Millioneninvestition KIT und BASF bauen Megaanlage für chemische Prozesse

In der automatisierten Anlage sollen neue Materialien für die Wirkstoffforschung und die Materialwissenschaften entstehen. Etabliertes Equipment wird dabei mit Open-Hardware-Komponenten kombiniert.

Bild: Patrick Hodapp, KIT
06.08.2021

Eine der modernsten Infrastrukturen zur automatischen Prozessführung in der Chemie wollen das KIT und BASF gemeinsam in Karlsruhe aufbauen. Hergestellt werden sollen dort zunächst neue Substanzen in Bereichen von der Biologie bis zu Materialwissenschaften. Langfristig ist ein Hochdurchsatzverfahren für chemische Reaktionen geplant.

Automatisierte Anlagen für chemische Reaktionen stellen mit hoher Effizienz neue Materialien für verschiedene Anwendungen in Biomedizin, Pharmazie, Elektronik und anderen Bereichen her. Wissenschaftler weltweit arbeiten deshalb an der Entwicklung solcher Produktionsstätten.

„Syntheseanlagen erlauben es, chemische Reaktionen dank automatisierter Abläufe reproduzierbar und standardisiert durchzuführen, ohne dass Menschen Chemikalien ausgesetzt werden“, erklärt Prof. Stefan Bräse, Direktor am Institut für Biologische und Chemische Systeme (IBCS) des KIT. „Zudem erhöhen automatisierte Prozesse den Durchsatz von Reaktionen und damit die Effizienz der Forschungsvorhaben. Dies führt schneller zu neuen Erkenntnissen.“

Das KIT will nun in den kommenden zwei Jahren rund vier Millionen Euro in die Entwicklung einer solchen Syntheseanlage investieren. Angesiedelt ist sie in der Karlsruhe Nano Micro Facility (KNMFi) und soll dort interessierten internen wie externen Forschern dauerhaft Zugang zu einer modernen Infrastruktur in der automatischen Prozessführung ermöglichen. Als strategischer Partner beteiligt sich BASF und führt in der Anlage Projekte durch, beispielsweise zur Identifizierung neuer Wirkstoffe für die Landwirtschaft.

Modularer Aufbau erleichtert Erweiterungen

Im Vorhaben fließen mehrere Projekte zusammen, die Forschende im Arbeitskreis von Bräse und weitere Wissenschaftler des Instituts vorbereitet haben. Planmäßig soll die Anlage, wo immer möglich, Komponenten freier Hardware und Software integrieren, um eine transparente Entwicklung und eine spätere Nutzung auch durch andere Forschende zu ermöglichen. Zudem werden die einzelnen Komponenten des Systems modular zusammengefügt, sodass sich künftige Erweiterungen unkompliziert verwirklichen lassen.

Das KIT stimmt sich dabei mit verschiedenen Konsortien der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI) ab, insbesondere mit der auf Chemie spezialisierten NFDI4Chem. Eine Implementierung der von ihr entwickelten Software und Standards in die Anlage soll für eine langfristig nachhaltige Forschung sorgen und die Bereitstellung von Forschungsdaten nach gängigen Best-Practice-Modellen fördern.

Prozessführung, Robotik und Softwareentwicklung wirken zusammen

Zunächst ist die Syntheseanlage auf Vorhaben in der organisch-synthetischen Chemie ausgerichtet und stellt kleine organische Moleküle von rund zehn bis zu mehreren hundert Milligramm her, beispielsweise für chemische Zwischenprodukte oder pharmazeutische Wirkstoffe. Künftig soll sie sich dann aber auch flexibel nutzen lassen und Reaktionen in kleinem Maßstab durchführen, damit Forscher in einem parallelisierten Verfahren viele Reaktionen gleichzeitig untersuchen können.

Für beide Anwendungsfälle bringt BASF ihre Kenntnisse in das Projekt ein. Das Unternehmen betreibt bereits eine automatisierte Hochdurchsatzplattform an seinem Hauptstandort in Ludwigshafen. „Wir freuen uns sehr auf die Zusammenarbeit mit den beteiligten Gruppen des KIT“, sagt Andy Wieja, Team Leader Combinatorics & Thermal Characterization bei BASF. „Die Entwicklung neuer Technologien am KIT wird neue Impulse für die Synthesevorhaben und Prozessautomation in der BASF liefern und so die Forschung und Entwicklung für künftige Innovationen beschleunigen.“

Das Projekt soll sowohl Experten aus der Prozessführung als auch aus der Robotik, Softwareentwicklung und Konstruktion zusammenbringen, um moderne Technologien mit etablierten Prozessen zu kombinieren. Weitere Partner aus der Forschung und Industrie sind willkommen.

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