Verdichter in der Ionenforschung Teilchenbeschleuniger: Die passende Kühlung für supraleitende Magnete

Ein XH-Verdichter von Gea kurz vor der Auslieferung

Bild: Gea
02.02.2023

Bei einem der größten Bauprojekte der internationalen Spitzenforschung sind Verdichter der Firma Gea ein unabdingbarer Bestandteil. Sie kommen in einer Teilchenbeschleunigeranlage des GSI-Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung zum Einsatz. Ihre Aufgabe: das Abkühlen der supraleitenden Magnete.

Rund 150.000 m2: Auf dieser Fläche entsteht in Darmstadt seit 2017 die Teilchenbeschleunigeranlage FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research). Gebaut werden unter anderem ein unterirdischer Beschleunigerringtunnel mit 1.100 m Länge, Labore und sonstige Betriebs- und Versorgungsbauwerke. Das komplexeste Gebäude der Anlage ist das Transfergebäude: Es bildet den zentralen Knotenpunkt der Anlagenstrahlführung.

Der 1.100 m lange Tunnel für den SIS100-Teilchenbeschleuniger wird bis zu 17 m unter der Erde liegen. Neben dem eigentlichen Beschleunigertunnel wird ein Versorgungstunnel liegen, in dem unter anderem Leitungen für Strom und flüssiges Helium, Platz für Netzgeräte und Möglichkeiten zur Kontrolle der Ionenstrahlqualität untergebracht sind. 600.000 m3 Beton werden verbaut, 65.000 t Stahl – es ist ein Mega-Projekt.

Ionen für verschiedene Forschungszweige

Bei diesem Vorhaben spielen Gea-Grasso-Schraubenverdichter für die Verdichtung von Heliumgas eine entscheidende Rolle. Der Auftrag des Projektpartners Enerproject umfasst Modelle vom Typ XH, den größten Verdichtern von Gea, XE- Verdichter und XC-Verdichter, die alle zur LT-Serie gehören. Die Verdichter sind die treibende Kraft des Prozesses zur Verflüssigung des Heliums und damit zur Kühlung der supraleitenden Magnete. Die gesamte Kälteanlage wird eine Kälteleistung von 15 kW bei etwa -269 °C aufweisen.

Die Beschleunigung der Ionen geschieht mit hohen elektrischen Feldern; mit Magneten werden sie gelenkt und gebündelt. Die Ionen können auf eine maximale Geschwindigkeit von rund 90 Prozent der Lichtgeschwindigkeit, das heißt fast 270.000 km/s, beschleunigt werden. Forschende aus aller Welt nutzen die beschleunigten Ionen für Experimente in unterschiedlichen Forschungsgebieten, von Teilchen-, Kern- und Atomphysik über Plasmaphysik- und Materialforschung bis hin zur Biophysik und Tumortherapie.

Kühlung nur mit Helium möglich

Das Gea-Team im GSI/FAIR-Projekt stand, gemeinsam mit den Partnern Enerproject und Linde Kryotechnik, vor großen Herausforderungen. Bei der Kühlung der Magnete lässt sich weder Ammoniak noch ein anderes Kältemittel verwenden, um die erforderliche Temperatur zu erreichen. Dies ist nur mit Helium möglich, dem „kältesten" Element der Erde. Der Normalsiedepunkt des Gases liegt bei 4,2 K, was etwa -269 °C entspricht. Die gesamte Anlage umfasst 12,5 t Helium.

Der Projektleiter und Key Account für Gasverdichter bei Gea, Gerald Geißler, erklärt: „Helium ist ein teures und extrem seltenes chemisches Element, das nicht künstlich hergestellt werden kann. Daher müssen der Verlust und die Verunreinigung von Helium minimiert werden, um die Kosten für den Kunden zu senken. Aus diesem Grund waren der Einbau einer zweiten O-Ring-Dichtung für die Niederdruckverdichter sowie eine Dichtheitsprüfung (Sniff-Test) mit Helium notwendig.“

Für die Evaluierungsphase konnte Gea einen Experten für das Team gewinnen: Ole Fredrich, Spezialist für Schraubenverdichter und Kryotechnik aufgrund seiner Forschungszeit an der TU Dresden. Er gab den verschiedenen Beteiligten in der Projektphase technische Ratschläge und ist bestrebt, den Einsatz der Gea-Schraubenverdichter für Helium- und Wasserstoffanwendungen voranzutreiben.

Referenz für Zukunftsprojekte

Das FAIR-Projekt ist für Gea eine wichtige Referenz für weitere Zukunftsprojekte mit Helium in der Kälteerzeugung. Eine Herausforderung neben den Tiefsttemperaturen war die Koordination des Langzeitprojekts in enger Zusammenarbeit mit allen Beteiligten, sodass die Verdichter termingerecht geliefert werden konnten. So musste beispielsweise die Dichtheitsprüfung durch das Institut für Luft- und Kältetechnik Dresden nach der Fertigstellung und vor dem Versand organisiert werden.

Mit dem Projekt zeigt Gea, nicht nur mit Ammoniak als natürlichem Kältemittel, sondern auch mit der Verdichtung von Gasen wie dem Edelgas Helium umgehen zu können. Das Unternehmen ist überzeugt, weitere Anfragen für ähnliche Heliumanlagen erfüllen zu können.

Die Inbetriebnahme der Helium-Verdichteranlage ist nach derzeitigem Planungsstand für 2024 und der erste Strahl für 2025 vorgesehen.

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