Prognose für Wirtschaftswachstum Deutsche Wirtschaft auf Erholungskurs

Das BIP der Bundesrepublik steigt – doch gerade die Konflikte im Nahen Osten bringen aktuell auch Unsicherheiten mit sich.

Bild: DALL·E, publish-industry
27.06.2025

Das deutsche BIP wird 2025 voraussichtlich um 0,2 Prozent zunehmen, im kommenden Jahr um 1,5 Prozent. So lautet die Prognose der Hans-Böckler-Stiftung. Der Außenhandel entwickelt sich hingegen weiterhin schwach, auch wegen geopolitischer Krisen.

Die deutsche Wirtschaft schwenkt langsam auf einen Erholungskurs ein, der im kommenden Jahr deutlich an Fahrt gewinnt. Das ergibt die neue Konjunkturprognose des Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung. Demnach wächst das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahresdurchschnitt 2025 um 0,2 Prozent, im Jahresdurchschnitt 2026 wird es um 1,5 Prozent zulegen.

Das Wachstum ist damit im kommenden Jahr ein wenig stärker als in den USA und im Durchschnitt des Euroraums. Hauptgründe für die Erholung sind ein anziehender Konsum der privaten Haushalte und die positiven Impulse der staatlichen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen.

Arbeitslosenquote steigt

Der Außenhandel entwickelt sich allerdings weiterhin schwach, vor allem wegen internationaler Handelskonflikte. Da der Arbeitsmarkt zeitversetzt reagiert, bringt das anziehende Wachstum noch keine positive Trendwende bei der Arbeitslosigkeit. So steigt die Arbeitslosenquote 2025 auf 6,3 Prozent im Jahresmittel und 2026 noch einmal leicht auf 6,4 Prozent.

Die Zahl der Erwerbstätigen wächst nach einem minimalen Rückgang in diesem Jahr 2026 aber wieder – um 0,2 Prozent. Die Inflationsrate liegt laut IMK-Prognose im Jahresdurchschnitt 2025 bei zwei Prozent, 2026 sinkt sie auf 1,8 Prozent.

Handelskonflikte spitzen sich zu

Für den Zeitraum bis Ende August signalisiert der Bericht einen spürbaren Rückgang der Rezessionswahrscheinlichkeit um knapp acht Prozentpunkte auf 23,5 Prozent. „Wir sehen jetzt die Entwicklung, die wir auch schon im Frühjahr prognostiziert hatten: Die politische Unsicherheit in Deutschland ist gesunken, ebenso wie die Energiepreise, das kurbelt die Einkaufsneigung der Menschen an“, sagt Prof. Dr. Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des IMK. „Die zunehmenden staatlichen Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen dürften ab der zweiten Jahreshälfte die Ausrüstungs- und Bauinvestitionen stärken.“ Das IMK rechnet durch die Vorhaben der Bundesregierung in diesem Jahr mit zusätzlichen Impulsen von gut acht Milliarden Euro und 2026 von gut 40 Milliarden Euro.

Trotz positiver Aussichten sei die wirtschaftliche Erholung aber kein Selbstläufer, betont Dullien. Als größtes Risiko macht das IMK aus, dass sich die Handelskonflikte stärker als erwartet zuspitzen, auch mit der möglichen Folge, dass die USA durch die Politik von Präsident Donald Trump in eine Rezession geraten. Auch ein längerer, möglicherweise nach den Bombardierungen von iranischen Nuklearanlagen durch die USA vom Wochenende weiter eskalierender Konflikt im Nahen Osten ist derzeit ein relevantes Risiko, weil er zu weiter steigenden und anhaltend höheren Ölpreisen führen könnte. Je nach Höhe und Dauer könnte dies das Wachstum gegenüber der Prognose deutlich dämpfen.

Gerade mit Blick auf den privaten Konsum als absehbaren Wachstumsmotor sei daher wichtig, dass der positive Impuls im Inland nicht konterkariert werde, sagt Dullien: „Genau in die falsche Richtung führen da Forderungen nach Abbau bei der sozialen Sicherung, bei Schutzstandards im Bereich von Arbeitszeiten oder Wünsche, auf spürbare Verbesserungen beim Mindestlohn zu verzichten.“

Kerndaten in der Übersicht

Arbeitsmarkt
Die Zahl der Erwerbstätigen nimmt im Jahresdurchschnitt 2025 um 0,1 Prozent ab. Die Arbeitslosigkeit steigt um rund 170.000 Personen auf 2,96 Millionen im Jahresmittel, die Arbeitslosenquote liegt bei 6,3 Prozent nach sechs Prozent 2024. Für 2026 veranschlagt das IMK eine Zunahme der Erwerbstätigenzahl um jahresdurchschnittlich 0,2 Prozent. Die Arbeitslosigkeit steigt aber noch einmal marginal um gut 30.000 Personen, die Quote liegt bei 6,4 Prozent.

Weltwirtschaft und Außenhandel
Der Welthandel wächst 2025 und 2026 um 1,9 beziehungsweise 2,1 Prozent. Insbesondere die Wirtschaftspolitik der USA wirkt belastend – auch auf die wirtschaftliche Entwicklung im eigenen Land. Während im Euroraum das Wachstum leicht anzieht (1,1 Prozent in diesem, 1,3 Prozent im kommenden Jahr nach 0,8 Prozent 2024), sind die Raten in den USA mit 1,3 und 1,2 Prozent leicht rückläufig und haben sich gegenüber 2024 (2,8 Prozent) praktisch halbiert.
Die deutschen Exporte erhalten von wichtigen Handelspartnern nur schwache Impulse, wozu auch beiträgt, dass der Euro gegenüber dem US-Dollar aufgewertet hat und dass in China gezielt Importe durch Produkte aus heimischer Herstellung ersetzt werden. Im Jahresdurchschnitt 2025 sinken die Ausfuhren trotz einer leichten Belebung im zweiten Halbjahr um 2,4 Prozent. 2026 wachsen die Exporte wieder, um 0,7 Prozent im Jahresmittel. Die Importe legen 2025 um durchschnittlich 0,9 Prozent zu. 2026 steigen die Einfuhren mit der anziehenden Konjunktur in Deutschland um 3,5 Prozent.

Investitionen
Die Ausrüstungsinvestitionen nehmen laut IMK-Prognose Fahrt auf, wachsen im Jahresdurchschnitt 2025 aber zunächst nur um 0,6 Prozent, weil der Jahresanfang noch unter dem Eindruck der jahrelangen Stagnationsphase stand. Ab der zweiten Jahreshälfte dürften die Unternehmen ihre Investitionstätigkeit aber verstärkt ausweiten, die vermehrten staatlichen Investitionen und die Investitionsförderung zeigen dann erste Wirkung, hinzu kommen Ausgaben für militärische Waffensysteme. 2026 zieht das Tempo dann stark an, im Jahresdurchschnitt legen die Ausrüstungsinvestitionen um 6,6 Prozent zu. Auch die Bauinvestitionen schwenken auf einen Erholungskurs ein, der sich allerdings ebenfalls erst 2026 deutlicher in der Statistik zeigt: Nach einem Wachstum um 0,5 Prozent im Jahresdurchschnitt 2025 legen die Bauinvestitionen im kommenden Jahr um durchschnittlich 3,1 Prozent zu.

Privater Konsum
Beim privaten Konsum schwindet die Zurückhaltung, die das Jahr 2024 trotz steigender Realeinkommen geprägt hatte. Für 2025 erwartet das IMK bei weiter moderat zunehmenden Einkommen, noch einmal sinkender Inflation und zurückgehender Sparquote einen realen Zuwachs der privaten Konsumausgaben um 1,5 Prozent im Jahresdurchschnitt. 2026 ziehen die Ausgaben der Privathaushalte dann noch einmal an – um 2,4 Prozent im Jahresmittel.

Inflation und öffentliche Finanzen
Für 2025 rechnet das IMK mit einer durchschnittlichen Teuerungsrate von zwei Prozent im Jahresmittel. Damit liegt die Teuerung genau beim EZB-Inflationsziel. 2026 erwarten die Ökonomen mit 1,8 Prozent einen Wert etwas unterhalb der Zielmarke. Bei diesem Wert sind die von der Bundesregierung angekündigten Preissenkungen im Energiebereich nicht berücksichtigt. Die Inflationsrate würde 2026 noch um knapp 0,4 Prozentpunkte niedriger ausfallen, wenn zu Jahresbeginn die geplante Senkung der Strompreise um fünf Cent pro Kilowattstunde umgesetzt und zudem die Gasspeicherumlage abgeschafft würde.

Das IMK rechnet damit, dass die Steuereinnahmen 2025 moderat und die Beitragseinnahmen der Sozialversicherungen nach den Beitragssatzanhebungen zu Jahresbeginn kräftig steigen. Insgesamt wachsen die öffentlichen Einnahmen in diesem Jahr etwas stärker als die Ausgaben – auch, weil die öffentlichen Investitionen erst zum Jahresende spürbar ausgeweitet werden. Das gesamtstaatliche Defizit gemessen am BIP wird daher auf 2,4 Prozent zurückgehen, nach 2,7 Prozent 2024.

Im kommenden Jahr gibt der Staat mehr Geld für Investitionen und Verteidigung aus, während der Ausgleich der kalten Progression bei der Einkommensteuer und die Sonderabschreibungen für Unternehmensinvestitionen die Einnahmeentwicklung dämpfen. Das ist der wesentliche Grund dafür, dass das Defizit 2026 auf 3,1 Prozent im Jahresdurchschnitt steigt. Damit liegt es geringfügig über der Maastricht-Grenze von drei Prozent. Das IMK geht aber nicht davon aus, dass die EU-Kommission deswegen ein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits einleitet – denn Verteidigungsausnahmen sind nun in erheblichem Umfang von den europäischen Schuldenbremsen ausgenommen.

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