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Interview mit Stefan Hoppe, Präsident der OPC Foundation „Eine Interoperabilitätslösung für alles“

Stefan Hoppe, Präsident der OPC Foundation: „Standardisierte Speicherung auf Basis von OPC UA in der IT & Cloud wird ein wichtiges Verkaufsargument der Zukunft.“

Bild: OPC Foundation
27.02.2024

Wer kennt OPC UA nicht! Die etablierte Modellierungssprache lässt den Shopfloor miteinander kommunizieren – bis hoch in die Cloud. Aber was passiert dann innerhalb der IT-Welt? Oft proprietäres Chaos. Die OPC Foundation hat deshalb namhafte IT-Unternehmen als Mitglieder gewonnen, was einen bedeutenden Schritt in Richtung Eroberung der IT-Welt darstellt. Stefan Hoppe, Präsident der OPC Foundation zeigt im Interview die das Potenzial auf.

Herr Hoppe, die OPC Foundation ist eine OT fokussierte Organisation. Nun kommt das Signal zur Eroberung der IT-Welt: Welche IT-Firmen sind Mitglied?

Zunächst möchte ich kurz hervorheben, dass die OPC Foundation keine reine OT-Organisation ist. Neben unserem prominenten Neuzugang Alibaba Cloud sind auch aws, IBM, Google, Microsoft, und SAP als who-is-who der internationalen Cloud Anbieter in der OPC Foundation. Es gibt keine andere Organisation in der Welt, welche alle großen IT und OT-Firmen an einen Tisch bringt, um gemeinsam das Thema Interoperabilität rund um das Thema Automatisierung zu bearbeiten. Nur zur Sicherheit nochmals: OPC UA ist auch kein OT-Protokoll für die letzte Meile zu den Betriebsmitteln wie dem Roboter oder dem RFID-Reader; OPC UA ist ein gemeinsames IT&OT Konzept welches als erstes in der OT-Welt, der Daten-Quelle, umgesetzt wurde. Die Basis der semantischen Interoperabilität ermöglicht das Aufbrechen der IT / OT Silos und gilt somit für beide Welten: OPC UA ist zunächst eine mächtige Modellierungssprache, welche es erlaubt Maschinen, Geräte oder Dienste inklusiv ihrem Verhalten zu beschreiben. Der Transport der Informationen und die IT-Sicherheit sind im Paket enthalten.

Was ist das Ziel der Cloud Anbieter in der OPC Foundation?

Die Cloud Firmen sehen einen großen Mehrwert am einfachen Zugang zum riesigen Pool der standardisierten Informationen in der Automatisierung in all ihren Facetten wie Fabrik, Prozess, Energie oder anderen Märkten. Wer die Herkunft und Bedeutung der Informationen kennt, hat verkürzte Engineering Zeiten und kann das Potential der Produktion heben. OPC UA ist somit ein äußerst wichtiger Schlüssel für die Digitalisierung und KI.

Sind diese Ziele der Cloud-Firmen und die Ziele der OPCF vereinbar oder konträr?

Wie gesagt wollen die Cloud Firmen den Zugriff auf standardisierte Daten – das kann per OPC UA mit REST oder OPC over MQTT erfolgen. Die OPC Foundation strebt die Durchgängigkeit der standardisierten Informationsmodelle von der Quelle bis in die Cloud-Applikation an. Im Prinzip sind diese Ziele somit zunächst vereinbar. Ich will aber ehrlich hinzufügen: Wir sind stolz, dass sich alle Cloud-Anbieter zu einem standardisierten Format der Daten zwischen den OT und IT-Welten mit OPC UA over MQTT geeinigt haben. Ich merke aber seit circa einem Jahr, dass Kunden die von der Industrie mit erheblichem Aufwand standarisierten Informationen auch in dem ursprünglichen Format, also mit Kontext in der Cloud gespeichert und dort wieder abrufbar haben wollen. Standardisierte Speicherung der Informationen in der IT & Cloud wird eines der wichtiges Verkaufsargumente der Zukunft werden. Wird der Kontext der OPC UA Modelle einmal zerstört, muss jedes Mal der Kontext proprietär konfiguriert werden – die Interoperabilität innerhalb der Cloud-Welt geht verloren. Unser Ziel ist die „zero-configuration solution“ und gemeint ist: Die Herkunft der Daten automatisiert erkennen um diese Daten und Informationsmodelle direkt in der IT-Welt auswerten zu können. Also eine End-zu-End Lösung, welche ohne manuelles hinzufügen der Daten-Relation, Datensäuberung oder hinzufügen neuer Datenquellen funktioniert.

In den letzten Jahren gab es einen größeren Umschwung in den IoT Sparten der Cloud Anbieter. Hatte das zur Folge, dass die Firmen weniger Standardisierung und mehr kundenspezifische Lösungen machen?

Der Kostendruck im Bereich des Engineerings betrifft sicherlich nicht nur die OT-Welt, sondern auch der IT-Welt, wo heute häufig „mal eben“ für Projekte kundenspezifische Konverter Skripte geschrieben werden. Technologien und Lösungsanbieter, welche darauf bauen, haben eine natürlich Grenze bei der Skalierung der Projekte, aufgrund der menschlichen Komponente beziehungsweise dem Personalbedarf. Die wirkliche Lösung liegt in der weitern Skalierung der Standardisierung damit Automatismen weitergetrieben werden können und damit größere Projekte, in weniger Zeit hochgradig skaliert werden können.

Was ist die Besonderheit des Engagements der IT-Firmen in der OPCF – warum gründen diese Firmen keine eigene Organisation und definieren einen neuen Standard?

Die OPC Foundation hat eine große Sogwirkung da wir mit über 975 Firmen international bekannt sind, OPC UA in vielen Regionen ein Standard ist aber vor allem seit dem Jahr 2006 stabil ist ohne Bruch der Kompatibilität. Auch die Migration der alten Welt ist gelöst – es gibt unglaublich viele Adapter von alten etablierten Standards wie Modbus etc. Aber der Hauptgrund ist sicherlich die bereits vorhandene große Installationsbasis, welche in unterschiedlichsten Bereichen und Industrien vorhanden ist. Projekte von Firmen wie equinor mit Microsoft, oder Renault mit Google, oder OPC UA in den weltgrößten Solar- oder Windparks zeigen, dass der Standard etabliert und oft nur aktiviert werden muss.

Wie geht es bei der OPCF im Bereich der IT/Cloud weiter, worauf dürfen wir uns freuen?

Unter dem Dach der OPC Foundation gibt es bereits eine erhebliche Anzahl bestehenden Arbeitsgruppen mit dem Fokus IT oder Cloud. Diese Aktivitäten müssen gebündelt und noch besser koordiniert werden. Der große Pool an bestehender OPC UA Cloud Open source Angeboten z.B. für Interoperabilität für Digitale Zwillinge muss nun mit „Easy-to-use-experience“ noch einfacher erklärt werden. Unser IoT Starter Kit wird sich also erweitern auf Digital-Twin und DataSpace Szenarien. Als Ergebnis wird es ein kostenloses Angebot zur Umsetzung der EU Regulatorien z.B. des Digital Product Passport (DPP) und des Product Carobn Footprint (PCF) geben – diese findet man als Knoten in einem OPC UA Server wieder – egal ob Sie die Informationen in einer SPS, der Edge oder in der Cloud anbieten möchten. Die Zukunft ist und bleibt also spannend, wir sind aber sicher, dass wir mit dem Abstraktion Ebenen mit OPC UA, wo die Informationsmodellierung von der Nutzung der Daten getrennt ist, ein zukunftsfähiges Konzept haben. Wir freuen uns darauf zu sehen, wie die Industrie mit dem reichhaltigen Werkzeugkasten OPC UA, Herausforderungen der Zukunft löst.

Lesen Sie zu dem Thema auch den Beitrag Expand the box.

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