Sicherheitssensoren Hilfe beim Manipulationsschutz

Elektromagnetische Verriegelungen werden in der ISO 14119 aufgeführt. Diese beschreibt die Prinzipien und definiert auch die Anforderungen an Produkte für solche Verriegelungen.

Bild: Pilz
23.10.2014

Verriegelungsmechanismen an Maschinen werden gerne mal manipuliert. Das kann zu Unfällen führen oder auch die Ergonomie des Arbeitsplatzes und die Produktivität beeinträchtigen. Abhilfe schafft hier eine neue Norm, die das Umgehen von Schutzeinrichtungen als zentrales Thema hat.

Sicherheitstechnik steht im Spannungsfeld zwischen der größtmöglichen Sicherheit des Maschinenbedieners, maximaler Produktivität und Ergonomie des Arbeitsplatzes. Die Herausforderung lautet, Schutzeinrichtungen so zu dimensionieren, dass sie einerseits den gesetzlichen Anforderungen an die Maschinensicherheit gerecht werden und andererseits einem produktiven und für den Menschen ergonomischen Betrieb der Maschine nicht entgegenstehen. Die Norm EN ISO 14119 hat das Umgehen von Schutzeinrichtungen als zentralen Punkt aufgenommen und beschreibt die Auswahl und den Einsatz von sicherheitsgerichteten Verriegelungseinrichtungen. Sie ist die Nachfolgenorm der EN 1088.

Manipulation – also das Verändern einer Maschine, dass sie ohne Schutzmaßnahmen verwendet werden kann – kann zum dauerhaften oder vorübergehenden Umgehen einer Schutzeinrichtung führen. Verschiedene Untersuchungen belegen einen Zusammenhang zwischen dem Umgehen von Schutzeinrichtungen und Unfällen an Maschinen. Expertenschätzungen zufolge sind 25 Prozent aller Unfälle auf Manipulation zurückzuführen. Laut einer Befragung des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften wird mehr als jede dritte Schutzeinrichtung dauerhaft oder vorübergehend manipuliert.

Verschiedene Anwendungsszenarien erfordern den Einsatz unterschiedlicher Maßnahmen und damit auch verschiedenste Technik. Anwendungen lassen sich nach Maschinentypen, Maschinenbereichen und den verschiedenen Arbeitsprozessen während des Maschinenzyklus unterscheiden. Inbetriebnahme, Einrichtungs- und Vollautomatikbetrieb stellen unterschiedliche Anforderungen an die Bedienung der Maschine und geben daher unterschiedliche Anreize zur Manipulation. Demnach gibt es auch unterschiedliche Ansätze und Anreize Manipulation zu verringern: Einmal über das Maschinendesign, dann durch die Auswahl von Komponenten und schließlich durch die Prägung der Unternehmenskultur.

Maschinendesign und Komponentenauswahl

Mit dem Festlegen und Gestalten einer Maschine oder einer Produktionslinie sollten Ergonomie, Kontrollmöglichkeiten, Führung des Maschinenbetreibers und das Fernhalten potenzieller Gefahren beachtet werden. Hier ist es wichtig, dass sich bei der Konstruktion der Maschine Mechaniker und Elektriker abstimmen – zum Beispiel mit Blick auf Reaktionszeiten von Mensch, Mechanik und Elektrik.

Auch der Einfluss der einzelnen Komponenten auf Ergonomie und Kontrollmöglichkeiten ist nicht zu vernachlässigen. Werden schon in der Konzeptionsphase der Maschine Anreize zur Manipulation ausgeschlossen, kann sie kostengünstig und durchgängig ausgestattet werden. Hierfür sollte die Hilfestellung aus der Norm EN ISO 14119 benutzt werden.

In der Norm sind Verriegelungseinrichtungen in Klassen eingeteilt und es werden vier Bauarten unterschieden. Zu den Bauarten Eins und Zwei gehören mechanische Verriegelungseinrichtungen. Ein Beispiel für Bauart Eins sind etwa die uncodierten Scharnierschalter Psenhinge von Pilz, die für dreh- und schwenkbare Türen und Klappen geeignet sind.

Codierte mechanische Schalter hingegen zählen zur Bauart Zwei. Ein codierter Betätiger ist ein speziell gestaltetes Betätigungselement, das zu einem zugewiesenen Schalter gehört. Mechanische Sicherheitsschalter wie Psenmech mit Zuhaltung von Pilz sorgen für die Verriegelung (Zuhaltung) der Schutztür, bis der gefährliche Produktionsprozess beendet ist. Außerdem können sie das Unterbrechen der Produktion durch unbefugten Zugang verhindern.

Zur Bauart Drei gehören beispielsweise induktive Sensoren, die auf bestimmte Metalle auslösen und damit uncodiert sind. So erfasst etwa der sichere Näherungsschalter Psenini berührungslos die Annäherung metallischer Objekte. Der induktive Sensor liefert die ­notwendigen sicheren Signale über Positionen und Endlagen und gewährleistet damit einen reibungslosen Produktionsablauf.

Zur Bauart Vier wiederum gehören codierte magnetische Sensoren oder solche mit RFID. Codierte Sicherheitsschalter wie der Psencode von Pilz dienen sowohl der Stellungsüberwachung von trennenden Schutzeinrichtungen als auch der Positionsüberwachung. Für eine genaue Unterscheidung teilt die Norm Verriegelungseinrichtungen zusätzlich in die Codierungsstufen niedrig, mittel und hoch ein.

Erstmals werden in der Norm auch neue Schaltertypen wie die elektromagnetischen Verriegelungseinrichtungen mit Zuhaltung beschrieben. Diese arbeiten verschleißfrei in der Verriegelung und in der Zuhaltung. Ein Beispiel hierfür sind beispielsweise die sicheren Schutztürsysteme Psens­lock von Pilz.

Standards erleichtern Komponentenauswahl

Der Einfluss der eingesetzten Komponenten auf Ergonomie und Kontrollmöglichkeiten ist groß. Durch die Standardisierung etablierter Komponenten werden Auswahl und Wissen über die Komponenten vereinfacht. Die Standardisierung lässt sich anhand der Klassifizierung der Sensoren durch Normen wie die EN ISO 14119 oder die EN IEC 61496 erkennen. Anwender stehen so beim Kauf von Maschinen objektive Kriterien zur Verfügung, um beurteilen zu können, ob Anreize zur Manipulation vorhanden sind.

In der Vergangenheit boten verschleißbehaftete und exponierte Verriegelungen Anreize zur Manipulation. Gerade bei häufiger Betätigung war die Zuverlässigkeit dieser Verriegelungen eingeschränkt. Heutige Produkte werden dagegen kompakter gestaltet und sind verschleißfrei wie etwa der codierte Sicherheitsschalter Psencode. Das bedeutet bessere Einbaumöglichkeiten für den Hersteller von Maschinen. Auch können anwendergerechte Schutztürsysteme, als Komplettlösung übernommen werden. Im einbaufertigen Schutztürsystem Psensgate von Pilz sind alle Sicherheitsfunktionen und Bedienelemente integriert. Funktionen wie Not-Halt und Fluchtentriegelung sind dabei inklusive.

Prägung der Unternehmenskultur

Neben Design und Technik können auch durch eine entsprechende Unternehmenskultur Anreize zur Manipulation reduziert werden. Es ist belegt, dass die Zahl der Manipulationen sinkt, wenn sie Bestandteil von Mitarbeitergesprächen und auch Zielvereinbarungen sind. Grundlage für einen Erfolg dieser Maßnahmen ist das Wissen um Manipulation und dessen Bedeutung. Viele Kenntnisse werden durch Unterweisungen von Mitarbeitern an Mitarbeitern weitergeben. Dieses Wissen kann von Maschinenzulassungsstellen, Maschinenbetreibern und Komponentenherstellern vermittelt werden.

Hilfestellung für mehr Sicherheit

Sicherheitstechnik bietet dem Maschinenbauer einen Wettbewerbsvorteil, wenn Benutzerfreundlichkeit und Produktivität schon beim Implementieren des Sicherheitskonzeptes berücksichtigt werden. Gelingt dies, ist die eigentliche Funktion der Sicherheitstechnik, nämlich die Abschirmung des Bedieners von den Gefahren der Maschine, erfolgreich realisiert. Wichtige Hilfestellung bietet dafür die EN ISO 14119.

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