Automatisierte Herstellung für unterschiedliche Objekte Robotik: Neue hautähnliche Sensoren passen fast immer

Die Sensorhaut ist sehr flexibel und lässt sich auf vielen Oberflächen anbringen, beispielsweise auch auf Fingern.

Bild: Andreas Heddergott / TUM
07.08.2023

Forschende aus dem Robotik- und KI-Institut Mirmi der Technischen Universität München (TUM) haben ein automatisiertes Verfahren entwickelt, mit dem sie weiche Sensoren herstellen können. Diese Messzellen sind universell und lassen sich an nahezu allen Objekten anbringen. Besonders in der Robotik und Prothetik sollen sie zum Einsatz kommen.

„Die Umwelt zu erfassen und wahrzunehmen ist sehr wichtig, um zu verstehen, wie wir effektiv mit ihr interagieren können“, sagt Sonja Groß. Ein wichtiger Faktor für die Interaktion mit Objekten sei deren Form. „Sie bestimmt, wie wir spezifische Aufgaben ausführen können“, sagt die Wissenschaftlerin vom Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence (Mirmi) der TUM. Hinzu kommt, dass auch physikalische Eigenschaften eines Gegenstands wie dessen Härte und Flexibilität einen Einfluss darauf haben, wie man es beispielsweise greifen und damit umgehen kann.

Künstliche Hand: Interaktion mit dem robotischen System

Der Königsweg in der Robotik und Prothetik basiert darauf, die sensomotorischen Fähigkeiten des Menschen nachzuahmen, zum Beispiel die einer Hand. In der Robotik werden Kraft- und Drehmomentsensoren herkömmlicherweise fest integriert. Diese Messzellen liefern wertvolles Feedback über die Interaktion des robotischen Systems, wie beispielsweise einer künstlichen Hand, mit der Umgebung.

Allerdings stoßen traditionelle Sensoren an Grenzen, wenn es um individuelle Anpassungen geht. Zudem lassen sie sich nicht auf beliebigen Objekten anbringen. Sprich: Bis jetzt gab es kein Verfahren, mit dem sich Sensoren für starre, beliebig gestaltete und beliebig große Objekte herstellen ließen.

Neues „Framework“ für weiche Sensoren erstmals vorgestellt

Hier setzt die Forschung von Sonja Groß and Diego Hidalgo an, die sie gerade auf der Robotikkonferenz Icra in London vorgestellt haben. Das Besondere: Ein weiches Haut-ähnliches Material, das sich um die Objekte schmiegt. Noch dazu hat die Forschungsgruppe ein „Framework“ entwickelt, um diese Haut weitgehend automatisiert herzustellen.

Und das funktioniert so: „In einer Software bauen wir die Struktur für die Sensorik“, sagt Hidalgo, „diese Informationen schicken wir an einen 3D-Drucker, wo unsere weichen Sensoren hergestellt werden.“ Dabei bringt der Drucker eine leitfähige, schwarze Paste in flüssiges Silikon ein. Während das Silikon aushärtet, bleibt die Paste flüssig und ist durch das Silikon umschlossen. Werden die Sensoren gedrückt oder gedehnt, verändert sich deren elektrischer Widerstand.

„So erfahren wir, wie stark eine Fläche gedrückt oder gedehnt wurde. Wir nutzen dieses Prinzip, um generell Interaktionen mit den Objekten zu verstehen und ganz konkret, um eine künstliche Hand kontrollieren zu können, die mit diesen Objekten interagiert“, erläutert Hidalgo. Das Besondere: Die in Silikon gebetteten Sensoren passen sich der jeweiligen Oberfläche (wie beispielsweise auch Fingern oder Händen) an und liefern trotzdem verlässlich präzise Daten, die für die Interaktion mit der Umgebung genutzt werden können.

Neue Perspektiven für Robotik und speziell die Prothetik

„Die Integration dieser weichen, hautähnlichen Sensoren in 3D-Objekte eröffnet neue Wege der fortschrittlichen Haptik in der künstlichen Intelligenz“, ist auch der Executive Director des Mirmi Prof. Sami Haddadin überzeugt. Denn die Sensoren liefern wertvolle Informationen etwa über Druckkräfte und Verformungen in Echtzeit – geben also sofortige Rückmeldungen.

So erweitern sie die Wahrnehmung eines Objektes oder einer Roboterhand – und eine anspruchsvollere und feinfühligere Interaktion wird möglich. Haddadin: „Diese Arbeit hat das Potenzial, Industrien wie die Robotik, Prothetik und die Mensch-Maschine-Interaktion generell zu revolutionieren, indem sie drahtlose und individualisierbare Sensorisierung für beliebige Objekte und Maschinen ermöglicht.“

Bildergalerie

  • Die Sensorhaut lässt sich auf beliebigen Körpern anbringen, hier an einem Doekaeder.

    Die Sensorhaut lässt sich auf beliebigen Körpern anbringen, hier an einem Doekaeder.

    Bild: Andreas Heddergott / TUM

  • Leitfähige Tinte fungiert als Sensor, eingebettet in Silikon.

    Leitfähige Tinte fungiert als Sensor, eingebettet in Silikon.

    Bild: Andreas Heddergott / TUM

  • Das Forscherteam im Mirmi-Labor (von links nach rechts): Dr. Amartya Ganguly, Sonja Groß, Diego Hidalgo-Carvajal

    Das Forscherteam im Mirmi-Labor (von links nach rechts): Dr. Amartya Ganguly, Sonja Groß, Diego Hidalgo-Carvajal

    Bild: Andreas Heddergott / TUM

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