Mögliche Krankheitserreger auf Obst und Gemüse Gesundheitsrisiko durch aufbereitete Abwässer in der Landwirtschaft?

Aufbereitetes Abwasser in der Landwirtschaft stellt die Lebensmittelsicherheit vor eine neue Herausforderung.

Bild: iStock, baranozdemir
28.07.2022

Aufbereitete Abwässer sind eine Lösung gegen Wasserknappheit – aber können sie in jedem Bereich bedenkenlos verwendet werden? Insbesondere im Lebensmittel-Bereich könnte durch überlebende Krankheitserreger ein Gesundheitsrisiko bestehen.

Bodennah wachsendes und roh konsumiertes Obst und Gemüse wie Salat, Möhren, Erdbeeren, oder auch frische Kräuter sollten in Deutschland nicht mit aufbereitetem Abwasser bewässert werden. Davon rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) vor allem im Hinblick auf krankmachende Viren und Parasiten ab, die über diesen Weg auf oder in die Pflanzen gelangen können.

Für eine abschließende Risikobewertung ist die derzeitige Datenlage noch unzureichend. Belegt ist jedoch, dass bestimmte Viren und einzellige Parasiten (Protozoen) Umwelteinflüssen trotzen und über rohes Obst und Gemüse Erkrankungen auslösen können. „Aufbereitetes Abwasser in der Landwirtschaft stellt die Lebensmittelsicherheit vor eine neue Herausforderung“, sagt BfR-Präsident Professor Dr. Dr. Andreas Hensel. „Um Krankheitserreger bestmöglich zu reduzieren, benötigen wir sehr gute Aufbereitungs- und Nachweisverfahren.“

Roh verzehrbare Lebensmittel im Fokus

Klimawandel, unvorhersehbare Wetterverhältnisse und Dürren verknappen die Wasserressourcen in Deutschland und Europa. Um dem zu begegnen wurden in der Verordnung (EU) 2020/741 Mindestanforderungen an die Nutzung von aufbereitetem Abwasser zur landwirtschaftlichen Bewässerung festgelegt. Die EU-Verordnung für die Wasserwiederverwendung ist ab dem 26. Juni 2023 gültig und soll die Umwelt sowie die Gesundheit von Mensch und Tier schützen.

Das BfR hat mögliche gesundheitliche Risiken durch die Nutzung von aufbereitetem Abwasser für die Bewässerung von pflanzlichen Lebensmitteln mit Blick auf ausgewählte krankmachende Viren und Protozoen bewertet. Im besonderen Fokus standen dabei roh verzehrbares Obst und Gemüse, bei dem möglicherweise vorkommende Krankheitserreger nicht durch Erhitzen reduziert oder abgetötet werden.

Auf Basis der verfügbaren Daten spricht das BfR die Empfehlung aus, auf die Bewässerung von Pflanzen mit aufbereitetem Abwasser zu verzichten, deren roh verzehrbarer Anteil im Boden oder bodennah wächst. Diese gilt solange, bis geeignete Aufbereitungsverfahren und Kontrollen sicherstellen können, dass im Bewässerungswasser keine Krankheitserreger enthalten sind, insbesondere humanpathogene Viren oder Protozoen.

Denn bei jedem der betrachteten Bewässerungssysteme (unterirdische und oberirdische Tropfbewässerung, wasserführende Gräben, Beregnungssystem, hydroponische Kultur) können Krankheitserreger nach derzeitigem Wissensstand auf oder in die essbaren Teile der Pflanzen gelangen und bei deren Rohverzehr Erkrankungen beim Menschen auslösen. Je nach Art des Krankheitserregers und Gesundheitszustands der betroffenen Person kann die gesundheitliche Beeinträchtigung variieren, bei Risikogruppen sind mitunter schwere Verläufe möglich. Hinsichtlich der Eignung von Methoden zur Inaktivierung oder Reduzierung von Krankheitserregern während der Abwasseraufbereitung besteht weiterer Forschungsbedarf.

Weniger Zweifel bei kontaktfreier Bewässerung

Pflanzen, deren roh verzehrbarer Anteil bodenfern wächst, zum Beispiel Weinstöcke und Obstbäume, können nach Ansicht des BfR mit aufbereitetem Abwasser der Güteklasse A oder B bewässert werden, sofern ein direkter Kontakt der roh verzehrbaren Anteile mit dem aufbereiteten Abwasser (durch Auswahl eines geeigneten Bewässerungssystems) und dem bewässerten Boden ausgeschlossen wird.

Da die betrachteten Viren und Protozoen sensibel auf Hitze reagieren, sind bei pflanzlichen Lebensmitteln, die vor dem Verzehr ausreichend erhitzt werden, keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Krankheitserreger im aufbereitetem Abwasser zu erwarten.

Lesen Sie hier die gesamte Stellungnahme des BfR.

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