Smart Traffic & Mobility Elektromobilitätslabor Berlin


"Wir sind eine Plattform für die gesamte Automobilindustrie."
Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität eMO

29.08.2013

In den Schaufenstern Elektromobilität werden immer mehr Projekte sichtbar. Mobility 2.0 sprach mit Gernot Lobenberg, Leiter der Berliner Agentur für Elektromobilität, über die Fortschritte in Berlin-Brandenburg. Einen Exkurs über Oslo lesen Sie in der Internet-Fassung.

Mobility 2.0: Herr Lobenberg, es gab die Befürchtung, dass dem Bund das Geld nicht reichen könnte, um die ursprünglichen Förderzusagen einzuhalten. Sind nun alle Projekte genehmigt?

Gernot Lobenberg: Ja, der Energie- und Klimafonds (EKF) hatte ja im Februar, März und April noch einen „Showstopper“ hingelegt. Der Bund stellt nun aber weiterhin 100 Prozent der Mittel für Elektromobilität zur Verfügung, während andere Programme aus dem EKF herausgenommen oder sehr stark gekürzt wurden.

Was sind aus Ihrer Sicht die Besonderheiten des Schaufensters Berlin-Brandenburg?

Der wichtigste Punkt ist die Vielfalt. Beispielsweise die Vielfalt an Beteiligten - wir sind ja kein geborener Standort eines Automobilherstellers, und dennoch sind bei uns sowohl alle deutschen Hersteller mit an Bord als auch alle, die in Deutschland Fahrzeuge auf dem Markt haben. Das heißt, wir sind eine Plattform für die gesamte Automobilindustrie und das ist sicherlich eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Standorten, die auch mehrere Hersteller dabei haben, aber nicht in diesem Ausmaß.

Gibt es auch Vielfalt in den thematischen Ausrichtungen?

Ein Aspekt der Vielfalt ist hier, dass wir verschiedene Geschäftsmodelle ausprobieren, zum Beispiel im Bereich der Flotten, beim Carsharing. Hier arbeiten wir mit Anbietern wie Drive Now, Car2go, Flinkster und Multicity zusammen. Der dritte Aspekt ist die Vernetzung mit der Energieseite. Wir haben ja eine gemeinsame Bewerbung von Berlin und Brandenburg, wobei Berlin Verkehrsmetropole und Energieabnehmer ist und Brandenburg Energieerzeuger mit viel Windkraft. Da ist die Frage, wie man Verkehr und Energie zusammenbringen kann. Das ist bei uns ein großer Schwerpunkt, bei dem sich auch Vattenfall, RWE und Eon beteiligen. Zum Beispiel wird in einem großen Lastmanagement-Projekt in Brandenburg untersucht, in wie weit eine größere Fahrzeugflotte zum Lastmanagement und -ausgleich von Großwindanlagen beitragen kann.

Spielt bei dieser Kombi aus Berlin und Brandenburg das Brandenburger Umland nur die Rolle des Energielieferanten oder wird auch auf die Elektromobilität in der Fläche, also außerhalb der Metropole, geschaut?

Der Schwerpunkt ist zunächst die Frage, welchen Beitrag Elektromobilität und die Speicherung regenerativer Energien zur Energiewende leisten kann. Aber wir haben auch länderübergreifende Projekte im Verkehr. Zum Beispiel den Pedelec-Korridor zwischen Berlin und dem Umland. Dort untersuchen wir, ob und wie man Autopendler zum Umstieg auf das Elektro-Fahrrad bewegen kann. Dann beschäftigen wir uns noch mit den Themen Abfallentsorgung, Güterverkehr und Logistik. Es gibt ein Projekt zur Hausmüllentsorgung, bei dem ein rein elektrisches Entsorgungsfahrzeug eingesetzt wird, das in Brandenburg gefertigt wird. Das ist zum Beispiel in Berlin bei der Stadtreinigung und in Potsdam bei der Stadtentsorgung im Einsatz. In einem Logistikprojekt geht es um die Belieferung vom Textileinzelhandel in Berlin von einem Logistiklager in Potsdam. Es wird vor allem in Nachtstunden geliefert, wo man mit einem Lkw mit Wechselakkus leise fahren kann.

Im Jahr 2020 sollen ja eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen. Stellen Sie sich vor, Sie blicken in diesem Jahr zurück: Was wird man sagen, welche Rolle hat Berlin-Brandenburg damals gespielt?

Wenn ab 2014 die Fahrzeuge wirklich auf der Straße sind und fahren, wird man sich vor allem daran erinnern, dass wir eine deutliche Sichtbarkeit des Carsharings erreicht haben. Wir haben jetzt schon mit Multicity 350 E-Fahrzeuge, nächstes Jahr 500. Auch Car2go und Drive Now steigen ein. Das bedeutet, die Sichtbarkeit und Nutzbarkeit als Einstiegsmobilität in dieses Thema wird ein wichtiger Schub sein. Berlin ist jetzt schon Carsharing-Stadt Nummer eins in Europa. Mit einem Anteil von derzeit 20 Prozent elektrischen Autos - und der Anteil steigt. Das zweite ist die Ladeinfrastruktur. Das Land Berlin hat gerade eine Ausschreibung laufen, 1600 Ladepunkte bis 2015 aufzubauen. Das passiert in enger Zusammenarbeit mit den Carsharing-Unternehmen. Es wird ein wichtiger Schritt in der Marktvorbereitung sein, in der wir uns gerade befinden.

Ihre Betonung des Carsharings mahnt, die Elektromobilität nicht überzubewerten. Bedeutet das: Wir brauchen neue Formen der Mobilität für die Zukunft, egal welche der Konsument am Schluss bevorzugt?

Wir haben immer gesagt, dass man Energie und Verkehr mit einem neuen Fahrzeugkonzept zusammen denken muss. Das ganze Thema Vernetzung ist ein Schwerpunkt des Schaufensters. Wir betrachten nicht nur die Ingenieursseite. Es geht uns nicht nur darum, wie man ein E-Fahrzeug optimieren kann, sondern wie man Berlin als Labor für eine neue Technologie in neuen Zusammenhängen in den Bereichen Energie und Verkehr nutzen kann. Es ist zukunftsweisend, neue Dinge auszuprobieren, sei es im Carsharing oder in der Logistik, und die Rückwirkung neuer Technologien auf die Energieseite zu beobachten, zum Beispiel die Speicherung von Energie. Wir sehen das Projekt als großes Praxislabor. Wir sehen nicht nur das Fahrzeug, sondern das Gesamtsystem: Vom Fahrzeug über Carsharing bis zur Infrastruktur.

Mobility 2.0: Herr Lobenberg, es gab die Befürchtung, dass dem Bund das Geld nicht reichen könnte, um die ursprünglichen Förderzusagen einzuhalten. Sind nun alle Projekte genehmigt?

Gernot Lobenberg: Ja, der Energie- und Klimafonds (EKF) hatte ja im Februar, März und April noch einen „Showstopper“ hingelegt. Der Bund stellt nun aber weiterhin 100 Prozent der Mittel für Elektromobilität zur Verfügung, während andere Programme aus dem EKF herausgenommen oder sehr stark gekürzt wurden.

Was sind aus Ihrer Sicht die Besonderheiten des Schaufensters Berlin-Brandenburg?

Der wichtigste Punkt ist die Vielfalt. Beispielsweise die Vielfalt an Beteiligten - wir sind ja kein geborener Standort eines Automobilherstellers, und dennoch sind bei uns sowohl alle deutschen Hersteller mit an Bord als auch alle, die in Deutschland Fahrzeuge auf dem Markt haben. Das heißt, wir sind eine Plattform für die gesamte Automobilindustrie und das ist sicherlich eine Besonderheit im Vergleich zu anderen Standorten, die auch mehrere Hersteller dabei haben, aber nicht in diesem Ausmaß.

Gibt es auch Vielfalt in den thematischen Ausrichtungen?

Ein Aspekt der Vielfalt ist hier, dass wir verschiedene Geschäftsmodelle ausprobieren, zum Beispiel im Bereich der Flotten, beim Carsharing. Hier arbeiten wir mit Anbietern wie Drive Now, Car2go, Flinkster und Multicity zusammen. Der dritte Aspekt ist die Vernetzung mit der Energieseite. Wir haben ja eine gemeinsame Bewerbung von Berlin und Brandenburg, wobei Berlin Verkehrsmetropole und Energieabnehmer ist und Brandenburg Energieerzeuger mit viel Windkraft. Da ist die Frage, wie man Verkehr und Energie zusammenbringen kann. Das ist bei uns ein großer Schwerpunkt, bei dem sich auch Vattenfall, RWE und Eon beteiligen. Zum Beispiel wird in einem großen Lastmanagement-Projekt in Brandenburg untersucht, in wie weit eine größere Fahrzeugflotte zum Lastmanagement und -ausgleich von Großwindanlagen beitragen kann.

Spielt bei dieser Kombi aus Berlin und Brandenburg das Brandenburger Umland nur die Rolle des Energielieferanten oder wird auch auf die Elektromobilität in der Fläche, also außerhalb der Metropole, geschaut?

Der Schwerpunkt ist zunächst die Frage, welchen Beitrag Elektromobilität und die Speicherung regenerativer Energien zur Energiewende leisten kann. Aber wir haben auch länderübergreifende Projekte im Verkehr. Zum Beispiel den Pedelec-Korridor zwischen Berlin und dem Umland. Dort untersuchen wir, ob und wie man Autopendler zum Umstieg auf das Elektro-Fahrrad bewegen kann. Dann beschäftigen wir uns noch mit den Themen Abfallentsorgung, Güterverkehr und Logistik. Es gibt ein Projekt zur Hausmüllentsorgung, bei dem ein rein elektrisches Entsorgungsfahrzeug eingesetzt wird, das in Brandenburg gefertigt wird. Das ist zum Beispiel in Berlin bei der Stadtreinigung und in Potsdam bei der Stadtentsorgung im Einsatz. In einem Logistikprojekt geht es um die Belieferung vom Textileinzelhandel in Berlin von einem Logistiklager in Potsdam. Es wird vor allem in Nachtstunden geliefert, wo man mit einem Lkw mit Wechselakkus leise fahren kann.

Wenn wir gerade von Ballungsräumen sprechen: In Oslo fahren ja fast so viele Elektrofahrzeuge wie in ganz Deutschland. Macht Sie das neidisch?

Nein, da bin ich gar nicht neidisch! Es ist natürlich schön, dass dort 10 Prozent der Fahrzeuge elektrisch fahren, davon sind wir noch weit entfernt. Aber das sind andere Rahmenbedingungen, man muss sich nur anschauen, was da an indirekten Subventionen erfolgt, etwa in Form von Zulassungssteuer-Erlass und weiteren ordnungspolitischen Ausnahmen, die wir in Deutschland nicht haben. Wir haben keine Zulassungssteuer, keine Citymaut oder hohe Parkgebühren, die sich in Norwegen auf Größenordnungen von rund 20.000 Euro summieren. Es ist klar, dass solche Zahlungsbefreiungen ein großer Anreiz sind, die zu solchen Zahlen führen. Doch wollen wir wirklich in Deutschland hohe Gebühren einführen, um sie dann wieder zu erlassen?

Im Jahr 2020 sollen ja eine Million Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen rollen. Stellen Sie sich vor, Sie blicken in diesem Jahr zurück: Was wird man sagen, welche Rolle hat Berlin-Brandenburg damals gespielt?

Wenn ab 2014 die Fahrzeuge wirklich auf der Straße sind und fahren, wird man sich vor allem daran erinnern, dass wir eine deutliche Sichtbarkeit des Carsharings erreicht haben. Wir haben jetzt schon mit Multicity 350 E-Fahrzeuge, nächstes Jahr 500. Auch Car2go und Drive Now steigen ein. Das bedeutet, die Sichtbarkeit und Nutzbarkeit als Einstiegsmobilität in dieses Thema wird ein wichtiger Schub sein. Berlin ist jetzt schon Carsharing-Stadt Nummer eins in Europa. Mit einem Anteil von derzeit 20 Prozent elektrischen Autos - und der Anteil steigt. Das zweite ist die Ladeinfrastruktur. Das Land Berlin hat gerade eine Ausschreibung laufen, 1600 Ladepunkte bis 2015 aufzubauen. Das passiert in enger Zusammenarbeit mit den Carsharing-Unternehmen. Es wird ein wichtiger Schritt in der Marktvorbereitung sein, in der wir uns gerade befinden.

Ihre Betonung des Carsharings mahnt, die Elektromobilität nicht überzubewerten. Bedeutet das: Wir brauchen neue Formen der Mobilität für die Zukunft, egal welche der Konsument am Schluss bevorzugt.

Wir haben immer gesagt, dass man Energie und Verkehr mit einem neuen Fahrzeugkonzept zusammen denken muss. Das ganze Thema Vernetzung ist ein Schwerpunkt des Schaufensters. Wir betrachten nicht nur die Ingenieursseite. Es geht uns nicht nur darum, wie man ein E-Fahrzeug optimieren kann, sondern wie man Berlin als Labor für eine neue Technologie in neuen Zusammenhängen in den Bereichen Energie und Verkehr nutzen kann. Es ist zukunftsweisend, neue Dinge auszuprobieren, sei es im Carsharing oder in der Logistik, und die Rückwirkung neuer Technologien auf die Energieseite zu beobachten, zum Beispiel die Speicherung von Energie. Wir sehen das Projekt als großes Praxislabor. Wir sehen nicht nur das Fahrzeug, sondern das Gesamtsystem: Vom Fahrzeug über Carsharing bis zur Infrastruktur.

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