Automobilelektronik Ladeinfrastruktur für Elektromobile

Bild: Bender, Phoenix Contact, VDE
03.06.2014

Die Errichtung und der Betrieb von Ladestationen sowie der Ausbau der Ladeinfrastruktur erfordern einige grundlegende Kenntnisse aller Beteiligten. Ein technischer Leitfaden gibt einen Überblick über die wichtigsten Anwendungsfälle.

Ein flächendeckendes Netz an zuverlässigen, sicheren Ladestationen ist eine zentrale Voraussetzung für die Verbreitung der Elektromobilität und ihre Akzeptanz beim Bürger. In der Praxis wirft der Aufbau der elektrischen Infrastruktur für Ladestationen jedoch noch viele Fragen auf. Vor diesem Hintergrund wurde der „Technische Leitfaden Ladeinfrastruktur“ von den Verbänden BDEW, VDA, VDE, ZVEH und ZVEI in enger Abstimmung mit der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) erarbeitet, um allen am Ausbau der Ladeinfrastruktur Beteiligten – insbesondere Anwendern, Planern und Installateuren – Hilfestellungen zu bieten [1].

AC/DC für den Highway

Die Anforderungen an Ladestationen hängen davon ab, welche Fahrzeugtypen mit welchen Ladetechnologien und welches Nutzerverhalten zu erwarten sind. Bei kleineren Batteriekapazitäten, wie sie für Pedelecs, E-Bikes und E-Scooter ausreichen, erfolgt der Anschluss an das Wechselstromnetz einphasig durch die Nutzung von Haushaltssteckdosen. Bei größeren und schwereren Elektrofahrzeugen mit größeren Batteriekapazitäten kann eine akzeptable Reichweite darüber hinaus durch 3-phasiges AC-Laden (Wechselstromladen) oder DC-Laden (Gleichstromladen) mit einer angemessen kurzen Ladedauer ermöglicht werden.

Das Laden der Batterie von Elektrofahrzeugen kann auf verschiedene Arten erfolgen: Beim (kabelgebundenen) Wechselstromladen sitzt die Ladeeinheit im Fahrzeug. Das Fahrzeug wird dabei mittels einer geeigneten Versorgungseinrichtung (Ladestation, „Wallbox“) mit dem ein- oder dreiphasigen Wechselspannungsnetz verbunden. Beim (kabelgebundenen) Gleichstromladen befindet sich die Ladeeinheit außerhalb des Fahrzeuges. Das Fahrzeug wird direkt von einer DC-Ladestation mit einem vom Fahrzeug angeforderten Gleichstrom versorgt (Abbildung auf der nächsten Seite).

Die Verwendung einheitlicher Anschlussmöglichkeiten für Elektrokraftfahrzeuge ist angesichts der erforderlichen Interoperabilität sehr wichtig. Elektrofahrzeuge verfügen über standardisierte Ladesteckvorrichtungen (DIN EN 62196), mit denen alle für die Elektromobilität relevanten Leistungsbereiche abgedeckt werden. Dies gilt vor allem für die auf dem europäischen Markt verwendeten dreiphasigen Ladesteckvorrichtungen (Abbildung Seite 107).

Die Elektroinstallation

Die Versorgung eines Elektrofahrzeuges mit elektrischer Energie unterscheidet sich im Grundprinzip nicht von anderen elektrischen Verbrauchern wie zum Beispiel einer Waschmaschine. Allerdings sind einige Kenngrößen neu, gerade für Privathaushalte und die Bedienung durch den Laien. Dies gilt es mit Blick auf die Sicherheit und Dimensionierung der Elektroinstallation zu beachten. Insbesondere bei der Integration einer Ladestation in bestehende elektrische Anlagen sind die Installationsbedingungen durch eine Elektrofachkraft vorab zu prüfen. Bei Neuinstallationen und Erweiterungen müssen die entsprechenden Teile der Norm VDE 0100 berücksichtigt werden. Auch ist die Verfügbarkeit der Anschlussleistung mit dem Netzbetreiber zu klären. Für eine regelmäßige Nutzung wird empfohlen, Ladestationen und Wallboxen der Betriebs­arten 3 oder 4 zu installieren, da diese ein Höchstmaß an Sicherheit, Komfort und Zukunftssicherheit bieten.

Es kann durchaus notwendig werden, für die Versorgung der Elektrofahrzeuge den Hausanschluss zu verstärken oder einen separaten Anschluss für die Elektrofahrzeuge zu installieren. Die notwendigen Angaben erhält der Netzbetreiber durch das Anschlussgesuch des Elektroinstallateurs. Alternativ oder ergänzend kann ein Lastmanagementsystem eingesetzt werden, durch das verschiedene Parameter der Ladevorgänge, wie die Maximalleistung oder die Priorisierungslogik, festgelegt werden können. So lässt sich eine Überforderung der elektrischen Installation und des Hausanschlusses verhindern. Ein Lastmanagement kann auch zur verbesserten Nutzung regenerativer Energie eingesetzt werden. Besonders in Gebäuden mit mehreren Anschlussnutzern ist ein Lastmanagement ein sinnvolles Mittel zur Vermeidung einer teuren Überdimensionierung.

Individuelle Lösungen für jede Anwendung

Die genannten Aspekte zeigen bereits, dass es nicht die „Allround“-Ladestation für jeden Anwendungsfall gibt. Vielmehr fließen in die Umsetzung die Überlegungen und Interessen verschiedener Akteure ein. Zudem unterscheiden sich die Anforderungen je nach Ort des geplanten Ladepunktes. Immobilienbesitzern und -verwaltern stellt sich etwa die Frage, wie hoch die Investitions- und Betriebskosten sind und wie sich diese auf die Nutzer umlegen lassen. Architekten, Elektroinstallateure und Bauherren sollten zum Beispiel berücksichtigen, dass ab 2020 deutlich wachsende Verkaufszahlen von Elektrofahrzeugen zu erwarten sind. Hinsichtlich der Energieversorgung ist auch zu bedenken, dass jeder Ladepunkt, bei dem die abgegebene Energiemenge separat gemessen oder abgerechnet werden soll, mit einem intelligenten Elektrizitätszähler ausgestattet sein muss und die gesetzlichen Vorgaben zur Messung und Abrechnung eingehalten werden müssen.

Je nach Ort stellen sich somit unterschiedliche Anforderungen an die ausführenden Firmen, die elektrischen Betriebsmittel, die elektrische Installation, die mechanische Installation und die Verwaltung der Ladepunkte. Auch Aspekte wie Bedienung, Ergonomie, Barrierefreiheit und Benutzerinteraktion sind zu beachten. In jedem Fall ist jeweils abzuwägen, welche der oben aufgeführten Anforderungen bei den jeweiligen Parkplatztypen für Autos und ihren Lade-Anwendungsmöglichkeiten (privat, halbprivat, halböffentlich, öffentlich) in welcher Weise erfüllt werden müssen.

Unterwegs in die elektromobile Zukunft

Aktuell werden einige der relevanten Normen zum Aufbau einer Ladeinfrastruktur er- oder überarbeitet. Neben den vorgestellten Ladebetriebsarten wird zukünftig eine weitere Technologie, deren Marktreife für die nächsten Jahre erwartet wird, eine Rolle spielen: das induktive oder kabellose Laden. Beim induktiven Laden erfolgt die Energieübertragung über einen Luftspalt zwischen zwei sich gegenüberliegenden Spulen. Eine weitere Option für die Zukunft ist die Möglichkeit der Rückspeisung elektrischer Energie von der Fahrzeugbatterie in das elektrische Netz, was auch eine wirksame Stützung des Stromnetzes darstellen kann.

Gegenwärtig sind zwar weder die Elektrofahrzeuge noch die Ladestationen serienmäßig für diese Anwendung ausgelegt, deren technische Machbarkeit wurde aber schon in Pilotprojekten nachgewiesen.

Weitere Informationen

[1] Technischer Leitfaden Ladeinfrastruktur. Verfasser: Arbeitsgruppe 4 „Normung, Standardisierung und Zertifizierung“ der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE). Herausgeber: Gemeinsame Geschäftsstelle Elektromobilität der Bundesregierung (GGEMO). Berlin, August 2013

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