Thermische Beschichtungen Hochbelastete Komponenten vor Korrosion und Verschleiß schützen

Nach dem Sandstrahlen werden die Laufrollen gereinigt und anschließend thermisch beschichtet.

Bild: Pallas
02.06.2018

Kaum ein Verfahren ist so vielseitig einsetzbar wie das thermische Beschichten: Nahezu unbegrenzte Kombinationsmöglichkeiten von Schichtwerkstoff und Substrat erschließen ein enormes Anwendungsspektrum für Regenerationen, Reparaturen und Veredelungen.

Ob im Maschinen- und Anlagenbau, in der Stahl-, Druck-, Raumfahrt- oder Textilindustrie: Hochbeanspruchte Komponenten und Werkstoffe stehen leistungsmäßig im breiten Spagat, höchste Anforderungen in Bezug auf die Verschleiß- und Korrosionsbeständigkeit bei gleichzeitig herausragender mechanischer Festigkeit erfüllen zu müssen. Ein Werkstoff allein kann das oftmals nicht erfüllen. Abhilfe schaffen individuell angepasste thermische Schichten. Mit ihrer Hilfe lassen sich die unterschiedlichen Aufgaben der Bauteiloberfläche und des -kerns funktional trennen. Durch die lokal begrenzte Bearbeitung verschlissener oder durch Fertigungsfehler beeinträchtigter Bereiche bleibt das Grundbauteil erhalten, was zu einer signifikanten Zeit- und Kostenersparnis führt.

Umfassendes Spektrum

Mit sechs verschiedenen thermischen Beschichtungsverfahren bietet der Oberflächenspezialist Pallas ein breites Bearbeitungsspektrum für Einzelteile, Klein- und Mittelserien. Neben Pulver- und Drahtflammspritzen umfasst das Verfahrensangebot Lichtbogen-, Plasma- und Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen (HVOF) sowie Laserbeschichtung. Außergewöhnlich groß ist auch die Auswahl der angebotenen Beschichtungswerkstoffe, Schichtaufbauten und -dicken. Dazu hat Pallas multifunktionale Schichtsysteme, die mehrere Eigenschaften kombinieren, im Angebot.

Unterschiedliche Energie

Die einzelnen Verfahren unterscheiden sich hauptsächlich in Bezug auf die thermische und kinetische Energie, mit der die Spritzpartikel auf den Grundwerkstoff aufgebracht werden. Pulverflammspritzen erzeugt bis zu mehrere Millimeter dicke Schichtstärken und eignet sich besonders zur Reparaturbeschichtung mit Metallen. Mit Drahtflammspritzen lässt sich nahezu jeder drahtförmig vorliegende Werkstoff als Verschleiß-, Einlauf- oder Korrosionsschutzschicht auftragen, beispielsweise Aluminium, Bronze oder Molybdän. Auch selbstschmierende Oberflächen werden mit dem Drahtflammspritzverfahren hergestellt.

Beim Lichtbogenspritzen entstehen mit Hilfe elektrischer Energie belastbare, fest anhaftende, hochtemperaturfeste und oxidationsresistente Oberflächen – je nach Beschichtungswerkstoff. Beim atmosphärischen Plasmaspritzen lassen sich in der bis zu 20.000 °C heißen Plasmaflamme sogar hochschmelzende Keramiken zu extrem harten und verschleißfesten Schichten verarbeiten. Beim Hochgeschwindigkeits-Flammspritzen treffen die Partikel mit bis zu 750 m/s auf das Substrat. Die Kombination dieser hohen kinetischen mit einer vergleichsweise niedrigen thermischen Energie erzeugt gut haftende, homogene und dichte Hartmetallschichten. Laserverfahren hingegen verbessern die Randschichteigenschaften von hochbeanspruchten Komponenten. Da hier die Energiezufuhr auf eine kleine Fläche (1 bis 2 mm) begrenzt ist, werden Bauteil und Werkstoff nur minimal belastet.

Geringerer Ausschuss

Anders als in der Galvanik werden thermisch gespritzte Schichten nicht als Trommel- oder Gestellware, sondern einzeln erzeugt – auch bei automatisierten Prozessen. Das hat einen vergleichsweise geringeren Ausschuss zur Folge. Für thermisches Spritzen spricht zudem die deutlich kürzere Dauer zum Schichtaufbau. Bei fest integrierten Großbauteilen ist die Umsetzung sogar vor Ort beim Kunden möglich. Soll beispielsweise ein Lagersitz mit einem Durchmesser von 120 mm und einer Länge von 200 mm mit 2/10-Hartchrom galvanisch beschichtet werden, muss er dafür mehr als zwölf Stunden lang im Bad bleiben. Die analoge thermische Spritzschicht hingegen ist in weniger als zwei Stunden aufgebracht.

Der Flexibilität thermischer Spritzverfahren sind fast keine Grenzen gesetzt: Schichtdicken von 20 µm bis zu mehreren Millimetern, so gut wie keine Einschränkungen bei den Grundwerkstoffen und eine nahezu unbegrenzte Auswahl an Beschichtungswerkstoffen. Thermisch gespritzte Schichten haften vorwiegend durch mechanische Verklammerung. Rotationssymmetrische Bauteile wie Walzen, Wellen oder Zylinder eignen sich besonders gut für thermische Beschichtungen. Dank der lokal begrenzten Bearbeitung und der steuerbaren thermischen Bauteilbelastung lassen sich sogar Grundstoffe wie Holz, Kohle- oder Glasfaserkompositwerkstoffe beschichten. Durch Kombination verschiedener thermischer Spritzverfahren lässt sich die Effizienz einer Veredelung, Regeneration oder Reparatur häufig noch verbessern. Neben dem Korrosions- und Verschleißschutz tragen die Beschichtungen zur elektrischen beziehungsweise thermischen Isolation bei und lassen sich als Gleit-, Antihaft-, Einlauf- und selbstschmierende Schichten verwenden.

Als Korrosionsschutzschichten für Dichtsitze, Walzen und Formteile kommen vor allem Edelstahl, Aluminium und Zink zum Einsatz. Mit Hilfe dieser niedrigschmelzenden Metalle lassen sich auf kostengünstige Weise Schichten bis zu einer Dicke von mehreren Millimetern herstellen. Zum Verschleißschutz werden Hartmetalle wie Wolfram- oder Chromcarbid eingesetzt. Diese Werkstoffe ersetzen zunehmend Hartchrom für die Beschichtung von Hydraulikstangen, beispielsweise in der Luftfahrtindustrie. Dabei zeichnet sich jedoch ein Trend zu Titancarbiden ab: Diese leichteren Werkstoffe sind zwar nicht so hart, aber deutlich temperaturfester. Das macht sie interessant für Anwendungen, bei denen Gewichtsreduktion und Temperaturbeständigkeit im Fokus stehen.

In abrasiven und thermisch-chemisch aggressiven Umgebungen bieten sich indes extrem harte Keramikbeschichtungen an, um sicheren Schutz vor Korrosion und Verschleiß zu gewährleisten. Typische Anwendungsgebiete sind Walzen in der Papierindustrie oder Luftleitbleche für die Bremsscheiben eines Rennautos. Auch zum Veredeln von Faserverbundwerkstoffen bieten sich keramische Beschichtungen an. Einlaufschichten werden vor allem in der Luftfahrtindustrie und bei der Energieerzeugung eingesetzt. Sie werden beispielsweise auf die Turbinenleitgehäuse aufgebracht, um den Zwischenraum zwischen beweglichen und festen Turbinenteilen zerstörungsfrei zu minimieren. Dadurch ergibt sich eine deutliche Leistungs- und Effizienzsteigerung der Turbine. Trotz ihrer für die erforderliche Porosität reduzierten Härte müssen Einlaufschichten mechanisch stabil und hochtemperaturbeständig sein, um den extremen Bedingungen in den Turbinen standhalten zu können.

Auch in der Textil- oder Papierindustrie erhält die vernickelte Oberfläche von Galetten eine zusätzliche Keramikschutzschicht, um sie vor aggressiven chemischen, thermischen und mechanischen Außeneinflüssen zu schützen. Die Schicht gewährleistet außerdem eine hohe Oberflächengüte, was bei solchen Anwendungen unverzichtbar ist. Zudem verhindern Schichten mit definierter Porosität, dass sich Kolbenringe oder Lager im Trockenlauf festfressen.

Thermische/elektrische Isolationsschichten

Thermische oder elektrische Isolationsschichten lassen sich durch Pulverbeschichtung oder Plasmaspritzen herstellen. Auch hier überzeugen keramische Werkstoffe durch ihre effiziente Wärmedämmung und Hochtemperaturbeständigkeit. Je nach Dicke bieten Keramikschichten Durchschlagsfestigkeiten von über 10 kV, so dass Anlagen zuverlässig vor Kriechströmen und Kontakt-
reaktionen geschützt sind. Für bestimmte Anwendungstemperaturen oder Anforderungen in Bezug auf die Korrosions- und Diffusionsbeständigkeit werden manchmal auch spezielle Kunststoff- oder PEEK-Beschichtungen eingesetzt. Bei Neuentwicklungen rund um thermische Beschichtungen ist noch längst kein Ende absehbar. So unternimmt Pallas derzeit vielversprechende Versuche, elektrische Kabel in Kabelbäumen durch thermisch gespritzte Kupferbeschichtungen auf Faserverbundstoffen zu ersetzen. Und für die Stahlindustrie entwickelte Pallas eine höchsttemperaturfeste, wärmeisolierende Walzenbeschichtung für Einsatztemperaturen von bis zu 1.500 °C.

Um die mit einer Dickschicht vernickelten Kupfergrundkörper der bis zu 18 Tonnen schweren Walzen vor regelmäßigen Temperaturschockbelastungen zu schützen, wurden gleich mehrere Werkstoffe und Beschichtungsverfahren kombiniert. Die resultierende Schicht wirkt mit einem vier- bis fünffach verzögerten Temperaturfluss leicht isolierend und erhöht so die Standzeit der Walzen auf das Vierfache. Eine Schichtstruktur mit diesen Eigenschaften wäre mit galvanischen oder anderen Beschichtungsverfahren nicht machbar. Und da sich thermische Beschichtungen präzise reproduzieren lassen, ist sogar die verschleißbedingte Regenerierung der Walzenbeschichtung gewährleistet.

Technisch und wirtschaftlich erste Wahl

Das breite Anwendungsspektrum von thermischen Beschichtungen und die ziemlich frei wählbaren Schichteigenschaften setzen jedoch langjährige Erfahrung und weitreichende Werkstoffkenntnisse voraus. Nur eine detaillierte Kosten-Nutzen-Analyse unter Berücksichtigung aller relevanten Parameter kann Aufschluss darüber geben, welches Verfahren im Einzelfall am besten geeignet ist. In die Bewertung fließen – neben der Belastungsart – Faktoren wie chemische und thermische Randbedingungen, das Zusammenspiel mit Umgebungsmedien, Bauteilstückkosten und -funktionen sowie die Dauer einer Ersatzbeschaffung ein. Eines ist aber von vornherein klar: Durch die maßgeschneiderte Verlängerung der Standzeiten ist thermisches Spritzen technisch und wirtschaftlich konkurrenzlos. Jährliche Zuwachsraten von acht bis zehn Prozent bestätigen das stetig wachsende Interesse an dieser variantenreichen Technologie.

Bildergalerie

  • Pulverflammspritzen eignet sich besonders zur Reparaturbeschichtung mit Metallen.

    Pulverflammspritzen eignet sich besonders zur Reparaturbeschichtung mit Metallen.

    Bild: Pallas

  • Beim Lichtbogenspritzen mit elektrischer Energie entstehen sehr belastbare, fest anhaftende, hochtemperatur- und oxidationsresistente Oberflächen.

    Beim Lichtbogenspritzen mit elektrischer Energie entstehen sehr belastbare, fest anhaftende, hochtemperatur- und oxidationsresistente Oberflächen.

    Bild: Pallas

  • Laserverfahren verbessern die Randschichteigenschaften von hochbeanspruchten Komponenten bei minimaler Belastung der Bauteile.

    Laserverfahren verbessern die Randschichteigenschaften von hochbeanspruchten Komponenten bei minimaler Belastung der Bauteile.

    Bild: Pallas

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