Eine mit lebenden Cyanobakterien beschichtete Elektrode eignet sich, um lichtgetrieben und effizient Strom zu produzieren. Das berichtet ein deutsch-israelisches Forscherteam in der Zeitschrift „Nature Communications“. Im Gegensatz zu früheren Studien mussten die Wissenschaftler zu ihrem System keine Moleküle für die Aufnahme oder Abgabe von Elektronen hinzufügen, sondern nutzten lediglich die in den natürlichen Zellen enthaltenen Substanzen. Für die Studie kooperierte ein Team vom Israel Institute of Technology in Haifa und vom israelischen Weizmann Institute mit dem Zentrum für Elektrochemie der Ruhr-Universität Bochum.
Isolierte Moleküle nicht langfristig stabil
Auf der Suche nach nachhaltigen Wegen für die Energieproduktion nutzen Forscher immer wieder Mikroorganismen oder aus ihnen extrahierte Biomoleküle, etwa bestimmte Fotosynthese-Proteine. „Isolierte Moleküle sind in der Regel aber nicht auf lange Sicht stabil“, erklärt der Bochumer Forscher Felipe Conzuelo. „Ein Vorteil von lebenden Zellen ist, dass sie eine Reparaturmaschinerie besitzen, um Zellschäden zu beseitigen.“ Das System regeneriert sich also selbst. Eine Herausforderung bei der Arbeit mit lebenden Organismen ist jedoch, dass es schwieriger ist, die Elektronen – also letztendlich den Strom – aus der Zelle herauszubekommen und für eine technische Anwendung nutzbar zu machen. Genau das gelang dem Forscherteam nun.
Cyanobakterien besitzen zwei Systeme für die Energieproduktion bei Licht und bei Dunkelheit. Bei Licht findet Fotosynthese statt, wobei Wasserstoff und Kohlendioxid verbraucht werden, um Zuckermoleküle und Sauerstoff zu erzeugen. Der Prozess setzt eine Elektronentransportkette in Gang, die die Produktion von Energiespeichermolekülen antreibt. Bei Dunkelheit werden in der sogenannten Zellatmung die gespeicherten Zuckermoleküle unter Verbrauch von Sauerstoff wieder zerlegt, um Energie zu gewinnen. Auch hier spielt der Elektronentransport eine entscheidende Rolle.
Kleines Molekül transportiert Elektronen aus Zelle
Mit ihrer Cyanobakterien-beschichteten Graphit-Elektrode konnten die Forscher Elektronen aus beiden Prozessen, der Fotosynthese und Zellatmung, ableiten und so einen Stromfluss außerhalb der Zelle generieren – und zwar effizienter als in früheren Systemen. Sie fanden heraus, dass ein kleines lösliches Molekül aus den Zellen austritt und die Elektronen zur Elektrodenoberfläche transportiert. Das gelang jedoch nur in ausreichendem Maße, wenn die Gruppe die Zellen sanft vorbehandelte, bevor sie auf die Elektrode aufgetragen wurden. Zu diesem Zweck wurden die Zellen etwas gepresst, sodass die Zellwand nicht mehr vollständig intakt war.
„Es ist nach unserem Wissensstand das erste Mal, dass ein solches Vermittlermolekül gefunden wurde, welches aus den lebenden Zellen selbst stammt, deren Zellwand durchwandern kann und so Elektronen nach außen transportieren kann“, sagt Fangyuan Zhao vom Zentrum für Elektrochemie. Um welche Substanz es sich dabei genau handelt, ist noch unbekannt. Die Analysen ergaben jedoch, dass es ein relativ kleines, wasserlösliches Molekül sein muss, das Zellwände und Membranen passieren kann.
Selbstheilende Energiequelle
„Wir glauben, dass das Cyanobakterien-System das Potenzial hat, eine grüne Energiequelle zu werden“, resümiert Wolfgang Schuhmann, Leiter des Bochumer Lehrstuhls für Analytische Chemie. „Mit einigen Modifikationen sollte es in der Lage sein, lichtgetrieben Strom über eine lange Zeit zu produzieren – weil es alles mitbringt, um sich immer wieder selbst zu regenerieren.“