Robotik übernimmt dort, wo repetitive Abläufe, Qualitätsanforderungen und Verfügbarkeitsprobleme aufeinandertreffen. „Ein Roboter ersetzt nicht nur den fehlenden Mitarbeiter, sondern liefert rund um die Uhr die gleiche Leistung, und das konstant, präzise und ohne Ablenkung“, erläutert Michael Ott, Head of Sales, bei Micros Automation, einem Spezialisten für die Planung und Umsetzung individueller Automatisierungslösungen im Sondermaschinenbau mit Sitz in Südtirol, und fügt hinzu: „Besonders in mehrschichtigen Betrieben entlastet der Einsatz von Robotern die personellen Ressourcen und reduziert gleichzeitig die Kosten.“
Die automatisierte Ausführung wiederkehrender Arbeitsschritte schont zudem nicht nur die menschliche Konzentration, sondern vermeidet auch Fehler durch Ermüdung oder Unaufmerksamkeit. Robotik schafft somit nicht nur Effizienz, sondern auch Qualitätssicherheit. Gleichzeitig können Unternehmen dadurch Kapazitätsschwankungen besser abfedern und steigenden Kundenanforderungen souveräner begegnen.
Automatisieren, wo bisher gezweifelt wurde
Auch dort, wo bislang händische Prozesse als alternativlos galten, lassen sich heute robotergestützte Lösungen realisieren. „Letztlich ist fast alles automatisierbar. Die Frage ist nicht das Ob, sondern das Wie und mit welchem Aufwand“, sagt Michael Ott. Ein Beispiel liefert das Referenzprojekt einer Montage von Gleichlaufgelenken in der Automobilindustrie: Bis vor kurzem wurden hier noch Kugeln manuell eingesetzt, acht Stunden am Tag, jeden Tag. Heute erfolgt dieser Prozess automatisiert – mit unterstützender Sensorik, Bildverarbeitung und einem eigens entwickelten Klassifizierungssystem für die optimale Kugelgrößenbestimmung.
„Anfangs war der Anwender überzeugt, dass das nicht geht“, erinnert sich Michael Ott. „Aber durch gezielte Machbarkeitsnachweise wurde deutlich, dass sich nicht nur die Montage, sondern auch die Qualität dadurch verbessern lässt.“ Dass eine vormals rein manuelle Aufgabe nun unter industriellen Bedingungen in gleichbleibender Taktzeit und Qualität ausgeführt wird, gilt heute als Best Practice.
Kollaboration, Greifen, Denken
Im Rahmen der Prozessautomatisierung lassen sich verschiedene Technologien nutzen. Deren Beitrag zur durchgängigen Automatisierung ist differenziert zu betrachten. So bieten z.B. kollaborative Roboter dort Vorteile, wo Prozesse nicht vollautomatisiert ablaufen können oder der Mensch weiterhin eingebunden ist. „Diese Systeme lassen sich ohne aufwändige Sicherheitseinrichtungen integrieren und erlauben eine echte Zusammenarbeit auf engem Raum“, erläutert Michael Ott.
Adaptives Greifen spielt eine zentrale Rolle, wenn Variantenvielfalt gefordert ist – Michael Ott: „Wenn zehn Bauteilvarianten auf einer Linie montiert werden sollen, benötigt es Greiftechnik, die sich ohne Umrüsten anpasst. Das spart nicht nur Zeit, sondern reduziert Fehler.“ Hinzu kommt, dass durch die flexible Greiferauslegung die Rüstzeiten minimiert und Anlaufverluste reduziert werden.
Und künstliche Intelligenz? Noch ist sie in vielen industriellen Umfeldern eher Vision als Alltag. „Derzeit sind zahlreiche Prozesse noch stark vordefiniert. Aber langfristig wird KI vor allem in der selbständigen Prozessoptimierung und vereinfachten Maschinenprogrammierung eine größere Rolle spielen“, so Michael Otts Ausblick. Auch für Retrofit-Konzepte oder die Inbetriebnahme per Simulation könnte KI künftig eine unterstützende Rolle einnehmen.
Die drei Sinne der Automation
Bewegung, Wahrnehmung und Kontrolle – was für den Menschen intuitiv ist, wird in der Automatisierung durch die Kombination aus Robotik, Sensorik und Bildverarbeitung abgebildet. Roboter übernehmen Handhabung und Montage, Sensoren erfassen physische Eigenschaften wie Position, Druck oder Lagen, und Bildverarbeitungssysteme übernehmen die visuelle Kontrolle. „Diese Kombinatorik bildet das technische Fundament durchgehender Automationslösungen", betont Michael Ott. Besonders beim sogenannten Bin Picking, also dem gezielten Griff in chaotisch gefüllte Behälter, zeigt sich die Komplexität dieses Zusammenspiels.
Ein intelligentes Zusammenspiel dieser Komponenten ermöglicht es, auch komplexe Prüf- und Montageschritte in einem automatisierten Ablauf zu vereinen. Dabei wird die Fähigkeit des Menschen zur simultanen Verarbeitung sensorischer Reize in technische Prozesse überführt – mit dem Ziel, reproduzierbare Ergebnisse unter industriellen Bedingungen zu erzielen.
Flexibel automatisieren
Egal ob Losgröße 100 oder 10.000 – moderne Automatisierung muss flexibel sein. „Jede realisierte Robotiklösung muss heute eine gewisse Bandbreite an Bauteilvarianten abdecken. Nur so ist sie wirtschaftlich sinnvoll einsetzbar“, erklärt Ott. Der Einsatz adaptiver Greiftechnik und modularer Stationen schafft hier die notwendige Flexibilität.
Skalierbarkeit ergibt sich dabei nicht nur über die Stückzahl, sondern auch über die Wiederverwendbarkeit von Anlagenmodulen. „Dabei sollte auf ein modulares Maschinenkonzept gesetzt werden, das sich nicht nur anpassen, sondern auch erweitern lässt“, sagt Michael Ott. Denn auf diese Weise können auch wachsende Anforderungen oder neue Produktlinien abgebildet werden – ohne vollständig neue Anlagen zu beschaffen.
Schrittweise zur Lösung
Der Weg zur robotergestützten Prozessstrecke sollte strukturiert in fünf Phasen erfolgen: Analyse, Konzept, Verifizierung, Umsetzung und Inbetriebnahme. Im Zuge dessen müssen Nutzen für das Unternehmen, Prozesstauglichkeit und technische Umsetzbarkeit stets im Mittelpunkt stehen. „Die technische Verifizierung mit den Produktentwicklern ist dabei Pflicht und nicht nur optionale Kür“, so Michael Ott. „Nur so kann eine belastbare Grundlage für die Realisierung geschaffen werden.“
Bereits in der Konzeptphase werden daher Varianten durchgespielt, erste Layouts erstellt und Prozessketten visualisiert. In enger Abstimmung zwischen dem Unternehmen und seinem Automations-Umsetzungspartner entsteht so eine Lösung, die sowohl technisch funktional als auch wirtschaftlich tragfähig ist. Iterative Abstimmungs- und Optimierungsschleifen sorgen dafür, dass die Lösung im Projektverlauf stabilisiert und bei Bedarf nachjustiert werden kann.
Trends im Fokus
Die Zukunft der Robotik liegt in intelligenter Integration und der Optimierung bestehender Prozesse. Statt neue Fertigungslinien aufzubauen, wollen viele Unternehmen ihre bestehenden Systeme effizienter machen. „Klar zu erkennen ist hier ein Trend zur Nachrüstung und Effizienzsteigerung im Bestand“, beobachtet Michael Ott. Die verstärkte Nutzung kollaborativer Systeme, Fortschritte in der adaptiven Greiftechnik und perspektivisch KI-gestützte Prozesssteuerung markieren die Entwicklungsrichtung zusätzlich.
Gleichzeitig rückt auch die Vereinfachung der Systembedienung stärker in den Fokus: Bedieneroberflächen sollen intuitiver werden, Inbetriebnahmen schneller ablaufen und Anlagen sich im Idealfall selbst kalibrieren. Robotik wird damit nicht nur zur Hochtechnologie, sondern zunehmend auch zur praktikablen Option für breitere Einsatzbereiche.
Fazit
Die Kombination aus Robotik, Sensorik und Bildverarbeitung macht es möglich, manuelle Prozesse durchgängig zu automatisieren – auch in anspruchsvollen Montage- und Prüfanwendungen. Dabei sind flexible, skalierbare und modulare Lösungen entscheidend, um auf unterschiedliche Bauteile, Taktzeiten und Qualitätsanforderungen reagieren zu können. Die Robotik wird nicht nur zum Ersatz für fehlende Fachkräfte, sondern zum strategischen Enabler für Effizienz, Stabilität und Zukunftsfähigkeit industrieller Fertigungsprozesse.
Unternehmen, die ihre Produktion zukunftssicher aufstellen wollen, profitieren von einem technologieoffenen, methodisch fundierten Automatisierungsansatz – einer, der sich nicht auf Maschinen beschränkt, sondern Prozesse, Schnittstellen und Menschen gleichermaßen im Blick hat.