Fachbeitrag Gebäude mit Umgebung vernetzen

22.08.2014

Funkbasierte Sensoren lassen sich sehr viel flexibler platzieren als verdrahtete Lösungen. Damit schaffen sie die Voraussetzung dafür, automatisierte Gebäude mit ihrer Umgebung zu vernetzen. Ein unumgänglicher Schritt auf dem Weg zur Smart City.

Sensoren dienen in der Gebäudeautomation als „Sinnes­organe“, die wichtige Daten liefern, um Heizung, Kühlung, Licht oder andere Gewerke in einem Gebäude intelligent zu steuern. Dadurch tragen sie wesentlich dazu bei, Energie einzusparen und gleichzeitig die Sicherheit sowie den Komfort für die Bewohner oder Büromitarbeiter zu verbessern. In den vergangenen Jahren haben sich hier zunehmend Funktechnologien durchgesetzt, die sich flexibel an Messpunkten platzieren lassen. Dadurch können genauere Daten für eine effizientere Automation gewonnen werden. Ein weiterer Effekt: Die „Intelligenz“ lässt sich vom Gebäude auf die Umgebung ausweiten. Das gilt vor allem beim Einsatz batterieloser Funksensoren, die nach der Installation nicht gewartet werden müssen.

Batterielose Sensoren

Funkbasierte Sensoren erfassen unterschiedliche Daten wie Temperatur, Feuchte, Anwesenheit oder CO2, um Aktoren intelligent zu steuern. Die Vernetzung der Komponenten ist aufgrund der wegfallenden Verkabelung deutlich einfacher und günstiger. Damit lässt sich ein Gebäude schneller und häufig effizienter in ein „Smart Building“ verwandeln. Innovative Funklösungen arbeiten inzwischen batterielos und sind dadurch während ihres gesamten Lebenszyklus wartungsfrei. Einmal installiert, verrichten sie ihre Aufgabe, ohne dass ihnen die Energie ausgeht.

Das bringt besondere Vorteile mit sich: Gebäudebesitzer oder Systemintegratoren können Sensoren auch an schwer zugänglichen Stellen einplanen. Besonders bei umfangreichen Netzwerken oder weit verteilten Sensoren entfällt die unzumutbare Aufgabe des Batteriewechsels. Ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht das: In der Regel verfügt jedes Gerät, beispielsweise ein Heizkörperstellventil, über zwei Batterien mit einer Lebensdauer von zwei Jahren. Bei einer großen Gebäudeinstallation mit 10.000 funkbasierten Einheiten müsste der Facility Manager jeden Tag etwa 30 Batterien ersetzen und als Sondermüll entsorgen.

Umgebung als Stromquelle

Batterielose Funksensoren nutzen Licht, Bewegung oder Temperaturunterschiede in ihrer unmittelbaren Umgebung als Energiequelle. Dabei „ernten“ sogenannte Energiewandler kleinste Energiemengen für den Betrieb und die Funkkommunikation von Sensoren, Schaltern oder auch Aktoren. Für jede Art der Umgebungsenergie gibt es angepasste Wandler. Ein elektrodynamischer Energiegenerator gewinnt aus Bewegung Energie, beispielsweise durch das Drücken eines Schalters. Innenlicht lässt sich über Mini-Solarzellen bereits ab 100 Lux für elektrische Spannung nutzen. Die Königsdisziplin ist die Energieernte aus Temperaturdifferenzen. Hier kann die Kombination aus einem Thermowandler und einem Spannungsverstärker bereits Temperaturunterschiede von zwei Grad Celsius in nutzbaren Strom umsetzen.

Zusätzlich verwendet die batterielose Technologie Module mit einem geringen Energiebedarf und führt alle Aktionen der Sensoren und Aktoren sehr schnell aus. Es sind immer nur die Baugruppen aktiv, die gerade für eine Messung oder die Daten­übertragung notwendig sind. Die Sendeleistung beträgt bis zu 10 mW. Dennoch hat die eingesetzte Funkübertragung nur einen Energiebedarf von etwa 50 µWs pro Einzeltelegramm. Das entspricht ungefähr dem Energieaufwand, der für das Heben von einem Gramm Gewicht um 5 Millimeter erforderlich ist. Ein zusätzlicher Energiespeicher kann bei Bedarf für einen ausreichend großen Energievorrat sorgen, der auch tagelange Perioden mit fehlender Umgebungsenergie überbrückt.

Energieautarke Anwendungen

Auf Basis der batterielosen Funktechnologie gibt es inzwischen zahlreiche energieautarke Anwendungen. Dazu gehören batterielose Schalter, „intelligente“ Fenstergriffe, Temperatur-, Feuchte-, CO2- und Lichtsensoren oder auch Anwesenheitsmelder und energieautarke Heizkörperstellventile.

Die Möglichkeiten des Energy Harvesting (Energieernte) stehen jedoch mit effizienteren Energiewandlern und besseren Energiespeichern erst am Anfang: Mit einer höheren Funk­reichweite lässt sich die Technologie auch für das Sammeln von Daten außerhalb von Gebäuden einsetzen.

Damit wird eine grundlegende Frage beim Aufbau intelligenter Städte beantwortet: Wie lassen sich Millionen verteilter Sensoren mit Energie versorgen? Der batterielose Funk kann die Lücke schließen, die derzeit noch zwischen intelligenten Gebäuden und ihrer Außenwelt besteht.

Bewegung nutzen

In unserer mobilen Welt gibt es viel Bewegung, die derzeit noch ungenutzt ist. Vor allem der Verkehr in Städten kann hier als Energiequelle dienen. Batterielose Bewegungssensoren in Straßen und auf Parkplätzen können auf den Druck darüberfahrender Fahrzeuge reagieren. Dadurch lässt sich beispielsweise per Smartphone-App anzeigen, wo Parkplätze frei sind. Die zielgerichtete Parkplatzsuche würde den Verkehrsfluss in Städten erheblich verbessern und beispielsweise Pendlern einen schnelleren Weg zur Arbeit ermöglichen. In Parkhäusern kann die funkbasierte Datenerfassung dazu dienen, die Belüftung je nach der tatsächlichen Belegung zu steuern und so zusätzlich Energie in Gebäuden einzusparen. Nach dem gleichen Prinzip liefern Sensoren Daten zum Straßenzustand oder zur aktuellen Verkehrsdichte, die eine optimierte und angepasste Ampelschaltung ermöglichen.

Batterielose Notfallknöpfe in und außerhalb von Gebäuden können dabei unterstützen, schneller Hilfe zu rufen. Die Schalter nutzen die kinetische Energie des Tastendrucks, um ein Funksignal zu schicken. Der Funknotruf wird dann an eine Zentralstelle oder auf das Smartphone einer zuständigen Person geschickt, die umgehend reagieren kann. Die energieautarken Notfallschalter lassen sich flexibel anbringen und garantieren einen dauerhaften Betrieb, da die für das Funksignal notwendige Energie vom Menschen selbst unmittelbar über den Tastendruck erzeugt wird.

Alarmsysteme und Steuerung nach Wetterdaten

Funksensoren können zudem vorhandene Infrastrukturen wie beispielsweise Straßenbeleuchtung oder Verkehrsschilder nutzen. Hier besteht bereits ein umfangreiches Netz, das sich für die Erfassung verschiedenster Daten eignet. Solarbetriebene Sensoren, an oder nahe bei Straßenlaternen oder Schildern montiert, können sowohl die Verkehrsdichte als auch aktuelle Wetterdaten erfassen. Sie dienen dann als Basis für ein Alarmsystem, das vor Unfall, Stau oder Straßenglätte warnt. Ebenso können die Gebäude in der Umgebung die Wetter­daten auswerten, um die tatsächlich benötigte Energie für Heizung und Belüftung zu bestimmen.

Die Weiterentwicklung miniaturisierter Solarzellen rückt zukünftige Szenarien bereits in greifbare Nähe. Heute liegt die Obergrenze für einen einwandfreien Betrieb bei ungefähr 100 Lux mit 5 % Effizienz. Künftige Solarzellen basieren auf organischem Material oder Farbstoff und haben eine Effizienz von mehr als 10 % bei einer Lichtintensität von nur 10 Lux. Dadurch sind solarbetriebene Sensoren auch in dunklen Bereichen in oder zwischen Gebäuden möglich. Im freien Außenbereich herrschen 100 Mal höhere Lichtstärken, sodass die Energieausbeute entsprechend groß ist. Zusammen mit einer geringen Datenrate lässt sich hier eine weitaus größere Funkreichweite für batterielose Sensoren verwirklichen, die derzeit bei 300 Metern im Freifeld und 30 Metern im Gebäudeinneren liegt. Damit ließen sich Sensoren auch mehrere Kilometer entfernt von der Datenzentrale platzieren. Leistungsfähigere Energiespeicher werden darüber hinaus die Dunkellaufzeit der Sensoren erhöhen, sodass sie über einen Zeitraum von mehreren Monaten ohne neue Solarenergie zuverlässig arbeiten.

Kleine Sensoren für große Bauten

Ein weiteres Anwendungsszenario ist die Überwachung von Bausubstanz. Hochhäuser und große Bauten wie Brücken oder Tunnel müssen extremen Kräften durch Wetter, Erdbeben oder Verkehr standhalten. Heute sind allein in den USA fast 25 % aller Brücken statisch instabil oder veraltet – insgesamt mehr als 150.000 Brücken [1]. Mit Licht, Temperaturunterschieden oder Vibrationen betriebene Funksensoren können die kritischen Parameter dauerhaft überwachen, bei Abweichungen warnen und dadurch Schäden vorbeugen. Als Frühwarnsystem erfassen die Sensoren Daten über den Zustand der Bausubstanz, wie beispielsweise Integrität, Standort und Erschütterungen.

Weiterleitung der Daten

Die übergeordnete Vernetzung der batterielosen Funksensoren in Gebäuden und der Außenwelt erfolgt über Gateways. Diese leiten die Informationen der Sensoren an eine zentrale Steuerung oder eine Anwendung weiter und können die Telegramme für weiterverarbeitende Standards wie WiFi oder GSM aufbereiten.

Die intelligent vernetzte Stadt ist derzeit noch ein Konzept. Dennoch zeigen erste Lösungen sowie die verschiedenen Einsatzszenarien, welche Anwendungen zukünftig mit bereits heute existierenden Technologien möglich sind. Energieautarke Funksensoren in Gebäuden könnten in wenigen Jahren die Brücke in die Außenwelt zur Smart City schlagen.

Weitere Informationen

[1] The American Road & Transportation Builders Association based on Federal Highway Administration Data; 2012

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