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Kommentar Moore und mehr

Tom Beckley ist Senior Vice President und General Manager der Custom IC & PCB Group von Cadence. Er ist verantwortlich für die Design-Tools Virtuoso, Allegro und OrCAD sowie die High-Speed-Analyse-Tools von Sigrity. Schon bei seinen Start-ups Xynetix und Neolinear sah er die Fusion von Mixed-Signal- und mechanischen Schaltungen voraus.

Bild: Cadence
19.08.2019

Wahrscheinlich war ich oft zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Die dabei gewonnenen Einsichten nutze ich heute, um die Weiterentwicklung der Electronic Design Automation (EDA) und die Systemangebote von Cadence zu gestalten. Mit meinen Erfahrungen kann ich vielleicht sogar vorhersagen, was nach dem Mooreschen Gesetz kommt.

Tom Beckley war mit diesem Beitrag im E&E-Kompendium 2019/2020 als einer von 100 Machern der Elektronikwelt vertreten.

Vor einigen Jahren wurde mir klar, dass Veränderungen anstehen: Cadence erhielt Anfragen für EDA-Tools von US-Hightech-Giganten, die noch nie Chips entworfen hatten. Anders als die Halbleiterfirmen mit ihrem Fokus auf der Chipfertigung brauchen diese Systemhäuser Werkzeuge für ihren gesamten Entwicklungsfluss, vom System-on-Chip (SoC) über die Leiterplatine bis zum Gehäuse. Also haben wir unsere Strategie stark expandiert. Wir sind zum integrierten System Design Enablement (SDE) avanciert.

Es war eine Herausforderung für das Design und besonders für die Simulation, mehrere Siliziumchips zu entwickeln und sie in ein keramisches Multi-Die-Modul zu integrieren. Denn man musste die Wärmeableitung, EMV, HF und so weiter berücksichtigen. Die EDA-Tools waren segmentiert: Silizium oder Leiterplatte. Das Gehäuse des Endprodukts einzubeziehen, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf dem Radar.

Doch genau das brachte die Idee durchgehender EDA-Tools, vom Siliziumdesign über die Leiterplatte bis zum Gehäuse. Die erste Gelegenheit, am integrierten EDA-Systemansatz zu arbeiten, nutzte ich sofort als meine große Chance.

Dem Ende des Mooreschen Gesetzes voraus

Natürlich war damals noch reichlich Dampf im Mooreschen Gesetz. Der Fokus lag auf der lithografischen Skalierung: niedrigere Kosten, geringere Dissipation, bessere Performance und vor allem: mehr SoCs. Im Rückblick griffen meine frühen Versuche zum EDA-Systementwurf dem Ende des Mooreschen Gesetzes voraus. Keine Misserfolge, sondern Gelegenheit zur Reifung. Für die Idee und mich selbst.

Bei Neolinear entwickelten wir innovative Analog- und HF-Lösungen zur Automatisierung von Mixed-Signal-Designs. Als wir 2004 von Cadence übernommen wurden, konnte ich SDE nochmals versuchen. Das Mooresche Gesetz lief aus, die Kosten stiegen rapide. Die 20/16/14-nm-FinFET-SoCs liefen schneller und heißer. Das Systemdesign wurde anspruchsvoller. Die Industrie musste zum „Mehr als Moore“ übergehen. Es scheint, als hätten die Branchentrends mit meiner SDE-Vision für elektromechanisch integriertes Design und Analytik gleichgezogen.

Natürlich ist das eine Teamleistung. Bei Cadence haben wir ein Team, das auf diese Systemstrategie ausgerichtet ist. Das ist von unschätzbarem Wert. Gut ist auch, dass die Karrieren vieler Kollegen, die mich auf diesem Weg begleitet haben, florieren. Bei Cadence und anderswo.

Systemdesign wird intelligent

Also, was bringt die Zukunft? Die SDE-Strategie wird sich zum Intelligent System Design (ISD) entwickeln. Das reflektiert den Trend zur hypervernetzten Welt. Mit Technologien der nächsten Generation, wie 5G, Cloud, autonomen Fahrzeugen, IoT, KI, Machine Learning und mehr.

Cadence integriert auch diese Technologien, wie Machine Learning und Cloud, in sein EDA-Angebot. Das vereinfacht den Ansatz des IC-, Gehäuse-, Board- und Systemdesigns. Führt das zu „Mehr als Moore“? Das ist der Trend. Ich wette darauf!

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