Geschäftswandel bei Conrad „Familienunternehmen mit Weitblick“

Conrad Electronic SE

Ralf Bühler ist CEO bei Conrad Electronic erklärt wie es dem Familienunternehmen gelungen ist sicher durch die Digitalisierung immer weiter zu entwickeln.

Bild: Daniel Tkatsch, Conrad Electronic
04.10.2021

Das Unternehmen Conrad Electronic ist heute mehr als nur ein Versandhandel für Technik- und Elektronikprodukte, sondern eine Plattform für B2B- und B2C-Kunden mit einem vielfältigen Angebot an Produkten, Lösungen und Services. Wie sich das Familienunternehmen durch den digitalen Wandel weiterentwickelt hat erläutert Ralf Bühler, CEO bei Conrad Electronic, in diesem Interview.

Sponsored Content

Wenn Sie die ersten Monate bei Conrad Revue passieren lassen: Was hat Sie positiv überrascht?

Die Firma Conrad ist geprägt von einer offenen Kultur: Neuen im Team wird es leicht gemacht, sich zurechtzufinden und sich integriert zu fühlen. Auf der geschäftlichen Seite hat mich der sehr digitale und innovative Pioniergeist bei Conrad positiv überrascht. Denn viele kennen Conrad aus der Vergangenheit als ein Unternehmen, bei dem sie ihren ersten Computer oder Lötkolben gekauft haben und diese Conrad Experience ist haftengeblieben. Außerdem hat mich erstaunt, wie digital Conrad 2019 schon war, mit welcher Offenheit das Unternehmen digitale Hindernisse überwindet und wie adaptiv es auf neue Technologien reagiert. Wenn man der CEO in einem Familienunternehmen wird, ist es manchmal schwierig als „Fremder“ Fuß zu fassen. Denn es geht um Vertrauen und Akzeptanz. Genau das wurde mir aber bei Conrad von Anfang entgegengebracht und somit fühlte ich mich schnell in die Conrad-­Familie integriert. Das waren alles positive Dinge, die mir aufgefallen sind.

Was konnten Sie bereits in den ersten Monaten Ihrer Amtszeit umsetzen?

Ich möchte hier nicht einzelne Produkte in den Vordergrund stellen, sondern vielmehr unseren klaren Fahrplan in Bezug auf die Conrad Sourcing Plattform, die wir stetig weiterentwickeln. Wir waren bisher zwar überall mit E-Commerce unterwegs, aber das Thema Marktplatz haben wir bisher nur in Deutschland ausgebreitet. Mitte des Jahres haben wir nun Österreich als zweites europäisches Land auf die Plattform gehoben und weitere Länder werden folgen. Ein weiteres wichtiges Thema ist, uns als bevorzugte Beschaffungsplattform für technischen Betriebsbedarf in den Fokus der B2B-Kunden zu bringen. Mittlerweile können Unternehmen ihre eigene Einkaufsinfrastruktur nutzen, um auf unser komplettes Marketplace-Sortiment zuzugreifen. Damit wollen wir sie dabei unterstützen, ihre Prozesse zu verschlanken, und bieten dementsprechend auch eine Single-Creditor-Lösung an.

Das Ende der Corona-Pandemie ist hoffentlich bald abzusehen. Können Sie jetzt schon eine Bilanz ziehen?

Durch Corona haben viele Menschen, die uns bisher nur über die Firma kannten, ihre Erfahrungen mit uns mit ins Homeoffice genommen und uns dann erstmals im privaten Umfeld als Anbieter wahrgenommen. Auch umgekehrt: Menschen, die privat bei uns eingekauft haben, waren plötzlich vor die Aufgabe gestellt, dass sie betriebliche Dinge zu Hause erledigen mussten, ohne den Einkaufskanal der Firma hinter sich zu haben. Was uns Corona deutlich vor Augen geführt hat: Es gibt hierfür unterschiedliche Begrifflichkeiten - wir sagen etwa B2P Business to People, andere sagen H2H Human to Human - es spielt aber keine Rolle, wie man es nennt. Denn die Kundengruppen, egal über welche man spricht, lassen sich nicht trennscharf abgrenzen. Darüber hinaus hat Corona bestätigt, wie fatal es wäre, nur analog oder nur digital unterwegs zu sein, sondern dass unser Omnichannel-Ansatz der richtige Weg ist. Diesen haben wir deshalb um den Begriff Omnichannel-Access erweitert. Für uns war es wichtig, dass große, kleinere und mittlere Unternehmen, die eigene Einkaufsinfrastruktur haben oder E-Procurement browserbasiert nutzen wollen, auch auf ihren Systemen abzuholen.

Wie beurteilen Sie den Wandel Conrads vom traditionsreichen Technikhändler hin zur Sourcing-Plattform?

Wir haben uns in den letzten fast 100 Jahren immer wieder gewandelt und zwar nicht gezwungenermaßen, sondern entlang der Bedürfnisse unserer Kund*innen. Zudem ist es in unserer DNA verankert, uns stetig zu verändern: Vor 85 Jahren wurde der erste, 16 Seiten starke Conrad Katalog gedruckt und damit der Grundstein für den Versandhandel gelegt. 1997 wagten wir als einer der ersten Händler in Deutschland mit unserem Online-Shop den Sprung ins Internet. Und 2017 launchten wir unseren Marktplatz. B2C, B2B, Versandhandel, E-Commerce, Filialen, also sprich Omnichannel-Ansatz - all das sind gewachsene oder erlebte Veränderungen. Und damit ist die Conrad Sourcing Plattform nur die Konsequenz, diesen Wandel fortzusetzen. Jetzt ist dieser viel deutlicher auf das B2B-Segment ausgerichtet, aber der Spirit ist immer noch derselbe: Mit dem passenden Sortiment für den technischen Betriebsbedarf und maßgeschneiderten Services wollen wir unseren B2B-Kunden ihren Beschaffungsprozess einfacher, schneller und umfassender machen.

Welche Rolle spielt Conrad mit seinen Lösungen und digitalen Services ganz speziell im industriellen Umfeld?

Wir sind heute ein Partner sowohl für die industrielle Instandhaltung als auch für Fertigungsindustrien. In diesen Bereichen sind wir mit vielen Themen vertreten. Das reicht von Pneumatik-Anwendungen über SPS-Steuerungen bis hin zu ganz trivialen Dingen wie Industrieschalter oder Kabel, die zum Beispiel überall in den Fertigungsstraßen eingesetzt werden. Wir haben inzwischen fast eine Million Artikel aus dem Automations- und Pneumatik-Umfeld von allen großen Lieferanten im Portfolio, egal ob das Siemens, Phoenix oder Schneider ist. Die Produkte sind bei Conrad über die von uns zur Verfügung gestellten Anbindungs- und Beschaffungswege erhältlich. Darüber hinaus bieten wir zusätzliche Services wie Kabelkonfektion, Lieferung von Spezialkabel oder 3D-Druck im industriellen Umfeld als auftragsbasierten 3D-Druck-Industriedruck an. Zusätzlich übernehmen wir Kalibrierungen von Messtechnik in diesem Umfeld. Das heißt, wir offerieren in unserem One-Stop-Shop auch Services, die dann individualisiert als Problemlöser für Fertigungsstraßen dienen. In dieser Kombination und in Verbindung mit unseren digitalen Services haben wir uns in der Branche ganz gut etabliert und wollen hier weiterhin unseren Beitrag leisten.

Das Thema Nachhaltigkeit wird in allen Industriebereichen stark diskutiert. Welche Rolle spielt es bei Conrad?

Es gibt unterschiedliche Dimensionen von Nachhaltigkeit. Da gibt es auf der einen Seite das Thema Klimaneutralität in Bezug auf Transport und auf der anderen Seite die Verpackung in Verbindung mit Müllvermeidung. So stellen wir uns täglich die Frage: Wie gehen wir mit den Ressourcen im physischen Umfeld um? Es gibt aber auch so etwas wie eine digitale Nachhaltigkeit. Die Gefahr im digitalen Bereich ist, dass Daten im beliebigen Umfang zur Verfügung stehen. Wir alle verwenden viel Zeit, viel Energie im wahrsten Sinne des Wortes und viel Geld darauf, ständig Daten zu verändern, die dann immer und immer wieder neu generiert werden, obwohl es unnötig ist. Um nachhaltig in dem Bereich zu sein, müssen wir die Systeme zwischen Hersteller, Distribution und zwischen Seller und Verkaufsplattformen deutlich nachhaltiger gestalten. Indem wir dafür sorgen, dass wir Daten nur noch dann verändern, wenn es zwingend notwendig ist. Das heißt, Daten, die einmal generiert wurden, sind auch durchgehend durch die Wertschöpfungskette zu benutzen.

Wenn es um vernetzte Daten im Businessumfeld geht, spielt das Thema Sicherheit eine ganz wichtige Rolle. Wie geht Conrad mit diesem Aspekt um?

Speziell in der vernetzten Ökonomie ist Security oder Sicherheit eines der großen Themen. Es hilft uns nichts, wenn wir alle ständig mit Datenlecks zu kämpfen haben, weil wir uns dann nicht mehr um die für unser Kernbusiness wichtigen Themen kümmern können. Auch beschäftigt uns der Aspekt nachhaltige Sicherheit in den sensiblen Systemen mit Kundendatenzugängen. Da haben wir als Online-Unternehmen eine ganz besondere Verantwortung.

Welche strategischen Veränderungen planen Sie in den nächsten Jahren?

Wir wissen, wer wir sind und wissen, was wir können und wo wir hinwollen. Deshalb gibt es aktuell keine großen Strategieveränderungen bei Conrad. Wir wollen uns zur führenden europäischen Plattform für technischen Betriebsbedarf entwickeln und dabei gibt es ein paar Herausforderungen: So wollen wir keine ausschließlich deutsche Plattform sein, also steht das Thema Internationalisierung beziehungsweise Ausbreitung der Plattform in andere Länder ganz oben auf der Conrad-Agenda. Zudem wollen wir die Plattform-Fokussierung inklusive Omnichannel-Access noch deutlicher verstärken. Wir wollen sicherstellen, dass Conrad sowohl im stationären Umfeld als auch im digitalen Umfeld die Zugangswege besitzt, die unsere Kund*innen benötigen. Wir wollen Filial-Konzepte weiterentwickeln, die unseren B2B- und B2C-Zielgruppen entsprechen und im digitalen Umfeld noch mehr dafür sorgen, dass sich vom Klein- bis zum Großkunden jeder bei uns gut aufgehoben fühlt.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel