Weg zur Klimaneutralität Nachhaltigkeits-Management per Software

Durch die Kopplung von AEP und green.screen-Plattform lassen sich neue End-to-End-Anwendungsfälle gestalten, insbesondere mit der Stoßrichtung Nachhaltigkeitsmanagement.

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24.11.2020

Nachhaltigkeit ist für Industrieunternehmen heute ein Wettbewerbsfaktor. Doch verbessern kann sich nur, wer seinen Carbon Footprint jederzeit kennt. Deshalb gilt es, den Energieeinsatz regelmäßig zu messen und zu dokumentieren. Eine spezielle IoT-Plattform automatisiert das Monitoring und wird damit zum Navigator auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Die Anzeichen verdichten sich: Der neue Trend ist Nachhaltigkeit – industrieübergreifend. Belege dafür finden sich zuhauf. So haben rund 70 DAX-Konzerne und Familienunternehmen in der „Stiftung 2° – Deutsche Unternehmer für Klimaschutz“ zusammengefunden. Sie fordern die Bundesregierung auf, die Maßnahmen zur Lösung der Corona-Krise eng mit dem Klimaschutz zu verzahnen. Und tatsächlich: Mit der zweckgebundenen Corona-Wirtschaftsförderung der Bundesregierung und den vom EU-Parlament beschlossenen schärferen Klimazielen – Verringerung der Treibhausgas-Emissionen bis 2030 um 60 Prozent – setzt die Politik entsprechende politische Zeichen.

Neue Währung CO2

Immer häufiger zeugen die Äußerungen führender Köpfe der Wirtschaft vom Umdenken. Opel-Chef Michael Lohscheller etwa erkennt: „In unserer Industrie ist eine neue Währung entstanden – und die heißt CO2“. Thomas Rabe, Vorstandsvorsitzender des Bertelsmann-Konzerns, der 2030 klimaneutral sein will, sagt: „Der Schutz der Umwelt ist Teil unserer Unternehmenswerte.“ Bertelsmann hat sich als eines von rund 800 Unternehmen weltweit der Science Based Target Initiative angeschlossen. Sie unterstützt Unternehmen dabei, sich wissenschaftlich fundierte Klimaziele zu setzen.

Der Klimaschutzbericht bei Bertelsmann wurde 2019 erstmals mithilfe von green.screen erstellt, der cloudbasierten Internet-of-Things (IoT)-Plattform für ein umfassendes Energie- und Umwelt-Monitoring. Entwickelt hat sie Arvato Systems, ein Tochterunternehmen von Bertelsmann. Hartmut Entrup, Mitentwickler und Product Owner, hat den Begriff Climate Impact Management geprägt, um international verständlich zu machen, was green.screen bietet. „Unter Climate Impact Management verstehen wir bei Arvato Systems die kontinuierliche, systematische und ganzheitliche Erfassung, das Monitoring, die Steuerung sowie die Dokumentation aller umwelt- und klimarelevanten Parameter eines Unternehmens. Methodisch verfolgt Climate Impact Management das Ziel, jeglichen direkten und latenten Verbrauch von Energie und Ressourcen transparent zu machen, zu optimieren und gesamtheitlich zu bilanzieren. Diese Transparenz kann genutzt werden, um den Carbon Footprint und sonstige umweltschädigende Folgen, die ein Unternehmen durch seine Tätigkeit verursacht, gezielt zu verringern oder sogar klimaneutral zu gestalten.“

Stoßrichtung Nachhaltigkeit

green.screen ist ein Modul der Arvato Energy Platform (AEP), die alle energiewirtschaftlichen Prozesse in der heutigen und zukünftig erneuerbar sowie dezentral ausgerichteten Energieversorgung unterstützt. Durch die Kopplung von AEP und green.screen-Plattform lassen sich neue End-to-End-Anwendungsfälle gestalten, insbesondere mit der Stoßrichtung Nachhaltigkeitsmanagement. green.screen gliedert sich in drei Funktionsbausteine.

  • Energieeffizienz-Management: die hier hinterlegten Tools helfen auf Basis von erhobenen Messwerten dabei, den spezifischen Energieverbrauch zu reduzieren, etwa von Liegenschaften und Produktionseinrichtungen.

  • Anlagen-Monitoring: Durch zentrale Fernüberwachung von verteilt angesiedelten Energieerzeugungsanlagen lässt sich beispielsweise die Fahrweise optimieren und dadurch der Brennstoffeinsatz senken. Außerdem können damit Sensordaten zu Temperaturen, Drehzahlen oder Abgaswerten überwacht werden, was eine vorausschauende Instandhaltung unterstützt.

  • Nachhaltigkeitsmanagement: Bertelsmann ist hierfür ein typisches Beispiel. Durch die strukturierte Erfassung von Daten aus mehr als 500 Standorten weltweit wird die Konzernumweltbilanz erstellt – dank green.screen in zuvor nicht gekannter Geschwindigkeit und Datenqualität. Aktuell arbeitet Bertelsmann daran, die Umweltbilanz in kürzeren Zyklen, zunächst halb- und später vierteljährlich, zu erstellen. Durch die engere Taktung kann der Konzern zielstrebiger an der Realisierung des Ziels Klimaneutralität arbeiten.

Die Plattform sei kompatibel mit Input-Quellen und Datenformaten aller Art, berichtet Entrup. Das seien zum Beispiel Verbrauchs- und Leistungsdaten aus intelligenten Messsystemen und LoRaWAN-basiert übermittelte Sensordaten etwa aus Energieerzeugungs- und Produktionsanlagen ebenso wie Informationen aus beliebigen Datenbanken. Im Hintergrund führe das System die Umrechnung in CO2-Äquivalente durch.

Zentrale Prozesssteuerung

Dank Automatisierung funktioniere all das ohne großen personellen Aufwand. Wo Daten visuell ausgelesen und manuell per Eingabemaske im System hinterlegt werden müssen, erzeuge und versende green.screen an alle hinterlegten Personen selbsttätig Mails, die – ggf. eskalierend – an die Eingabepflicht erinnern. Der Stand der Dateneingabe lasse sich via Dashboards überwachen. Auswertungen könnten quasi auf Knopfdruck erstellt werden. Sei das System einmal eingerichtet und konfiguriert, genüge im Grunde eine Person, um den Prozess zu steuern.
Bereitgestellt wird green.screen als Software-as-a-Service in der Arvato Systems Private Cloud in Deutschland. Die Basistechnologie von green.screen besteht aus Open-Source-Bausteinen, die Fachlogik hat Arvato Systems selbst entwickelt. Für die Kunden werden jeweils Mandanten auf der Plattform angelegt. Zugriff darauf haben diese per Zwei-Faktor-Authentifizierung.

Vor der Implementierung müsse niemand Angst haben. „Innerhalb eines Werktags sind wir in der Lage, einen Mandanten als Rohkonstrukt aufzubauen“, erläutert Entrup. „Die Customizing- und Schulungsphase dauert selten länger als zehn bis 15 Werktage.“ Folge-Workshops würden dann nötig, wenn der Automatisierungs- oder Detaillierungsgrad gesteigert oder spezielle Funktionen wie Alarming, KI-basierte Anomalie-Erkennung und Schattenrechnungen realisiert werden sollen. KI-Werkzeuge – diese liegen separat in der Microsoft Azure Cloud – können bei Bedarf hinzugezogen werden. „Dank dieser Flexibilität können wir mit überschaubarem Aufwand beliebige Use-Cases industrieübergreifend abbilden“, so Entrup.

Impulse aus der Politik

Das Interesse der Industrie an green.screen habe zuletzt spürbar zugenommen, berichtet der Arvato-Systems-Manger. „Die Unternehmen reagieren auf die Impulse aus Brüssel und Berlin, sie wollen es nicht bei Willensbekundungen belassen, sondern ihren Carbon Footprint aktiv verringern. Zwar verfügen viele Firmen oft schon über eine Energiemanagement-Software, aber kein Tool, das über alle Standorte und Abteilungen hinweg die Umsetzung einer ganzheitlichen Klimaschutzstrategie unterstützt.“ Entrup ist überzeugt, dass Nachhaltigkeitsmanagement ein großes Thema für die gesamte Wirtschaft wird: „Ein fundierter Umweltbericht wird für immer mehr Firmen zum unverzichtbaren Leistungsnachweis für ihr Geschäft.“

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