Smart Traffic & Mobility Elektrischer Stadtbus zum Nachladen

Mehr Komfort: Der Ellisup bietet einen niedrigen barrierefreien Einstieg sowie ein Maximum an Sitz- und Stehplätzen.

Bild: Iveco
12.06.2014

Ein elektrischer Autobus, der an den Haltestellen wieder aufgeladen werden kann und dessen Betriebskosten zwischen jenen von Diesel- und Oberleitungsbussen liegt, kann eine saubere Lösung für Städte und Kommunen sein.

Die begrenzte Reichweite, das Gewicht und der Preis sind nach wie vor die Hauptargumente gegen Elektromobilität – zumindest beim Privatnutzer. Anders ist die Lage beim Massentransport im öffentlichen Nahverkehr. Denn hier stehen die Kommunen in der Pflicht, für eine lebenswerte saubere Umgebung der Bewohner zu sorgen. Der steigende Individualverkehr und die damit verbundenen Emissionsbelastungen machen den elektrischen Transport in der Stadt daher beinahe unabdingbar.

In Zusammenarbeit mit Michelin und weiteren Partnern entwickelt Iveco Bus im Rahmen des Programms „Ellisup“ [1] einen 100 Prozent elektrischen Autobus, der an den Haltestellen und der Endstation wieder aufgeladen werden kann und dessen Betriebskosten zwischen jenen der Diesel- und der Oberleitungsbusse liegen.

Da das Gewicht in der Elektromobilität ein entscheidendes Thema ist, kam als Basis nur eine sehr leichte, selbsttragende Struktur infrage. Zu berücksichtigen galt dabei eine hohe verfügbare Dachlast, weil der Boden aus Gründen der Barrierefreiheit weitestgehend eben auszulegen war. Große Batterien würden das Konzept des niedrigen, ebenen Bodens zunichte machen. Zusätzlich trägt die kompakte Bauweise der E-Komponenten zur Gewichtseinsparung bei und die Tatsache, dass im Gegensatz zur konventionellen Technik der erhebliche Bauraum für den Verbrennungsmotor, das Getriebe und der Antriebsachse mit dem Differenzial entfällt. Und natürlich wird auch die Verbindung dazwischen überflüssig: die Gelenkwelle. Das Gewicht der Batterie wird durch den Wegfall der Komponenten relativiert.

Effektiver Antrieb

Den Antrieb übernehmen beim elektrischen Stadtbus Ellis­up vier Radnabenmotoren jeweils an den Hinterrädern. Jeder der vier Motoren verfügt dabei über eine Leistung von 50 kW mit dem ab der ersten Umdrehung anstehenden Drehmoment von 200 Nm. Reifenhersteller Michelin verantwortet im Projekt als Systemlieferant das Komplettrad mit Elektroantrieb. Als
Folge eines entscheidenden Vorteils der Abmessungen der Rotationsmaschinen kann die Radgröße sehr klein gehalten werden. Weil der Traglastindex der Reifen für die geforderten Gewichte nicht ausreichten, wurde die Anzahl der Räder von vier auf acht verdoppelt. Zur besseren Manövrierfähigkeit sind sechs der acht Räder gelenkt. Die dritte Achse ist dabei als Drehpunkt starr ausgelegt. Die kleinen Räder bringen gleich mehrere Vorteile:

Zum einen ist der Einstieg so niedrig, dass Fußgänger bequem einsteigen können. Aber auch Personen mit Mobilitätseinschränkungen haben ohne Rollstuhllift mit einfachsten Hilfsmitteln Zutritt, weil die Bordsteinhöhe mit der Einstiegshöhe korreliert. Das Dauerthema der Barrierefreiheit spielt hier also keine Rolle mehr. Ein weiterer Vorteil der kleinen Räder ist der Wegfall der üblicherweise wuchtigen Radkästen. An deren Stelle können pro Rad zwei zusätzliche Sitze angeordnet werden. Durch den Wegfall des Bauraums für den in der Regel heckseitig angeordneten Motor und das Getriebe konnte die hintere Tür erstens breiter und zweitens weiter nach hinten verlegt werden. Dadurch konnten sowohl die mittlere als auch die vordere Tür breiter werden. Der ungehinderte „Personenfluss“ für schnellen Ein- und Ausstieg ist ein deutlicher Vorteil im Einsatz.

Je nach Tourlänge muss genau während der Haltephasen – bei kurzen Touren nur an den Endhaltestellen – nachgeladen werden. Das bedingt einen schnellen Ladevorgang, der nur durch Lithium-Akkus gegeben ist. Das Design des Ellispup ist nämlich nicht auf eine „Tagesration“ an mitgeführter Energie ausgelegt, sondern auf eine Reichweite von etwa acht Kilometern. Der Grund wurde bereits genannt: es ist die Dachlast und der Fakt, keine Batterien im Fahrzeugboden verbauen zu können. Während Batterien, die eine Tageskapazität speichern können, mehr als drei Tonnen wiegen, reichen dem Ellisup 700 Kilogramm mit der Möglichkeit der Nachladung unterwegs.

Über einen Pantographen (Bügel) findet dann der RFID-gesteuerte Ladevorgang statt, der bei Annäherung an die Haltestelle ausgefahren wird. Die Oberleitung ist nur über einen kleinen Bereich von vor bis nach der Haltestelle ausgeführt. Dieses Konzept ist völlig unempfindlich gegenüber Fahrbahnunebenheiten und erfordert kein Präzisionseinparken.

Weitere Informationen

[1] Ellisup ist ein Programm der ADEME (Französische Agentur für Umwelt- und Energiewirtschaft), das Iveco Bus in Zusammenarbeit mit Michelin, RATP, EDF, CEA (Französisches Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien), IFP-Energies Nouvelles, IFSTTAR (Französisches Forschungsinstitut für Verkehr, Straßenausbau und Netze), ERCTEEL (kommerzielle und technische Studien und Umsetzungen im Bereich Elektrizität und Elektronik) und RECUPYL (Innovatives Recycling von Batterien und Wiederaufbereitung von Abfällen aus strategischen Metallen) leitet.

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