Bilanz der chemisch-pharmazeutischen Industrie 2017 Die Chemiebranche hat wenig Grund zu klagen

07.12.2017

Wachsende Produktionszahlen, ein Höchststand an Beschäftigten und gute Aussichten für das kommende Jahr – der deutschen Chemiebranche geht es rundum gut, wie der VCI vergangene Woche verkündete. Trotzdem fand er auch kritische Worte im Zusammenhang mit der Regierungsbildung in Deutschland und dem Brexit.

Kurz vor Jahresende wird es Zeit, Bilanz der vergangenen Monate zu ziehen. Bei ihrem Blick zurück hat die chemisch-pharmazeutische Industrie in diesem Jahr viel Grund zur Freude – denn 2017 war mit kräftigem Umsatzwachstum von über 5 Prozent ein gutes Jahr, wie der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in seiner Jahresbilanz berichtet.

Eine zunehmend starke Industriekonjunktur in ganz Europa steigerte die Produktion deutlich und hielt die Auslastung der Anlagen hoch. Alle Sparten – auch die Basischemie – verbuchten einen Mengenzuwachs.

Das Auslandsgeschäft profitierte von der robusten Nachfrage aus China, der Belebung der Wirtschaft in den USA und der wirtschaftlichen Stabilisierung in den Schwellenländern. Insgesamt stieg die Chemie-Produktion inklusive Pharma um 2,5 Prozent. Der Aufschwung in Deutschlands drittgrößter Branche führte mit 451.500 Mitarbeitern zum höchsten Beschäftigungsstand seit dreizehn Jahren.

200 Milliarden Euro sind möglich

Auch für 2018 geht der VCI von einem weiteren Wachstum der Branche aus: Der Verband erwartet eine Zunahme der Produktion von 2 Prozent. Bei leicht steigenden Preisen (+1 Prozent) sollte der Umsatz um 3 Prozent zulegen. Das Jahresergebnis der Branche könnte 2018 damit erstmals die Schwelle von 200 Milliarden Euro erreichen. Für das Auslands- und das Inlandsgeschäft prognostiziert der VCI annähernd gleich hohe Wachstumsraten.

Trotz der durchweg positiven Nachrichten, sprach VCI-Präsident Kurt Bock bei der Verkündung der Zahlen auch kritische Themen an. Vor dem Hintergrund der schwierigen Regierungsbildung in Berlin bedauerte er, dass die Politik sich bisher nicht auf einen gemeinsamen Plan für die Zukunftssicherung des Standortes und die Modernisierung der Gesellschaft habe einigen können. Parteienübergreifender Konsens sei es aber, Bildung, Forschung und Innovation zu stärken. Dafür werde als Instrument auch eine steuerliche Forschungsförderung befürwortet.

Bock warnte außerdem stellvertretend für die gesamte energieintensive Industrie in Deutschland vor politischen Konzepten, die zu weiteren Erhöhungen der Strompreise und einer Gefährdung der Versorgungssicherheit führten. Der VCI, der erst kürzlich die EU-Effizienzpolitik kritisiert hatte, spricht sich daher gegen eine nationale CO2-Steuer oder einen überhasteten Ausstieg aus der Kohleverstromung aus. Die Klimaschutzpolitik in Deutschland müsse sich stattdessen auf Sektoren außerhalb des EU-Emissionshandels konzentrieren.

Die vor wenigen Wochen verabschiedete Reform der entsprechenden EU-Richtlinie schreibe der Industrie ab 2021 noch schärfere Emissionssenkungen vor als bisher, so Bock. Gleichzeitig habe die EU Maßnahmen beschlossen, die den Preis der CO2-Zertifikate und damit die Kosten für die Unternehmen erhöhten. „Nationale Regelungen zusätzlich zum EU-Emissionshandel wären nur Doppelregelungen ohne Nutzen für den Klimaschutz“, betonte der VCI-Präsident.

Auch der Brexit ist nach wie vor Thema

Auch zum Brexit äußerte Bock sich: Großbritannien ist ein wichtiger Handelspartner und einer der größten Märkte in der EU für die Branche. Wie stark sich der Brexit auf die deutschen Chemieunternehmen auswirkt, hängt vor allem vom Ergebnis der Verhandlungen ab, wie die künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien ausgestaltet werden.

Jährliche Zollzahlungen von 200 Millionen Euro sind möglich, sollte die britische Regierung Chemie- und Pharmazölle auf dem Niveau der heutigen EU-Außenzölle einführen. Noch größere Belastungen seien zu erwarten, wenn sich für die Branche spezifische Regulierungen – wie zum Beispiel das Chemikalienrecht REACH oder die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln und Bioziden – in Zukunft unterschiedlich entwickeln, betonte Bock.

„Wir brauchen eine möglichst weitgehende gegenseitige Anerkennung und gleiche Standards.“ Dafür müsse Großbritannien durch ein umfassendes Abkommen möglichst eng an die EU gebunden bleiben.

Daten und Fakten zur deutschen Chemie 2017 im Überblick

Kapazitätsauslastung: Die Produktionsanlagen waren das Jahr über mit 86,7 Prozent überdurchschnittlich gut ausgelastet.

Umsatz: Ein positives Mengengeschäft mit steigenden Erzeugerpreisen von plus 3 Prozent sicherte den deutschen Chemie- und Pharmaunternehmen ein kräftiges Umsatzplus. Die Erlöse der Branche legten insgesamt um 5,5 Prozent auf knapp 195 Milliarden Euro zu.

Der Inlandsumsatz steigerte sich um 4,5 Prozent auf 74,4 Milliarden Euro; der Umsatz mit ausländischen Kunden erhöhte sich sogar um 6,5 Prozent auf 120,4 Milliarden Euro. Neben dem Europageschäft (+ 5,5 Prozent) verliefen auch die Verkäufe nach Nordamerika (+ 3 Prozent) und Asien (+ 8 Prozent) positiv.

Beschäftigung: Die Zahl der Mitarbeiter in der Branche stieg um 1 Prozent auf 451.500 Personen. Das ist der höchste Beschäftigungsstand in der chemisch-pharmazeutischen Industrie seit dem Jahr 2004. Der Tiefpunkt lag mit 414.800 Beschäftigten im Jahr 2010.

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  • Die Entwicklung der Chemieproduktion in Deutschland

    Die Entwicklung der Chemieproduktion in Deutschland

    Bild: VCI

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