Interview über die Umsetzung einer Smart Factory „Veränderungen erfordern auch eine gute Kommunikation“

Helukabel GmbH

Ralf Preißer, Werksleiter bei Helukabel: „Wir haben viel Basiswissen zum Thema Lean Management geschult, woraus einige tolle Projekte entstanden sind: etwa zur Arbeitsplatzgestaltung, Rüstzeitoptimierung, Automatisierung oder im administrativen Bereich. Vieles davon haben wir gleich in die Praxis umgesetzt.“

Bild: Helukabel
16.06.2025

Das Helukabel-Produktionswerk im fränkischen Windsbach gilt als eines der modernsten seiner Art. Und auch in Zukunft soll sich der Standort weiterentwickeln – hin zu einer digitalisierten und vernetzten „Smart Factory“, geplant und gesteuert mithilfe von Ideen und Methoden des Lean Management. Werksleiter Ralf Preißer erklärt im Interview, worauf es bei solch einer Transformation ankommt und wie die Kunden von Helukabel davon profitieren.

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Sie sind seit Mai 2023 Leiter des Helukabel-Produktionswerks Windsbach. Zuvor waren Sie bei einem Maschinen- und Anlagenbauer tätig. Warum der Wechsel in die Kabelbranche?

Für mich war gar nicht so sehr die Branche ausschlaggebend, sondern eher Helukabel als Unternehmen. Helukabel ist in den vergangenen Jahren bemerkenswert gewachsen und in wichtigen Branchen wie den erneuerbaren Energien und der E-Mobilität hervorragend aufgestellt – das heißt, auch die Aussichten für die Zukunft sind spannend und erfolgversprechend. Ich war außerdem bislang fast nur in Familienunternehmen beschäftigt – da lag es nahe, auch wieder in ein Familienunternehmen zu wechseln, noch dazu in eines, das weltweit aktiv ist. Das Kabelwerk Windsbach ist technologisch ganz weit vorne, und die Gelegenheit, diesen Standort auf seinem Weg hin zur Smart Factory zu begleiten und mitzugestalten, war für mich eine äußerst reizvolle neue Herausforderung.

Inwiefern unterscheidet sich Ihr Job bei Helukabel von Ihren bisherigen Tätigkeiten?

Wenn ich ehrlich bin, gar nicht so sehr. Natürlich hat jedes Unternehmen seine eigenen Strukturen, aber viele meiner Aufgaben als Werksleiter überschneiden sich auch mit bisherigen Tätigkeiten. Die Technologien und Produkte, mit denen ich es hier zu tun habe, sind für mich neu. Hinzu kommt, dass Normen und Regularien in der Kabelbranche eine sehr prägnante Bedeutung haben. Im Management sind die Themen und Herausforderungen jedoch oft gleich, egal in welcher Branche.

Wie sieht ein typischer Arbeitstag bei Ihnen aus?

Jeder Tag hält für mich neue Herausforderungen bereit: Etwa Führungsaufgaben wie Abstimmungs- und Projektgespräche mit Mitarbeitern in der Fertigung. Häufig geht es dabei um strategische Themen: Was sind unsere Ziele? Sind wir auf dem richtigen Weg dorthin? Wo müssen wir eventuell nachschärfen? Ich beschäftige mich aber auch mit technischen Aspekten, etwa was die Qualität unserer Produkte angeht, und treffe dafür die nötigen Entscheidungen. An anderen Tagen gilt es, sich Gedanken über Benefits für unsere Kolleginnen und Kollegen zu machen, Werksbesuche zu betreuen und unseren Standort zu präsentieren oder verschiedene Audits durchzuführen. Bei alldem versuche ich immer auch ein offenes Ohr für unsere Mitarbeiter zu haben, etwa wenn es einmal private Probleme gibt.

Das Helukabel-Werk Windsbach gilt als eins der modernsten Kabelwerke Europas. Woran machen Sie das konkret fest?

Zunächst einmal an der extrem guten Ausstattung. Unsere Anlagentechnik ist hochmodern, ein Ergebnis der hohen Investitionsbereitschaft in den vergangenen Jahren. Das ist auch etwas, das uns von unseren Wettbewerbern abhebt, und macht uns in der Produktion äußerst flexibel. Die Produktvielfalt, die wir hier in Windsbach fertigen, ist bei anderen Herstellern so nicht gegeben. Hinzu kommt ein langjährig erfahrenes und kompetentes Team, das mit seinem Know-how stets den Anspruch hat, die beste Lösung für unsere Kunden zu realisieren.

Eines Ihrer Fachgebiete ist Lean Management, also die möglichst effiziente Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette. Welche Veränderungen konnten Sie hierfür bei Helukabel bereits bewirken?

Die Basis jeder Lean-Transformation sind eine klare Vision und Mission – also welches Ziel verfolgt man, wohin möchte man das Unternehmen und seine Mitarbeiter entwickeln? Wir haben dafür einen Zielentfaltungsprozess nach der Hoshin-Kanri-Methode installiert. Jeder Mitarbeiter bekommt dabei das Wissen und die Ziele vermittelt, um gemeinsam an unserer Mission zu arbeiten. Das erfordert auch eine gute Kommunikation, damit die Mitarbeiter den Sinn hinter dieser Veränderung verstehen und strategische Entscheidungen nachvollziehen können. In der Fertigung gibt es bei uns zwei Pilotabteilungen, die mit digitalen Boards arbeiten. Dort werten die Mitarbeiter gemeinsam mit ihren Führungskräften die Kennzahlen aus, die für die tägliche Arbeit relevant sind, um Optimierungspotenziale zu identifizieren. Wir haben viel Basiswissen zum Thema Lean Management geschult, woraus einige tolle Projekte entstanden sind: etwa zur Arbeitsplatzgestaltung, Rüstzeitoptimierung, Automatisierung oder im administrativen Bereich. Vieles davon haben wir gleich in die Praxis umgesetzt. Wir haben uns auch strukturell verstärkt und eine eigene Lean-Abteilung gegründet. In Zukunft wollen wir weiter in Richtung papierlose Auftragsabwicklung gehen, durch einen hohen digitalen Vernetzungsgrad in Fertigung und Administration. Ein weiteres Ziel ist, Verschwendung, Abfälle und Energieverbrauch zu minimieren.

Welche Bedeutung haben Digitalisierung und Automation in der Kabelindustrie?

Meiner Meinung nach wird dieses Thema in den nächsten Jahren entscheiden, welches Unternehmen überlebt und welches nicht – zumindest in Deutschland. Die Devise lautet seit Jahren „wir müssen vernetzen“, aber mittlerweile sind die technischen Möglichkeiten dafür auch verfügbar. Bei Themen wie Ausschussrate, Maschinenbelegung und -verfügbarkeit, wertstromorientierter Fertigungssteuerung oder vorausschauender Wartung bieten die neuen Technologien ein enormes Potenzial. Allerdings muss man sich damit intensiv auseinandersetzen und seine Prozesse entsprechend anpassen. Wichtig ist auch, dass durch die Technisierung nicht das Wissen und die Erfahrung der Mitarbeiter verloren geht. Hier gilt es, geeignete Plattformen für den Austausch zu schaffen. Eine echte Revolution erwarte ich in den nächsten Jahren durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz. Diese wird die Vorhersagbarkeit und Planbarkeit von Fertigungsprozessen, Qualität, Rohstoff- und Energiebedarfen oder Wartungsintervallen auf ein ganz neues Niveau heben. Wir bei Helukabel befassen uns damit schon heute.

Viele Branchen registrieren seit Jahren einen Trend zur Individualisierung, auch die Kabelindustrie. Wie gut ist Helukabel für die Herstellung von immer mehr Produktvarianten in immer kleineren Mengen gerüstet?

Natürlich bevorzugen Hersteller in der Kabelindustrie aufgrund der Längenfertigung große Losgrößen. Kunden wollen aber flexibel sein und keine riesigen Lagerbestände aufbauen, sondern schnell auf Veränderungen des Marktes reagieren können. Die Kabelbranche war hier viele Jahre eher traditionell unterwegs und hat sich auf Standardprodukte fokussiert. Mittlerweile sind Sonderlösungen aber immer gefragter, weshalb man auch in der Fertigung entsprechend variabel sein muss. Bei den Rüstzeiten lässt sich vieles optimieren, etwa durch Schnellwechselsysteme, externes Vorrüsten oder digitale Rüstpläne, mit denen man Prozesse vereinheitlichen und standardisieren kann. Wichtig ist auch hier, den Mitarbeiter an der Maschine mit seinem Fachwissen und seiner Erfahrung mit einzubeziehen.

Das Helukabel-Werk Windsbach verfügt über eine eigene Konstruktionsabteilung, die gemeinsam mit den Kunden maßgeschneiderte Kabel und Leitungen entwickelt. Wie unterscheidet sich die Fertigung dieser Sonderlösungen von der eines Standardprodukts?

Bei der Entwicklung von Sonderlösungen ist es wichtig, den Kunden von Anfang an zu begleiten und sich bereits im Vorfeld intensiv abzustimmen. Unsere Kollegen in der Abteilung verfügen über ein immenses Know-how, das sie an unsere Kunden weitergeben können – von der Konstruktion über die Verfahrenstechnik bis zur Qualitätssicherung. Dadurch können wir den Kunden viele Arbeitsschritte abnehmen. Die Erstfertigung jeder Sonderleitung wird von uns besonders eng überwacht, damit wir bei Bedarf unmittelbar nachjustieren und aufkommende Schwierigkeiten umgehend beheben können. Anschließend begleiten wir unsere Kunden auch bei Einbau und Inbetriebnahme, bis wir mit Sicherheit sagen können, dass alles einwandfrei funktioniert.

Nachhaltigkeit spielt in der Industrie eine immer wichtigere Rolle. Was tut Helukabel, um seine Produktion möglichst ressourcenschonend und umweltverträglich zu gestalten?

Auch in diesem Zusammenhang sind kleine Losgrößen eine Herausforderung – denn sie bedeuten bei jeder Fertigung Anlaufverluste. Diese wollen wir minimieren, indem wir das „Einschwingen“ des Systems so gering wie möglich halten. Das erreichen wir etwa durch optimierte Rüstprozesse und durch Erkenntnisse aus der Digitalisierung. Abfälle werden einem durchdachten Wiederverwertungskreislauf zugeführt. Wir trennen zum Beispiel die Mantelmaterialien von den Kupferadern, um Vorarbeit für unsere Recycler zu leisten. Bei Investitionen in neue Anlagentechnik achten wir zudem besonders auf Umweltverträglichkeit und Energieeffizienz. Das gleiche gilt bei der Anschaffung von Verbrauchsmaterialien wie beispielsweise Druckfarbe. Energie erzeugen wir selbst mit einer Photovoltaik-Anlage auf unserem Dach. Unser Umweltmanagementsystem ist nach ISO 14001 zertifiziert. Eine Voraussetzung hierfür ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess – das heißt, wir suchen ständig nach Mitteln und Wegen, um noch nachhaltiger zu arbeiten.

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