Steuerungstechnik Im Team steuert es sich besser

Phoenix Contact Deutschland GmbH



02.04.2013

Die Karosserie des Audi A3 wird am Standort Ingolstadt in Leichtbautechnik gefertigt. Die Karosseriebaulinie für die dritte Modelgeneration stellt an die Automatisierung besondere Anforderungen hinsichtlich Flexibilität, Performance und Diagnose.

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Die Karosserie des A3 wird in einem neuen Produktionsgebäude auf zwei Ebenen gefertigt, mit rund 800 Robotern. Die komplette Baulinie ist in 130 Einheiten unterteilt, die Zellen. Jede Zelle wird von einer Hochleistungs-Sicherheits-SPS vom Typ RFC 470S von Phoenix Contact gesteuert. Die Datenübertragung per Profinet/Profisafe-System ermöglicht den Aufbau flexibler Netztopologien; das erleichtert die Planung der Anlagen. Außerdem können die Daten per WLAN weitergeleitet werden und bieten so die Grundlage für eine flexible und schnelle Framer-Applikation mit Safety-Ventilinseln. Über den Anlagen installierte Fördertechnik, die ebenfalls mit der Sicherheits-SPS gesteuert wird, transportiert das Material zwischen den Zellen. Da die fördertechnischen Anlagen weiträumig über mehrere Ebenen verteilt sind, ergeben sich besondere Anforderungen an die Bediengeräte und die Strukturierung des Profinet-Netzwerks.

Reduzierte Taktzeiten

Die gewählte SPS ist eine Kombination aus einer gemäß IEC 61131 programierbaren Standard-SPS und einer bis SIL 3 zugelassenen Safety-Steuerung. Daher sind in das Gerät zwei CPU-Hardware-Plattformen integriert. Während eine Plattform für die Standardapplikation und Profinet-Kommunikation zuständig ist, bereitet die andere die Profisafe-Telegramme auf und führt die Safety-Anwendung aus. Aus dieser Konstellation resultieren einige Vorteile für den Anwender. Zum Beispiel werden das Standard-Anlagenprogramm und das Safety-Programm parallel und unabhängig voneinander im RFC 470S abgearbeitet, die Steuerungseinheiten beeinflussen sich zeitlich nicht gegenseitig. Das hält die Programmzykluszeiten sowohl auf der Standard- als auch der Safety-Seite gering. Weil der komplette Produktionstakt einer Zelle in mehrere Arbeitsschritte - also SPS-Zyklen - unterteilt wird, wirkt sich das maßgeblich auf die Taktzeiten der Zellen aus. Zudem erfordert die Ansteuerung der einzelnen Befehlsgeräte wie Roboter oder Frequenzumrichter ein Hand-shake-Verfahren, so dass auch hier zusätzliche SPS-Zyklen anfallen. Mit dem RFC 470S wurde die Zykluszeit in den Audi-Anlagen nachweislich auf durchschnittlich zwölf Millisekunden reduziert. In Summe lässt sich in größeren Produktionszellen eine Taktzeit-Ersparnis von bis zu einer Sekunde erreichen. Die Steuerungen werden mit zwei ineinander verzahnten Tools programmiert. Für die Hardware-Konfiguration des Profinet-Systems und um die Standardapplikation gemäß IEC61131 zu erstellen, kommt das Engineering Tool PC Worx zum Einsatz. Über das zertifizierte Software-Werkzeug Safetyprog programmiert man die in den RFC 470S integrierte Safety-SPS. Dabei müssen Funktionen wie Not-Halt, Schutztürkontakte, mit Sicherheitsgitter ausgestattete Einlegebereiche sowie Safety-Roboter und sichere Antriebe betrachtet werden. Safetyprog unterstützt den Anlagen-Programmierer auch bei der sicherheitstechnischen Abnahme der Anlage. Durch die zwei getrennten Programmier-Oberflächen kann der Anlagen-Programmierer außerdem den Standard-Teil des Anlagenprogramms ohne Safety-Kenntnisse erstellen und in Betrieb nehmen.

Schnell generierte Bedienoberflächen

Eine gemeinsam von den Audi- und Phoenix-Contact-Mitarbeitern erarbeitete Bausteinbibliothek für PC Worx umfasst alle Software-Funktionen, die zur Programmierung der Produktionszellen erforderlich sind. Dazu gehören die Steuerungslogik, das Störmelde-Management und die Ankopplung an die Bedieneinheiten via OPC. Aufgrund der Standardisierung konnte man die Arbeitsschritte zur Erstellung der Anlagenprogramme automatisieren. Dafür wurden entsprechende Schnittstellen in PC Worx implementiert, um die Profinet-Namen, den Gerätetyp und die IP-Adressen aus dem Hardware-Plan in das Engineering-Tool zu importieren. Auch die Funktionen für Roboter, Ventilinseln sowie Antriebs- und Fördereinheiten in Form von Objekten sind visualisiert. Abhängig vom jeweiligen Kontext lässt sich eine Funktion durch unterschiedliche Visualisierungs-Objekte darstellen. Beispielsweise wird ein Roboter in der Bedienungsebene durch eine Button-Leiste angezeigt, während er in der Anlagenübersichts-Seite als animiertes Symbol erscheint. Da die Funktions-Bibliothek von PC Worx mit den Visualisierungsobjekten verzahnt ist, generiert sich die Visualisierung der Produktionszellen automatisch. Dabei bedient sich der Visualisation Wizard - auch VisWiz genannt - der Schnittstellen des Engineering-Tools und der Visualisierung. Auf diese Weise lassen sich für eine durchschnittliche Produktionszelle innerhalb weniger Minuten 50Visualisierungsseiten mit insgesamt 300Objekten automatisch und fehlerfrei erstellen. Der VisWiz berücksichtigt zudem die Navigation zwischen den Seiten, die Beschriftung der Objekte und die OPC-Ankopplung. Das reduziert den Aufwand für die Erstellung der Bedienoberfläche einer Produktionszelle um 90Prozent.

Störungen werden übersichtlich dargestellt

Eine hohe Anlagenverfügbarkeit hängt insbesondere von den vom Automatisierungs-System zur Verfügung gestellten Diagnosemöglichkeiten ab. In der Applikation können Störungen beispielsweise verklemmte Zylinder oder verfahrbare Werkzeuge sein, die nicht in Position stehen. Sie werden von den Funktionsbausteinen erkannt und sofort über die Steuerung RFC 470S an das zentrale Leitsystem der Karosseriebaulinie gemeldet. Aber auch bei den Profinet-Devices, im Netzwerk sowie bei Profisafe kann es zu Störungen kommen. Diese erfasst die Steuerung. Der RFC 470S bietet eine Diagnoseschnittstelle, womit er auch Fehler in der Systemebene an die zentrale Leittechnik übertragen kann.In den Anlagen der Karosseriebaulinie sind die in der Nähe der Schweißapplikationen installierten Profinet Devices per Lichtwellenleiter (LWL) an die Steuerung gekoppelt. Die Geräte messen auf ihrer ankommenden LWL-Schnittstelle die Empfangslichtleistung, die dann in ihren Profinet-Diagnoseregistern gespeichert wird. Ferner lassen sich die Streckenlängen aus den Diagnoseregistern auslesen. Beide Daten dienen als Indikator für die Qualität des LWL-Übertragungsmediums und man kann sie auch als Abnahmekriterium verwenden. Zu diesem Zweck listet Diag+ jede LWL-Verbindung zwischen den Profinet Devices mit der jeweiligen Empfangslichtleistung und der Streckenlänge in einem Protokoll auf. Die als PDF zur Dokumentation abgelegte Aufzeichnung fungiert bei einer späteren Überprüfung der LWL-Übertragungsstrecken als Vergleichsgrundlage. Diag+ vergleicht automatisch und zeigt dem Anwender die Veränderungen auf den LWL-Strecken übersichtlich an. Die Steuerung RFC 470S liest die Empfangslichtleistung der Profinet Devices ebenfalls regelmäßig ein und wertet sie in der Applikation aus. Verschlechtert sich eine Übertragungsstrecke, wird dies durch die Applikation erkannt und der zentralen Leittechnik gemeldet. Die Mitarbeiter können also vorbeugende Wartungsmaßnahmen einleiten, bevor es in der Anlage zu einer Störung kommt.

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