The Mobility House und Getec Energie haben über ihr Joint Venture Coulomb und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Accumotive Batteriespeicherlösungen aus ausgemusterten Fahrzeugbatterien entwickelt, die bereits in der Primärregelleistung vermarktet werden. Für den Betrieb des Leitsystems und die Vernetzung der einzelnen Einheiten greift The Mobility House auf sichere und hochverfügbare Datenkommunikation des IT-Dienstleister Mdex zurück. Hintergrund dieser Entwicklung: Wird bei einem Elektroauto aufgrund des Leistungsverlusts ein Batterie-Tausch nötig, bringt es eine solche Batterie noch auf 70 bis 80 Prozent ihrer ursprünglichen Leistung. Für den Straßenverkehr ist das zu wenig. Für den Einsatz als Teil einer stationären Batteriespeicherlösung hingegen reicht ihre Leistung aus, um im Schwarm mehrerer Batterien, Energie zu speichern und wieder abzugeben. Je 24 dieser Stromspeicher werden jeweils zu einem Batterieverbund zusammengefasst.
Herausforderungen und Vermarktungspotenziale
Die Energievermarktung geschieht mit Hilfe des Joint Ventures Coulomb. Das Unternehmen bietet seinen Strom über ein virtuelles Kraftwerk, das aus dem Energiespeicher-Pool besteht, als Primärregelleistung (PRL) am Regelenergiemarkt an. Als präqualifizierter PRL-Anbieter kann Coulomb mit seinen Batteriespeichern innerhalb von Sekundenbruchteilen Netzschwankungen ausgleichen. Vertraglich sichert das Unternehmen den Übertragungsnetzbetreibern (ÜNB) zu, die notwendige Leistung zur dynamischen Stabilisierung der Netzfrequenz im Stromnetz (50 Hertz) vorzuhalten. Das Leitsystem von The Mobility House steuert für diesen Einsatz den Schwarm von Batteriesystemen und auch jedes einzelne Batteriesystem, das selbst wiederum aus den besagten 24 Einzelbatterien aufgebaut ist. Des Weiteren sammelt das Leitsystem sämtliche Daten über die Leistungsauf- beziehungsweise -abnahme der Batteriespeicher und leitet diese zu den ÜNB weiter. Die Batteriespeicher sind in der Lage auch ohne Verbindung zum Leitsystem Schwankungen im Stromnetz auszugleichen. Dies ist auch notwendig, um die kurzen Reaktionszeiten für den Leistungsausgleich im Netz zu ermöglichen.
Damit sich die Batterien immer in einem für die Regelleistung bestmöglichen Ladezustand (state-of-charge, SoC) befinden, kann jede Batterie nach vordefinierten Regeln selbst -vollautomatisch über das Handelssystem der Getec Energie am Intraday-Markt Energie verkaufen oder einkaufen. Jede Batterie kann sich selbstständig vor einem zu niedrigen, beziehungsweise zu hohen Ladezustand schützen. Mit einer Leistung von über 15 Megawatt im Bereich der Primärregelleistung liefern diese 2nd-Use-Speicher einen beachtlichen Anteil an der Netzstabilität. Zum Vergleich: Die insgesamt am Primärregeleistungsmarkt angebotene Leistung aus Batteriespeichern betrug vor einem Jahr gerade einmal 20 Megawatt – in ganz Deutschland.
Sicher, hochverfügbar und intelligent
Neben der Herausforderung, die Batterien intelligent zu steuern, ist die größte Hürde die sichere und hochverfügbare Anbindung der Anlagen, des Handelssystems und die der Leitstelle. Die technischen Anforderungen an die Sicherheit und Verfügbarkeit an die Datenkommunikation sind für Präqualifizierung bei den ÜNB insbesondere im Bereich der Primärregelleistung sehr hoch. Kann ein virtuelles Kraftwerk aus Batteriespeichern also angesichts des erforderlichen Investitionsvolumens und der anspruchsvollen Sicherheitsanforderungen im Bereich der Regelleistungen mit vertretbarem Aufwand an die Übertragungsnetze angeschlossen und dann wirtschaftlich betrieben werden? Schließlich gehört der Regelenergiestrommarkt zu den kritischen Infrastrukturen, die nach den Vorgaben der ÜNB und denen des BSI abgesichert werden müssen.
Um die hohen ÜNB-Anforderungen an IT-Sicherheit und Verfügbarkeit zu realisieren wurden alle Batterien mit LTE-Mobilfunk-Routern und SIM-Karten ausgestattet. Zur Einwahl in das Mobilfunknetz wurden dedizierte Zugangspunkte im Mobilfunknetz (APNs) eingerichtet und so eine eigene, von anderen Mobilfunknutzern getrennte, geschlossene Benutzergruppe realisiert. Zur Erhöhung der Verfügbarkeit kommen zwei unterschiedliche Mobilfunknetzbetreiber mit jeweils redundanten APNs, und standortredundante Server zum Einsatz.
Das Leitsystem ist ebenfalls standortredundant ausgeführt und direkt mit den Servern verbunden. Die ÜNB-Anbindung erfolgt über Mobilfunk mit hohen Sicherheitsstandards.
Die Zukunft heißt Vehicle-to-Grid
Nach der erfolgreichen Integration der Leitstelle und der Batteriesysteme in die sichere Kommunikationsinfrastruktur steht nun dem zweiten Entwicklungsschritt des Unternehmens nichts mehr im Weg. Das Stichwort lautet Vehicle-to-Grid. Nach den großen Schwarmbatterien sollen nun auch über die Ladestationen Fahrzeugbatterien in die Primärregelleistung eingebunden werden. Auch sie können Strom abgeben oder aufnehmen, um Schwankungen auszugleichen. Den Fahrern winkt dabei neben dem guten Gewissen, einen Beitrag zur sauberen Stromversorgung zu leisten, auch monetäre Vorteile. In Zukunft soll aber auch der Berufsverkehr bestehend aus elektrifizierten LKW oder Bussen aus dem öffentlichen Nahverkehr als Speicher eingebunden werden und für die Netzstabilität sorgen. Die technischen Voraussetzungen dafür stehen bereit.