Ortung von Leckagen Defekte in Druckluftanlagen sekundenschnell aufspüren

Eine Wärmebildkamera fotografiert im Sekundentakt leckageanfällige Stellen einer Druckluftanlage. Überall, wo Luft ausströmt, liegt die Temperatur ein paar Grad tiefer.

Bild: Rainer Bez, Fraunhofer IPA
26.01.2021

Forscher haben ein neues Verfahren getestet, um undichte Stellen in Druckluftanlagen zu finden. Statt Ultraschall nutzen sie eine Wärmebildkamera, die Temperaturabsenkungen feststellt. Doch wie lässt sich herausfinden, welches Bauteil tatsächlich defekt ist? Auch dafür haben die Forscher etwas Neues ausprobiert.

Die gut 60.000 Druckluftanlagen, die in Deutschland in Betrieb sind, verbrauchen zusammen sieben Prozent des gesamten Stromverbrauchs der Industrie. Mindestens 30 Prozent dieser Kosten ließen sich einsparen, wenn die vielen Leckagen in den Anlagen sofort erkannt und behoben werden würden.

Doch bisher spüren die meisten Unternehmen undichte Stellen höchstens einmal im Jahr auf. Zum Einsatz kommt dabei meist ein Ultraschallmessgerät. Es registriert die für menschliche Ohren nicht hörbaren Frequenzbereiche, mit denen die Luft aus winzigen Löchern und undichten Verbindungsstücken entweicht.

Wärmebildkamera spürt Leckagen auf

Um der Verschwendung ein Ende zu setzen, spüren Christian Dierolf und Christian Schneider von der Abteilung Industrielle Energiesysteme am Fraunhofer IPA Leckagen nun mit einer Wärmebildkamera auf. Sie ist fest an einer Druckluftanlage montiert, die die beiden Forscher zu Demonstrationszwecken aufgebaut haben.

Im Sekundentakt fotografiert sie Stellen, die besonders anfällig für Leckagen sind. Der Clou: Überall, wo Luft ausströmt, sinkt die Temperatur um 2 bis 3 °C. Ein Industrie-PC, der mit dem Druckluftdemonstrator verbunden ist, wertet die Aufnahmen der Wärmebildkamera aus und meldet auffällige Temperaturveränderungen.

Welches Bauteil ist kaputt?

Bisher ging mit der aufgespürten undichten Stelle die Sucherei aber erst richtig los: „Druckluftanlagen bestehen oft aus mehreren Tausend verschiedenen Bauteilen, deren korrekte Bezeichnung kaum jemand abrufbereit im Kopf hat“, sagt Dierolf. Doch das langwierige Durchforsten von Datenbanken und Katalogen könnte bald ein Ende haben. Eine Bilderkennungsapp, die Dierolf und Schneider entwickelt haben, soll das betroffene Bauteil in Sekundenschnelle identifizieren.

Dazu muss der Nutzer das fragliche Bauteil lediglich mit der Handykamera fotografieren, idealerweise aus höchstens 10 cm Entfernung. Ein künstliches neuronales Netz gleicht die Aufnahme dann mit den Fotos, die in einer Bilddatenbank hinterlegt sind, ab und spielt die korrekte Produktbezeichnung aus.

20 Bauteile haben die beiden Forscher bereits in die Bilddatenbank aufgenommen. Dazu haben sie diese auf einem Drehteller platziert und aus verschiedenen Blickwinkeln fotografiert. „Weil sich in der Praxis ein unruhiger Bildhintergrund kaum vermeiden lässt, haben wir die Aufnahmen in der Datenbank mit jeweils 50 verschiedenen Hintergründen kombiniert“, erklärt Schneider. Damit haben die beiden Wissenschaftler die Algorithmen so trainiert, dass sie sich nicht aus dem Konzept bringen lassen, wenn außer dem defekten Bauteil noch mehr auf dem Handyfoto zu sehen ist.

AR-Brillen zeigen Verschwendung an

Möglich wäre es nun, die Bilderkennungsapp um einen Onlineshop zu erweitern, über den sich die entsprechenden Ersatzteile mit wenigen Klicks bestellen lassen. Dierolf und Schneider schwebt aber etwas anderes vor: Sie sehen ihre App als Ausgangspunkt für Augmented Reality.

So könnten AR-Datenbrillen beispielsweise den Hinweis einblenden, welche Kosten die aufgespürte undichte Stelle Monat für Monat verursacht, wenn sie nicht umgehend repariert wird. Das würde ein Bewusstsein über das Ausmaß der Energie- und Geldverschwendung schaffen.

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