Seethermie Studie zu Seen als Wärmespeicher abgeschlossen

Eine Boje mit Temperaturmesskette, Datenlogger und Funkübertragungseinheit wird im Projekt „Aquistore“ installiert.

Bild: Metropolregion Mitteldeutschland
11.08.2021

Die thermische Nutzung von Gewässern spielt eine wichtige Rolle für die zukünftige Wärmeversorgung Mitteldeutschlands. Zu diesem Ergebnis kommt eine Untersuchung entsprechender Verfahren in der Leipziger Seenlandschaft. Konkrete Daten wurden dabei im Zwenkauer See gesammelt.

Ob und wie sich die Seenlandschaft Mitteldeutschlands für eine künftige dezentrale Wärmeversorgung eignet, hat ein Konsortium im Auftrag der Innovationsregion Mitteldeutschland nun untersucht. Als Projektleiter fungierte das Ingenieurbüro Jena-Geos, ebenfalls beteiligt waren das Institut für Luft- und Kältetechnik Dresden, das Institut für Wasser und Boden Dr. Uhlmann, die Firma Tilia, die technische Beratung für Systemtechnik Bernd Felgentreff und die Brandenburgische Technische Universität Cottbus.

Die Partner führten ein Jahr lang Untersuchungen am Gewässerkörper des Zwenkauer Sees in Sachsen durch. Dabei analysierten sie seine saisonalen Temperaturschichtungen sowie mögliche Auswirkungen der Entnahme und Rückführung von Wasser für eine Wärmeversorgung des Quartiers auf die Limnologie des Sees.

Infolge dieser Erhebungen wurde eine technologische Konfiguration für ein Wärmeversorgungssystem entwickelt, deren Wirtschaftlichkeit optimiert sowie die Genehmigungsfähigkeit und die ökologischen Auswirkungen (CO2-Footprint) des Gesamtsystems untersucht. Das technologische Grundkonzept beinhaltet die Nutzung eines Vakuum-Flüssigeis-Verfahrens des Instituts für Luft- und Kältetechnik Dresden. Mit dem Prozess lässt sich aus entnommenem Seewasser energiesparend Wärme entziehen.

Anwendungsreife Technologien

Die Ergebnisse der Studie, die am 29. Juli 2021 abgeschlossen wurde, zeigen, dass Seethermie in Kombination mit der Vakuum-Flüssigeis-Technologie einen wichtigen Beitrag zum Versorgungsmix einer grünen Wärmewende leisten kann. Unter den Bedingungen des exemplarischen Standortes mit 150 Gebäuden am Nordufer des Zwenkauer Sees kann sie demnach verfahrenstechnisch sinnvoll konfiguriert und eingesetzt, vergleichsweise wirtschaftlich betrieben, umweltverträglich gestaltet und von den zuständigen Behörden genehmigt werden. Die CO2-Bilanz wird mit „sehr gut“ bewertet.

„Wir haben ein Jahr lang an mehreren Stellen im Zwenkauer See die Temperatur bis in fast 50 m Tiefe erfasst. Die Ergebnisse geben uns exakte Auskunft über die saisonale Temperaturschichtung“, erklärt Jena-Geos-Geschäftsführer Jörg Schmidt. „Dies wiederum ist Grundlage für die Simulation von Wasserentnahme und der Wiedereinleitung nach Wärmeentzug – wichtige Voraussetzung für die limnologische Bewertung und die Genehmigungsfähigkeit einer Seethermie-Anlage.“

Geschäftsführer Dr. Kersten Roselt fügt hinzu: „In der Studie gibt unser mitteldeutsches Expertengremium auch Empfehlungen, wie Seethermie künftig bei der energetischen Transition eine gewichtige Rolle spielen kann; nämlich, wenn es gelingt, die Ergebnisse dieser Studie in einen Roll-out zu überführen und dafür alle relevanten Stakeholder zu aktivieren.“

Sowohl die Vakuum-Flüssigeis-Anlage als auch deren Anwendung für die seethermische Nutzung sind laut Roselt grundsätzlich anwendungsreif. Die zeitnahe Errichtung eines Piloten helfe nun, „Restfragen zum Beispiel bei der Fahrweise zu klären, die Wirtschaftlichkeit an der existierenden Anlage nachzuweisen, öffentliches Interesse zu wecken sowie Investoren und Multiplikatoren einzuwerben.“

Projektabschluss Ende 2021

Im Projekt „Innovationsregion Mitteldeutschland“ entwickelt die Europäische Metropolregion Mitteldeutschland mit den Landkreisen Altenburger Land, Anhalt-Bitterfeld, Burgenlandkreis, Leipzig, Mansfeld-Südharz, Nordsachsen und Saalekreis sowie den Städten Halle (Saale) und Leipzig neue Strategien und Projekte für den Strukturwandel in der Region. Das Vorhaben wird im Rahmen der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Regionalen Wirtschaftsstruktur“ durch den Bund, den Freistaat Sachsen, das Land Sachsen-Anhalt und den Freistaat Thüringen gefördert.

Aktuell führt Jena-Geos das Konsortium im Projekt „Adaption von Technologien saisonaler geogener Wärmespeicher auf die Aquifere der Innovationsregion“. Das mit dem Kürzel „Aquistore“ bezeichnete Projekt widmet sich der künftigen Nutzung der Aquifere für die Speicherung von Wärme und Kälte. Hintergrund ist auch hier die Ablösung fossiler Energieträger zur Wärmeversorgung und die Etablierung alternativer, sogenannter kalter Nahwärmenetze. Abgeschlossen werden soll das Projekt Ende 2021.

Zur vollständigen Seethermie-Studie

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