Interview über Leiterkartensteckverbinder „Die richtigen Stecker und Buchsen finden“

Stefan Suchan ist Konstruktions- und Entwicklungsingenieur von Steckverbindern bei Fischer Elektronik.

Bild: Fischer Elektronik
03.05.2021

Die richtige Wahl bei Steckverbindern hat enormen Einfluss auf die Zuverlässigkeit, Lebensdauer und Kosten von elektronischen Komponenten. Was es dabei besonders zu beachten gilt, erklärt Stefan Suchan, Konstruktions- und Entwicklungsingenieur von Steckverbindern bei Firma Fischer Elektronik, im Interview.

Dieses Interview ist Teil unserer Titelreportage der E&E-Mai-Ausgabe 2021. Hier geht es zur zugehörigen Titelstory.

Die aktuellen Entwicklungen von elektronischen Komponenten verlangen nach flexiblen Verbindungslösungen für Leiterkarten. Welche Herausforderungen gilt es zurzeit zu beachten?

Zurzeit bestimmen sowohl immer kleinere als auch leistungsstärkere Steckverbinder die aktuellen Entwicklungen. Dabei müssen die Steckverbinder einerseits den Umwelteinflüssen wie zum Beispiel hohen Temperaturen gewachsen sein, andererseits werden die Kundenapplikationen seit einigen Jahren immer komplexer und kundenspezifischer. Für die Hersteller von Steckverbindern bedeutet dies stetige Weiterentwicklung.

Leiterkartensteckverbindungen müssen auch in rauen Umgebungen einwandfrei funktionieren. Können Sie die wichtigsten Einflüsse kurz erläutern?

Die Einflüsse auf Leiterkartensteckverbinder sind vielfältig und können in die Abschnitte des Produktlebenszyklus gegliedert werden. Nach Herstellung der Steckverbinder können sich mit der Zeit Oxydschichten auf der Kontaktoberfläche bilden. Beim Lötprozess wird der Isolierkörper mit Temperaturen von bis zu 260 °C beansprucht. Und je nach Einsatzgebiet können sowohl Schock als auch Vibrationen auf den Leiterkartensteckverbinder einwirken.

Die Steckzyklen sind ein wichtiges Auswahlkriterium für Steckverbindungen. Was beeinflusst diese mechanische Eigenschaft maßgeblich? Gilt dies auch für Leiterkartensteckverbinder? Und welche Besonderheiten müssen bei diesen Komponenten beachtet werden?

Die Anzahl der Steckzyklen und die mechanischen Eigenschaften werden durch die Kontaktgeometrie, das Kontaktgrundmaterial und die Oberflächenbeschichtung beeinflusst. Die Stiftspitzen sollten angefast oder rund gedreht sein, damit die Steck- und Ziehkräfte gering gehalten werden. Bei Buchsenkontakten sollten federnde Werkstoffe wie Bronze oder Berylliumkupfer verwendet werden. Für Stiftkontakte sind Bronze und Messing als Grundmaterialien gut geeignet. Die Oberflächenbeschichtung hat einen großen Einfluss auf die Steckzyklen. Verzinnte Kontakte können aufgrund der relativ weichen Zinnschicht nur einige wenige Steckzyklen aushalten. Falls höhere Steckzyklen gefordert werden, sollte der Kunde bei Leiterkartensteckverbindern vergoldete Kontakte verwenden. Je nach Schichtstärke der Vergoldung und der Kontaktgeometrie können ohne Probleme einige hundert Steckzyklen ausgeführt werden.

Der Übergangswiderstand einer Leiterkartensteckverbindung muss so gering wie möglich sein. Wovon hängt dieser ab und was beeinflusst diesen?

Der Übergangswiderstand hängt von der Kontaktfläche und der Anzahl von A-Spots ab. A-Spots sind einzelne Unebenheiten der beiden Kontaktpartner, welche für eine elektrische Verbindung zwischen den beiden sorgen. Je größer die Kontaktfläche beziehungsweise die Anzahl der A-Spots, desto geringer ist der Kontaktübergangswiderstand. Beeinflusst wird der Kontaktübergangswiderstand durch Reibung und Verschleiß der Oberflächenbeschichtungen.

Welche Rolle spielt das Isoliermaterial bei Leiterplattensteckverbindern? Was muss dabei beachtet werden?

Das Isoliermaterial spielt eine wesentliche Rolle bei Leiterkartensteckverbindern. Neben der Funktion der Kontaktpositionierung im entsprechenden Rastermaß dient der Isolierkörper der elektrischen Isolation der einzelnen Kontakte untereinander. Das Isolierkörpermaterial sollte einen hohen spezifischen Isolationswiderstand und eine hohe Spannungsfestigkeit besitzen, damit es zwischen benachbarten Kontakten nicht zum Durchschlag beziehungsweise Kurzschluss kommt. Außerdem ist eine hohe Wärmeformbeständigkeit von sehr großer Bedeutung. Die Steckverbinder müssen beim Lötprozess kurzzeitig bis zu 260 °C aushalten, ohne die Formbeständigkeit zu verlieren.

Was ist bei Leiterkartensteckverbindern aus Fernost zu beachten? Gibt es da große Qualitätsunterschiede?

Bei Leiterkartensteckverbindern aus Fernost werden vergoldete Kontakte in der Regel lediglich mit einer Flashgoldschicht überzogen. Diese Flashgoldschicht liegt zwischen 0,1 und 0,2 µm und dient lediglich dem Korrosionsschutz des unedlen Kontaktmaterials. Weitere große Qualitätsunterschiede gibt es zwischen Steckverbindern aus Deutschland und Fernost jedoch mittlerweile nicht mehr. Die Verarbeitung ist auf einem ähnlichen Niveau.

Welchen Stellenwert haben Leiterkartensteckverbinder in Ihrem Unternehmen, und wie unterscheiden Sie sich von Ihren Mitbewerbern?

Steckverbinder sind neben Kühlkörpern und Gehäusen die Hauptumsatzträger von Fischer Elektronik. Der wesentliche Unterschied zwischen Fischer Elektronik und den Mitbewerbern liegt in der Produktion in Deutschland am Standort Lüdenscheid. Neben kurzen Lieferzeiten und attraktiven Preisen bestechen wir durch eine enorme Expertise bei Sonderanfragen in allen Bereichen. Dabei werden Prototypen auch in kleinen Stückzahlen mit Serienqualität hergestellt.

Als Experte für Steckverbinder haben Sie einen guten Marktüberblick. Was sind aus Ihrer Sicht in den nächsten zwei Jahren die wichtigen Trends im Bereich Steckverbinder?

Meiner Meinung nach sind die Themen Miniaturisierung, Vernetzung der Systeme und höhere Leistungen auch in den kommenden zwei Jahren die wichtigsten und bestimmenden Themen im Bereich Steckverbinder. Die Steckverbinder werden aufgrund der stetigen Miniaturisierung von elektronischen Bauteilen auch immer kleiner. Im Gegensatz dazu müssen die Steckverbinder jedoch auch immer höhere Leistungen schalten. Durch Steckverbinder kann die Vernetzung der Systeme im Zuge von Industrie 4.0 weiter vorangetrieben werden. Als letzten Punkt möchte ich noch die Individualisierung der Steckverbinder durch den Kunden anmerken. Die Menge an kundenspezifischen Steckverbindern nimmt immer weiter zu und wird auch in den kommenden beiden Jahren steigen.

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel