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Effektivere Nutzung von Enzymen Neue Erkenntnisse erleichtern den Einsatz von PET-Recycling-Enzymen

Im Prinzip lassen sich PET-Moleküle durch passende Enzyme zerlegen, so dass vollständiges Recycling möglich ist. Doch Ergebnisse aus Laborexperimenten sind oft schwer auf industrielle Maßstäbe zu übertragen. Höhere Standards könnten helfen.

Bild: Frank Lennartz, Gert Weber, HZB
27.11.2023

Viele Enzyme versprechen, Kunststoff abzubauen. Doch was im Laborexperiment funktioniert, versagt dann oft doch im großen Maßstab. Forschende von HZB, Uni Greifswald und Carbios haben in einer gemeinsamen Studie Standards für Laborexperimente mit Enzymen zum PET-Recycling entwickelt.

Seit einigen Jahren melden Medien immer wieder große Durchbrüche beim Recycling von Polyethylenterephthalat (PET) durch neu entdeckte Enzyme, die den Kunststoff in seine Bestandteile zerlegen können. Danach bleibt es aber meist still um die Entdeckung, dabei ist das Problem gigantisch: PET macht 18 Prozent der weltweiten Kunststoffproduktion aus und zählt damit zu den mengenmäßig wichtigsten Kunststoffen.

So baut das Biotech-Unternehmen Carbios im Nordosten Frankreichs bis 2025 eine Anlage auf, die 50.000 t PET jährlich recyceln soll. Natürlich sind die Carbios-Experten interessiert daran, die bestmöglichen Enzyme für ihre industrielle Anlage zu nutzen, sie stellen aber fest, dass viele Ergebnisse aus der akademischen Laborforschung nicht aufskaliert werden können.

Enzyme im PET-Recycling

„Manche Enzyme funktionieren super im Laborversuch für wenige Stunden, sie verlieren aber sehr schnell ihre Aktivität und das Substrat wird nicht vollständig abgebaut“, sagt Experte Gert Weber vom Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie (HZB). Im Reagenzglas im Labor ist das kein Problem, aber für eine Anwendung im großen Bioreaktor schon. Uwe Bornscheuer von der Universität Greifswald und Weber haben daher zusammen mit dem Biotech-Unternehmen Carbios an vier Beispielen demonstriert, wie sich neue Enzyme für den PET-Abbau besser miteinander vergleichen lassen.

„Damit später eine Aufskalierung möglich ist, müssen viele Parameter auch schon beim Laborexperiment in einem engen Bereich liegen, das Ausgangsmaterial muss genau definiert sein, die Versuchsprotokolle müssen einheitlicher sein, um die Leistung der Enzyme und ihre Anwendung in großtechnischem Maßstab besser beurteilen zu können“, erklärt Bornscheuer. Daher haben die Forscher ein standardisiertes PET-Hydrolyseprotokoll erarbeitet, das Reaktionsbedingungen setzt, die für eine Hydrolyse in größerem Maßstab relevant sind. Vor allem wurden zwei PET-Materialien genutzt, zum einen ein definierter PET-Film und zum anderen PET-Granulat aus Abfallflaschen, wie es bei Carbios im technischen Maßstab eingesetzt wird. Damit haben sie vier kürzlich entdeckte PET-zersetzende Enzyme getestet: LCC-ICCG, FAST-PETase, HotPETase und PES-H1L92F/Q94Y.

Forscher entwickeln Standards für Anwendung

Beim Experimentieren unter diesem Protokoll stellten sie fest, dass zwei dieser Enzyme, FAST-PETase und HotPETase, sich weniger für den großtechnischen Einsatz eignen, hauptsächlich aufgrund ihrer relativ niedrigen Depolymerisationsraten. Schon besser funktionierte PES-H1L92F/Q94Y. Der vierte Kandidat, LCC-ICCG, übertraf die anderen Enzyme bei weitem: LCC-ICCG wandelt 98 Prozent des PET in 24 Stunden in die monomeren Produkte Terephthalsäure (TPA) und Ethylenglykol (EG) um. „Darüber hinaus konnten wir bei LCC-ICCG die erforderliche Enzymmenge um den Faktor 3 und die Reaktionstemperatur von 72 auf 68 °C reduzieren, so dass der Einsatz dieses Enzyms auch wirtschaftlicher wird“, sagt Bornscheuer.

„Wir sollten bei unserer Laborforschung die industrielle Anwendung mitdenken“, findet Weber. Schließlich geht es um eines der wirklich großen Probleme der Gegenwart. Kunststoffe werden weiterhin aus fossilen Rohstoffen immer wieder neu hergestellt, die Recyclingquoten sind gering und es handelt sich dabei bisher meistens um ein „Downcycling“ hin zu schlechterer Qualität. Der Plastikmüll befindet sich inzwischen in allen Gewässern und in allen Böden und damit in der Nahrungskette. Fortschritte sind daher dringend. „Mit diesen Standards können wir etwas dafür tun, um schneller die Spreu vom Weizen zu trennen.“

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