Experten gehen davon aus, dass 80 bis 90 Prozent aller Ladevorgänge zu Hause oder am Arbeitsplatz stattfinden. Dort wo das Auto ohnehin länger parkt, kommt es nicht auf Schnelligkeit beim Laden an. „Dafür sind normale Wallboxen oder Ladesäulen bestens geeignet“, sagt Dr. Norbert Verweyen.
Anders sieht es entlang der Autobahnen oder Hauptverkehrsachsen aus, wo die Autofahrer in möglichst kurzer Zeit weiterfahren möchten. „Hier sind Schnellladesäulen mit immer höherer Leistung schon heute der Standard“, erläutert der CTO bei der Innogy eMobility Solutions GmbH.
Aber auch im öffentlichen Raum werde voraussichtlich Schnellladung an Bedeutung gewinnen. Für den Einzelhandel sei dies beispielsweise eine sehr attraktive Option, denn die Kunden können den Einkauf mit dem Laden ihres Autos verbinden.
Für Verweyen ist die Lage des im Januar eröffneten Schnellladeparks in Duisburg am Autobahnkreuz in direkter Nähe zur A42 und A59 ideal: „Man erreicht den Transitverkehr und ermöglicht gleichzeitig Stadtbewohnern ohne eigenen Stellplatz Elektromobilität.“ Denn gerade in großen Städten könnten Autofahrer ihr Auto häufig nicht zuhause laden.
Das gemeinsam von der neuen Innogy-Tochter mit den Stadtwerken Duisburg realisierte Projekt kombiniert vier Schnellladesäulen mit je 150 kW Leistung und ein Solardach mit einer Batteriestation mit 210 kWh Kapazität. Die 180 qm große Photovoltaik(PV)-Anlage liefert 26.000 kWh Ökostrom im Jahr. Die Schnellladesäulen sind Produkte der Firmen Porsche und Delta, der Batteriespeicher kommt von Belectric.
Senkung der Netzanschlussleistung
Ein im Hintergrund arbeitendes Energiemanagementsystem optimiert kontinuierlich den Batteriefüllstand auf Basis der erwarteten Kundennachfrage und der Sonnenscheinprognose. Der Batteriespeicher puffert so die Spitzenbelastung ab, wenn mehrere Autos gleichzeitig mit voller Leistung schnell laden. „Durch diese Reduzierung des Spitzenlaststroms kann gleichzeitig schnell und netzschonend geladen werden. Das senkt die Netzanschlussleistung“, erläutert Verweyen. Die Batterie ermögliche zudem, den gesamten Sonnenstrom lokal zu nutzen. Damit arbeite die zukunftsweisende Stromtankstelle teilweise autark.
Nach den ersten Betriebswochen des Ladeparks liegen noch keine kommunizierbaren Erkenntnisse vor, etwa hinsichtlich der konkreten Nutzungssituation oder welchen Anteil die PV-Anlage zum Gesamtstromverbrauch beiträgt. Innogy teilt auf Anfrage mit, dass prinzipiell auch die Versorgung aus dem Netz per Ökostrom erfolgt.
Und auch zum typischen Tagesverlaufs der Ein- und Ausspeicherung gibt es offenbar noch keine offizielle Auswertung, so dass das Energieunternehmen zunächst auf allgemeine Erfahrungswerte verweist: „Die meisten Elektroautofahrer laden nach der Arbeit, demnach ist die Auslastung in den Nachmittags- und Abendstunden höher und damit auch die Ausspeisung aus dem Batteriespeicher. Dahingegen ist die Stromerzeugung des PV-Dachs mittags am größten. Der Strom, der mittags nicht sofort im Ladepark verbraucht wird, wird dann im Batteriespeicher gespeichert.“
Paradebeispiel für Flexibilität
Und inwieweit lässt sich aufgrund des Speichers und des intelligenten Energiekonzepts das Ausmaß des für einen solchen Ladepark eigentlich erforderlichen Netzausbau vermeiden? Elektromobilität eigne sich ideal für die Anpassung des Verbrauchs an die zunehmend volatile Stromproduktion aus erneuerbaren Energien, wenn hinter ihr eine intelligente Ladeinfrastruktur steht, über die die Stromabgabe flexibel gesteuert werden kann, sagt der Technikchef der Innogy-Tochter. Er ist überzeugt davon, dass das in Duisburg eingesetzte Ladepark-Konzept „ein Paradebeispiel für die weitere Steigerung der Flexibilität“ ist. Hierdurch werde das Netz nachhaltig geschont und das integrierte IT-System gewährleiste niedrige Netzausbaukosten.
Der Energiemanager rechnet zudem damit, dass der Bedarf für Schnellladesäulen in dicht besiedelten Stadtgebieten wächst. Das liege neben den kurzen Ladezeiten auch daran, dass die Schadstoff- und CO2-freie Elektromobilität gerade in Ballungsräumen besonders sinnvoll sei beim Bestreben, die Luftqualität nachhaltig zu verbessern. Zudem hat er als Adressaten für die Schnelllader Flottenbetreiber ausgemacht, deren Fahrzeuge rund um die Uhr im Einsatz sind.
Konsequente Ergänzung
Der Vorstandsvorsitzende der Stadtwerke Duisburg, Marcus Wittig, pflichtet ihm bei: Der Schnellladepark sei die konsequente Ergänzung zur innerstädtischen Ladeinfrastruktur des Energieversorgers in der Ruhrgebietsstadt.
„Kürzere Ladezeiten sind ein entscheidender Faktor, um der Elektromobilität zum Durchbruch zu verhelfen“, betont er. Elke Temme, Geschäftsführerin der Innogy eMobility Solutions verweist darauf, dass man mit diesem richtungsweisenden Projekt schon heute auf die Infrastruktur von morgen setze.
Und wie steht es hier um die Projektpipeline? Ganz konkretes will der CTO noch nicht verkünden, aber sicher ist, dass der Ladepark nicht der letzte seiner Art sein wird: „Durch die wissenschaftliche Begleitung des Pilotprojekts wollen wir wichtige Erkenntnisse gewinnen, um das Konzept an weiteren Standorten umzusetzen“, sagt Verweyen.