Zwei Kreisläufe in Bad Wimpfen Tiefkälteanlage für Prozessmedien

Effiziente und zuverlässige Industriekälteanlagen sind ein wichtiger Bestandteil in der Produktion und in der Fertigungstechnik.

07.09.2022

Für einen Spezialchemikalien-Hersteller hat ein Maschinenbauunternehmen eine besondere Kälteanlage zur Kühlung von Prozessmedien projektiert. Zwei kaskadierte Kältekreisläufe, deren untere Stufe mit CO2 befüllt ist, stellen Kälte von -45 °C bereit. In der Projektphase wurden mehrere Anlagenkonzepte verglichen und das für diesen individuellen Fall beste ausgewählt.

Zwei Tiefkälteanlagen von L&R sind bereits bei der Solvay Fluor in Bad Wimpfen im Einsatz – eine für die Bereitstellung von -35 °C Kälte, die zweite sogar für ein Temperaturniveau von -90 °C. Sie unterstützen die Produktion von Spezialchemikalien, die unter anderem für die Herstellung von Pharmazeutika verwendet werden, mit zuverlässiger und wirtschaftlicher Kälteerzeugung. Auch für die Planung einer dritten Kälteanlage, die eine vorhandene Anlage ersetzen und Kälte auf einem Temperaturniveau von -45 °C bereitstellen sollte, nahm Solvay Kontakt mit L&R auf.

Die kältetechnische Kompetenz der Verantwortlichen bei Solvay Fluor ist hoch, außerdem hat der Konzern jahrzehntelang selbst Kältemittel produziert. Die Projektierung war in diesem Fall auch deshalb anspruchsvoll, weil die Verantwortlichen bei Solvay wirklich das Optimum erzielen wollten – und das nicht nur in Hinsicht auf Energieeffizienz und Verfügbarkeit, sondern auch mit Blick auf Nachhaltigkeit und Zukunftssicherheit.

Acht Konzepte in der Diskussion und im Vergleich

Deshalb hat L&R in der Projektierungsphase acht Technikkonzepte mit unterschiedlichen Kältemitteln ausgearbeitet und mit Solvay diskutiert. Dazu gehörte unter anderem eine Anlage, die das bekannte und bewährte Kältemittel R 449A nutzt. In puncto Kosten und Verfügbarkeit schneidet dieses Konzept gut ab – eigentlich wäre R 449A eindeutig das Kältemittel der Wahl für das angestrebte Temperaturniveau gewesen.

Allerdings ist die Zukunftsfähigkeit dieses Kältemittels – auch wenn es noch verwendet werden darf – über eine geplante Anlagenlaufzeit von 15 Jahren kritisch zu sehen. Denn mit einem GWP von 1392 zählt das Gemisch R 449A unter Beachtung der Phase-down-Regelung der F-Gase-Verordnung zu den eher ungünstigen Kältemitteln und entspricht somit nicht den Anforderungen an eine umweltverträgliche Kälteerzeugung.

Option „Natürliche Kältemittel“ wurde geprüft

Ein zweites vielversprechendes Konzept schied aus einem ganz anderen Grund aus. Als natürliches Kältemittel hat Propen (R 1270) ein GWP von 2 und ist damit in Sachen Umweltschutz kaum zu schlagen. Und die Erfahrung von L&R zeigt, dass man mit diesem Kältemittel dank seiner hervorragenden thermodynamischen Eigenschaften sehr energieeffiziente Anlagen im Tiefkältespektrum projektieren kann.

Solvay war von dieser Idee ebenfalls angetan, aber die Brandschutzvorschriften in dem Aufstellbereich hätten die internen Investitionskosten erhöht, so dass diese Option wieder aus dem Fokus rückte. Dabei erreichen Kältemaschinen mit diesem Kältemittel aufgrund ihres Konzepts ein hohes Sicherheitsniveau.

Zweistufige Kühlung mit R 513A und CO2

Stattdessen sorgt jetzt eine zweistufige Kälteanlage für die bei Solvay benötigte Prozesskälte. In der ersten Stufe der Kaskade kühlt ein Kältekreislauf mit R 513A das Kältemittel R 744 (CO2), das wiederum den Kälteträger auf –45 °C abkühlt. In diesen Temperaturbereichen haben beide Kältemittel ihre optimale Effizienz, was sich in niedrigen Betriebskosten niederschlägt. Und das GWP von 631 des HFO-Blend R 513A liegt etwa 55 Prozent unter dem GWP von R 449A.

Bei der Projektierung war eine sehr sorgfältige Auslegung gefordert, weil das Temperaturniveau des umweltfreundlichen Kältemediums R 744 (GWP 1) nahezu ausgereizt wird. Der Tripelpunkt von CO2 (das heißt die Temperatur, bei der ein Stoff in flüssiger, fester und dampfförmiger Phase vorliegen kann), liegt bei -54 °C und darf deshalb im Kältekreislauf nicht erreicht beziehungsweise unterschritten werden. Da hier aber Kälte von -45 °C erzeugt werden soll, ist eine sehr präzise Temperaturführung erforderlich.

Drehzahlgeregelte Antriebe, jeweils zwei Kältekreisläufe

Auch aus diesem Grund (und wegen der Energieeffizienz) sind die Hubkolbenkompressoren mit drehzahlgeregelten Antrieben ausgestattet. Das schafft – gemeinsam mit der von L&R grundsätzlich in Eigenregie programmierten Steuerung – die Voraussetzung dafür, dass die Kälteerzeugung immer exakt am Bedarf entlang gefahren wird. Die Anlage arbeitet aus Redundanzgründen mit zwei Kältekreisläufen: Wenn ein Kreislauf ausfallen sollte, stehen immer noch 50 Prozent der maximalen Kälteleistung zur Verfügung.

Effizienter als eine reine CO2 -Anlage

Die Entscheidung für den „Split“ der Kälteanlage in zwei Stufen beziehungsweise Temperaturniveaus lässt sich klar begründen: Im oberen Temperaturbereich ist die Kälteerzeugung mit R 513A hoch effizient, auf Tieftemperaturniveau gilt dasselbe für CO2.

Aus diesem Grund arbeitet diese kombinierte Anlage effizienter als eine reine CO2-Kälteanlage, und trotz der etwas aufwändigeren Anlagentechnik ergeben sich deutlich günstigere Lebenszykluskosten und auch eine bessere Gesamtenergiebilanz. Dabei sind die Investitionskosten sogar geringer, da eine reine CO2-Anlage aufgrund der hohen Betriebsdrücke ohne den vorgeschalteten Kreislauf aufwändige, weil hochdruckbeständige Komponenten benötigt.

In der Industrie gibt es bislang nur sehr wenige CO2-Anlagen, während diese Kältetechnik zum Beispiel in Supermärkten bereits weit verbreitet ist. Für L&R war es eines der ersten Projekte, bei dem CO2 zum Einsatz kommt. Im Wesentlichen mussten dabei (im Unterschied zu Anlagen mit den gebräuchlicheren Kältemitteln) nur die höheren Drücke im Kältekreislauf berücksichtigt werden. Außerdem muss eine sorgfältige Abdichtung gewährleistet sein, denn im Unterschied zu den meist langkettigen Molekülen der synthetischen Kältemittel ist das CO2-Molekül sehr klein (was aber auch für die anderen natürlichen Kältemittel gilt). Und die Sicherheit wird unter anderem durch eine CO2-Gaswarnanlage gewährleistet.

Engineering-Aufwand hat sich gelohnt

Abschließend kann man feststellen, dass sich aus Sicht von Solvay Fluor die intensive Engineering-Arbeit gelohnt hat. Die Verantwortlichen wünschten eine hoch effiziente und sichere sowie zukunftsfeste und umweltfreundliche Kälteerzeugung mit günstigen Investitions- und Lebensdauerkosten, und dieses Ziel wurde erreicht. Aus Sicht von L&R hat sich die hohe Kompetenz bei anspruchsvollen Engineering-Projekten ausgezahlt. Sie führte letztlich dazu, dass sich L&R gegen Wettbewerber durchsetzen konnte und für Solvay eine rundum überzeugende Kälteanlage mit kaskadierter Kälteerzeugung projektiert und gebaut hat, die allen Anforderungen des Anwenders in vollem Umfang entspricht.

Bildergalerie

  • Eine zweistufige Kälteanlage mit dem Kältemittel R 513A und CO2 sorgt für die richtige Prozesskälte bei dem Spezialchemikalien-Hersteller.

    Eine zweistufige Kälteanlage mit dem Kältemittel R 513A und CO2 sorgt für die richtige Prozesskälte bei dem Spezialchemikalien-Hersteller.

    Bild: L&R Kältetechnik

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