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Roboter-Drohnen-Kollaboration Roboter webt einen Pavillon wie eine Motte

publish-industry Verlag GmbH

An jeweils einer Seite der Konstruktion arbeitet ein Roboterarm vollautomatisch, während die Drohne die Fasern von einer zur anderen Seite führt.

Bild: Universität Stuttgart

03.05.2017

Der neue Forschungspavillon aus glas- und kohlefaserverstärkten Verbundwerkstoffen der Universität Stuttgart ist fertig. Beim Bau - besser gesagt, beim Weben - arbeiteten Roboter und Drohnen erstmals eng zusammen.

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Jährlich bauen Teams des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen (ICD) und des Instituts für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen (ITKE) der Universität Stuttgart einen neuen Forschungspavillon. Dadurch erforschen sie seit 2012 insbesondere Konstruktionen aus Glas- und Kohlefasern. Dabei ist immer die Natur ihr Vorbild. So ist die diesjährige Muse die Motte. Außerdem wurde erstmals ein vollautomatisiertes Fertigungsverfahren in Zusammenarbeit mit Drohnen genutzt.

Drohne assistiert dem Roboter

Bisher kamen Roboterarme zum Einsatz, die in ihrer Reichweite eingeschränkt waren. Diese Einschränkungen, die das Design der Pavillons geprägt hatten, gelten für Drohnen nicht - entsprechend mehr Freiheit gibt es dadurch bei der Konstruktion.

Drohnen verfügen über eine niedrige Nutzlast und geringere Präzision - dafür haben sie eine größere Reichweite als die Roboter, mit denen sie kollaborieren. Diese sind stark, präzise, aber in der Reichweite begrenzt. An jeweils einer Seite der Konstruktion arbeitet ein Roboterarm vollautomatisch, während die Drohne die Fasern von einer zur anderen Seite führt. Diese Zusammenarbeit ermöglichte viele Möglichkeiten, die Fasern durch das Transportwerk zu führen.

Seidene Hängematten einer Mottenlarve war das Vorbild

Für die Geometrie des Pavillons aus insgesamt 184 Kilometern harzimprägnierter Glas- und Kohlefasern dienten von Mottenlarven gesponnene seidene „Hängematten“. Wie diese winzigen, aber dennoch bemerkenswerten Seidenarchitekturen verbindet auch der Pavillon eine gebogene Unterkonstruktion, die durch die gewebten Fasern verstärkt wird.

Das Gerüst besteht aus einem einzigen, langgestreckten Kragträger mit einer Länge von 12 Metern über einer Grundfläche von circa 40 Quadratmetern und einem Gewicht von 1000 Kilogramm. Beide Institute erforschen die Möglichkeiten des leichten und hochfesten Materials über große Spannweiten. Die Struktur wurde außerhalb hergestellt und somit wurde die Größe so beschränkt, dass sie in ein zulässiges Transportvolumen passt. Es wurden jedoch Variationen des Aufbaus für die Vor-Ort- oder In-situ-Herstellung gefunden, die für viel längere Spannweiten und größere Faserverbundstrukturen verwendet werden könnten.

Digitaler Handschlag

Ein adaptives Steuerungs- und Kommunikationssystem wurde entwickelt, um es mehreren industriellen Robotern und einem unbemannten Luftfahrzeug (UAV) zu ermöglichen, während der Wicklungs- und Faserverlegungsprozesse zu interagieren. Mithilfe einer integrierten Sensorschnittstelle können Roboter und UAV ihr Verhalten in Echtzeit an die sich ändernden Bedingungen während der Fertigung anpassen.

Die UAV konnte ohne die Notwendigkeit von menschlichen Piloten autonom fliegen und landen, die Spannung der Faser wurde aktiv und adaptiv in Reaktion auf das UAV- und Roboterverhalten gesteuert. Ein Lokalisierungssystem wurde verwendet, um einen digitalen und physischen „Handschlag“ zwischen dem Roboter und dem UAV zu schaffen, um die Faser während des gesamten Wicklungsprozesses hin und her zu führen.

Faserverbundwerkstoffe haben ein enormes Potenzial in architektonischen Anwendungen. Aufgrund leistungsfähiger Materialeigenschaften werden sie in hochtechnisierten Anwendungen wie in der Automobil- und Luftfahrtindustrie eingesetzt. Die Potenziale innerhalb der Architektur bleiben jedoch noch weitgehend unerforscht.

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