorgelegter Richtlinienentwurf zur Bekämpfung irreführender Umweltaussagen. Die GCD legt klare Kriterien dafür fest, wie Unternehmen ihre Aussagen und Label beweisen müssen. Der nun erfolgte Kipppunkt kam nicht ohne Vorboten: Bereits die lange Stille zwischen der Veröffentlichung des Richtlinienentwurfs im März 2023 und heute war ein erster Hinweis, dass hinter den Kulissen verhandelt würde. Gegenwind aus den konservativen und rechten Fraktionen gab es kontinuierlich. Eine veränderte politische „Großwetterlage“ scheint nun die Kommission unter Druck gesetzt zu haben.

„An und für sich handelt es sich um einen normalen demokratischen Prozess“, ordnet ASEW-Geschäftsführerin Daniela Wallikewitz die Ankündigung der EU-Kommission ein. „Ungünstig ist, dass sich für Unternehmen die Planbarkeit durch solche Änderungen verringert und es so zu einer stark abwartenden Haltung führen könnte, die Innovationen ausbremst. Grundsätzlich ist der Verzicht auf bürokratische Überregulierung zu begrüßen, doch sollten die politischen Akteure auf EU- und Bundesebene darauf achten, aus einem guten Ziel kein alternativloses Argument zu machen, um gegen unliebsame Ansätze vorzugehen.“

Unabhängig von einem sich abzeichnenden vorzeitigen Ende der Green Claims Directive (GCD) bleibt das Signal an Unternehmen unverändert: „Umweltaussagen über eigene Unternehmen und Produkte sollten im Sinne des Verbraucherschutzes wie auch des eigenen Risiko- und Reputationsmanagements wahrheitsgetreu, präzise und verständlich formuliert sowie durch Belege gestützt werden“, so Patrick Niehaves, Senior Projektmanager für Umweltaussagen und Kompensation bei der ASEW. „Dass bei vielen Unternehmen diesbezüglich noch Handlungsbedarf besteht, sehen wir an den zahlreichen und nicht abreißenden Unterlassungsaufforderungen und Klagen von Umweltorganisationen, Wettbewerbszentralen und weiteren Stakeholdern gegenüber Unternehmen.“

Bemerkenswert ist, dass diese Urteile auf Basis des etablierten Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) entschieden werden. „Das UWG adressiert ökologische Aspekte gar nicht explizit“, so Niehaves weiter. Daran wird sich jedoch etwas ändern. „Das Ziel der EU, Verbraucher und Verbraucherinnen besser zu schützen, Unternehmen mehr Rechtssicherheit zu verschaffen und die Gerichte zu entlasten, bleibt auch nach Ankündigung des etwaigen Aus der GCD weiterhin bestehen. Hierfür ist schließlich bereits im März 2024 auf EU-Ebene die ‚Empowering Consumers for the Green Transition Directive‘ (EmpCo) in Kraft getreten.

Rechtliche Klarheit für Umweltaussagen

Neben den Kernthemen Haltbarkeit und Reparierbarkeit regelt diese Richtlinie, welche Arten von Werbeaussagen über ökologische Aspekte als irreführend und damit unzulässig einzustufen sind. Die deutschen Gerichte scheinen die entsprechenden Regelungen schon jetzt in ihrer Rechtsprechung im Hinterkopf zu haben.“ Deutschland und alle anderen EU-Mitgliedsstaaten haben noch bis spätestens März 2026 Zeit, die Richtlinieninhalte der EmpCo in nationale Gesetze zu überführen, ehe sie sechs Monate später für Unternehmen in Kraft treten.

Was sich für Unternehmen ändert

Was in Bezug auf freiwillige Umweltaussagen erlaubt, verboten und erwünscht ist, wird demnach zunehmend deutlich. Ein typisches Beispiel ist hier die Kommunikation von CO2-Kompensationen. War noch vor wenigen Jahren die Bewerbung kompensierter Produkte als „klimaneutral“ beliebt, haben viele Unternehmen aufgrund von Kritik an der Qualität der Kompensationszertifikate und der Verständlichkeit des Wortlauts alternative Produkte und Kommunikationskonzepte entwickelt oder jene gänzlich eingestellt. Mit der EmpCo wird diesbezüglich weiter Klarheit geschaffen.

Auch Energieversorger müssen sich infolgedessen mehr denn je mit ihren Werbeversprechen auseinandersetzen, wie etwa kritische Medienberichte zu vermeintlich irreführenden „Ökogas“-Produkten zeigten.

„Das ist ein abteilungsübergreifender Prozess, bei dem sowohl eine Sensibilisierung für das Thema als auch eine ständige Selbstkontrolle erfolgen muss“, so Wallikewitz. „Als Stadtwerke-Netzwerk unterstützen wir unsere Mitglieder dabei natürlich tatkräftig durch Workshops und Webinare.“

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