Smart Traffic & Mobility E-Mobilität in der Stadt

06.02.2013

Elektromobilität geht über den Austausch eines Antriebssystems bei Fahrzeugen weit hinaus. Vielmehr müssen sich die kommunale Infrastruktur sowie die Stadtentwicklung anpassen. Eine Chance für den Umweltschutz, für lebenswerte Städte und auch für neue Geschäftsmodelle.

Das Elektroauto war schon vor mehr als 30 Jahren aufgrund des Ölpreis-Schocks en vogue. Inzwischen sind viele Jahre vergangen, aber das Auto hat sich noch nicht durchgesetzt. Neben dem technischen Fortschritt hat sich folgende Erkenntnis entwickelt: Eine neue Technik ist nur dann erfolgreich einzusetzen, wenn sie die Menschen mitnimmt. Und Menschen leben nun einmal in Städten und Gemeinden. Daher ist die Meinung von Kommunen wichtig: Was befürchten sie und worin sehen sie Chancen?

Sauberere Städte bieten mehr Lebensqualität. Darum ist Elektromobilität für sie ein wichtiges Thema, nicht zuletzt, weil sich hier auch für die kommunalen Stadtwerke eine große Chance ergibt: Sie bieten ihren Kunden nicht nur Wärme, Kälte, Wasser, Gas und Strom, sondern zukünftig auch Mobilität an. Somit wird der Strommarkt auf den Verkehr ausgeweitet.

Lebensstile berücksichtigen

Elektromobilität ist nur eine Möglichkeit, zukünftig den Verkehr mit einem geringeren CO 2-Ausstoß zu betreiben. Für die Kommunen muss E-Mobilität mehr leisten als mit einer Batterie anstelle eines Tanks zu fahren. Städte und Gemeinden wünschen sich neue Mobilitätskonzepte, die neue Lebensstile und die gesellschaftlichen Entwicklungen berücksichtigen. So ist seit Jahren in Shell-Studien zu lesen, dass den Jugendlichen heute das Smartphone wichtiger ist als das eigene Auto. Sie möchten schnell, kostengünstig und ökologisch von A nach B kommen - egal ob mit Auto, Bahn oder Flugzeug.

Daher muss Elektromobilität mehr sein als nur ein E-Auto. Kommunen müssen Fuß- und Radwegenetze fördern, Verkehr flächensparend abwickeln und Innenstädte durch integrierte Erschließungskonzepte attraktiver machen. Eine Sichtweise nur auf batteriebetriebene Autos ist daher nicht zielführend. Auch Schienenfahrzeuge des Nah- und Fernverkehrs (U- und S-Bahn, Zug), Oberleitungsbusse, Hybridbusse, batteriebetriebene Zweiräder (Pedelec, E-Bike, Segway), Hybridautos, und Elektro-Nutzfahrzeuge sind zu berücksichtigen.

Szenarien für Kommunen

Es stellt sich die Frage, welche Art von E-Mobilität aus verkehrstechnischer Sicht und unter Umweltaspekten tatsächlich besser ist. Ein denkbares Szenario wäre beispielsweise das Elektromobil als „Drittwagen“. Doch den Kommunen nutzt es wenig, wenn zum Zweitwagen ein weiteres Luxusauto hinzukommt. Denn es fehlt schon für die vorhandenen Fahrzeuge eine Parkmöglichkeit im öffentlichen Raum. Auch der bloße Ersatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch solche mit Elektromotor - ebenfalls ein denkbares Szenario - hilft den Städten beim Berufsverkehr nicht weiter.

Nachhaltig wären nur sogenannte ganzheitliche Alternativen als drittes Szenario: Erstens Modelle zur Kollektivnutzung, also Stärkung von Fahrzeugnutzung gegenüber Fahrzeugbesitz wie bei Ca-Sharing, Firmenwagen und so weiter, und zweitens unterschiedliche Fahrzeuge für Ballungsraum, Fernverkehr und weitere Einsatzgebiete. Nur mit solchen ganzheitlichen Konzepten ist Elektromobilität für Kommunen attraktiv.

Dabei wird die Rolle der Kommunen beim Umsetzen der E-Mobilität meist unterschätzt. Tatsächlich ergeben sich zahlreiche Handlungsfelder. So sind die ordnungspolitischen Instrumente meist Bundes- und Landesvorgaben, die von den Kommunen umzusetzen sind. Sie können jedoch die Vorgaben entscheidend mitgestalten, etwa durch Kontrollmaßnahmen wie in der Straßenverkehrsordnung, der Verkehrssicherheit und bei Sicherheitsstandards.

Ferner kann die Kommune Nutzervorteile einräumen und Anreizsysteme schaffen. In finanzieller Hinsicht wären dies Sonderrechte der Straßen- und Wegenutzung wie gebührenfreie Parkplätze für Carsharing- und E-Fahrzeuge, die Befreiung von der City-Maut, das Nutzungsrecht für Busspuren und Ausnahmeverordnungen für die Zeit der Markteinführung.

Diese Ansätze werden jedoch kontrovers diskutiert, denn Aspekte wie Gleichbehandlung und Behinderung des Busverkehrs müssen ebenfalls berücksichtigt werden. An nichtfinanziellen Ansätzen bietet sich als Steuerungsinstrument die Emissionsgesetzgebung an - hier besonders die Festlegung von Schadstoffgrenzwerten oder von Flottendurchschnittswerten für den CO 2-Ausstoß.

Auch eine Änderung der Beschaffungsrichtlinie könnte den Ausbau der E-Mmobilität beschleunigen. Denn die kommunalen Fahrzeugflotten sind dabei von erheblicher Bedeutung, unter anderem aufgrund ihrer Vorreiterrolle, aber auch wegen der geringen Reichweite und des großen Einsatzspektrums - etwa in der Abfallwirtschaft oder Öffentlichkeitsarbeit - sowie der hohen Einsatzintensität.

Große Hoffnung setzen Kommunen auf eine reduzierte Umweltbelastung durch Elektromobilität. Dies kann auf vielfache Weise geschehen, zum Beispiel als emissionsfreier lärmarmer Individualverkehr, durch Stärken der Klimaschutzmaßnahmen sowie durch Fördern erneuerbarer Energien.

Ein in vielen Kommunen noch wenig beachtetes Handlungsfeld ist das Stärken kommunaler Unternehmen, beispielsweise unter Leitung der Wirtschaftsförderung. So können Kommunen die wirtschaftspolitischen Ziele der Bundes- und Landesregierung in der E-Mobilität unterstützen und die heimische Automobil- und Zulieferindustrie fördern - etwa durch Initiierung von Aus- und Weiterbildungsprojekten gemeinsam mit der Kfz-Innung und den Berufskollegs. Das kann qualifizierte Arbeitsplätze in der Region schaffen oder erhalten.

Aber auch Stadtwerke und kommunale Energieversorger stehen vor neuen Aufgaben, für die letztendlich neue Geschäftsfelder entstehen. Dazu gehört der Aufbau dezentraler regenerativer Energieerzeugungs- und Speichersysteme, das Ertüchtigen des Stromnetzes und letztendlich ein neues Produkt: Autostrom aus 100 Prozent erneuerbarer Energie.

Aus den ÖPNV-Unternehmen (öffentlicher Personennahverkehr) werden integrierte Mobilitätsdienstleister. Sie bieten beispielsweise Leihfahrzeuge wie Elektro-Pkw oder Pedelecs in Kombination mit dem ÖPNV an.

Gesamtplanerische Verkehrskonzepte

Das Erstellen eines gesamtstädtischen Verkehrskonzeptes „Elektromobilität“ ist somit nur in Kooperation mit den Verkehrsbetrieben sinnvoll. Hierbei ist der Elektroverkehr als Teil der kommunalen Siedlungs-, Stadt- und Verkehrsplanung und der gesamtstädtischen Energiekonzeption zu sehen. All dies dient dem Ziel, Verbrennungsfahrzeuge zu ersetzen. Ansätze dafür wären ein verändertes Verhalten, wie das „Benutzen statt Besitzen“ von Fahrzeugen, aber auch eine veränderte Planung, die die Nahraum-Erreichbarkeit stärkt, also das Verdichten der Zentren fördert. Ebenso müssen innerstädtischer Lieferverkehr, Sozialdienste, Taxen, Carsharing, Müllabfuhr, Straßenreinigung und andere Transportfelder neu geregelt werden, wie etwa die Etablierung von Umladestationen am Stadtrand: In der Umweltzone dürfen sich nur noch Elektrolastwagen bewegen oder aber ein Leihfahrzeug-Pool von kommunalen Unternehmen.

Bei neuen innerstädtischen Mobilitätskonzepten sollte großer Wert auf gute Verknüpfung mit dem ÖPNV gelegt werden. Somit sind alle Verkehrsträger einzubeziehen. Dies kann durch Kooperation mit ÖPNV-Angeboten im Nah- und Fernverkehr erfolgen sowie durch bessere Abstimmung zwischen ÖPNV und Radverkehr. So müssen auch veränderte Transportmodi verbessert werden, etwa der Umstieg von einem Verkehrsmittel auf ein anderes: Sie müssen besser vernetzt und integriert sein, neue Angebotsformen muss es geben und die Schnittstellen und Nutzeroberflächen in der Informations- und Kommunikationstechnik müssen standardisiert sein.

Ein weiterer Punkt ist die Ladeinfrastruktur im privaten und teilöffentlichen Raum, etwa bei kommunalen Unternehmen, auf Firmenparkplätzen oder vor Einkaufszentren und im öffentlichen Raum. Projekte zeigen, dass der Aufbau der Ladeinfrastruktur mit großen Investitionen und geringem Erlös verbunden ist und dass weniger öffentliche Ladeinfrastruktur benötigt wird als noch vor zwei Jahren vermutet. So muss die sie teilweise durch die Nutzer finanziert werden, beispielsweise über die Parkgebühr. Eine Finanzierung durch die Kommunen wird aufgrund der knappen Kassen nicht möglich sein.

Elektromobilität soll letztlich nicht nur in die Mobilitätskonzepte, sondern auch in weitere städtebauliche, umwelt- und energiepolitische Gesamtkonzepte eingebunden werden: Über Siedlungsverdichtung an den ÖPNV-Achsen können beispielsweise durch Park+Ride-Parkplätze attraktive Angebote für Elektrofahrzeuge geschaffen werden und mit der Lärmreduzierung verbessert sich die Lebensqualität in der Stadt.

Elektromobilität kommt nur mit Kommunen

Warum ist es sinnvoll, Kommunen bei der Planung mit einzubeziehen? Kommunen können zunehmend Einfluss auf die Meinungsbildung nehmen und damit einer einseitigen Belastung entgehen. Sie können deutlich machen, dass die einseitige Fokussierung auf Elektroautos und die Ausblendung des ÖPNV sowie des Zweiradverkehrs die Probleme der Kommunen nicht löst.

Sie können weitere Probleme des konventionellen Verkehrs ansprechen, die bisher keine Berücksichtigung fanden, dazu gehören zum einen Platzbedarf und Flächenversiegelung sowie ein hoher Ressourcenverbrauch und Energiebedarf. Nicht zuletzt werden sie fordern, dass Elektromobilität ausschließlich mit erneuerbarer Energie betrieben wird, sodass eine tatsächliche Klima-Entlastung eintritt.

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