Maschinen und elektronische Geräte erzeugen oft Abwärme, die nur schwer zu nutzen ist. Ließe sich aus dieser Abwärme Strom erzeugen, böte sich ein sauberer und nachhaltiger Ansatz zur Energiegewinnung. Eine solche Technologie wäre ideal für stromsparende Elektronikanwendungen wie „Wearables“ und kostengünstige „Internet-of-Things“-Geräte. Dazu gehören etwa tragbare (medizinische) Geräte und Sensoren mit einem breiten Spektrum an Anwendungen in der Gesundheits- und Sportindustrie sowie in intelligenten Gebäuden und in Mobilitätsanwendungen.
Thermoelektrische Generatoren, also Maschinen, die Strom durch Nutzung von Temperaturunterschieden erzeugen, gibt es bereits, aber ihr Wirkungsgrad ist im Allgemeinen niedrig, so dass nur wenig Strom erzeugt wird. Eine effektivere Stromerzeugung würde Materialien erfordern, die gleichzeitig eine hohe elektrische Leitfähigkeit und eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweisen. Diese Anforderungen schließen sich jedoch in der Regel gegenseitig aus.
Quantenpunkte als Lösung
In den letzten Jahren haben mehrere Forschungsgruppen weltweit gezeigt, dass die thermoelektrische Umwandlung erheblich verbessert werden kann, indem man Quanteneffekte ausnutzt. So lässt sich etwa durch die Verwendung von Quantenpunkten, die als sehr selektive Energiefilter fungieren, der Wirkungsgrad der Umwandlung drastisch steigern, sogar bis an die Grenzen des theoretisch Machbaren. Das Problem: Die Quantenmaschinen, auch Quantenwärmemaschinen genannt, müssen auf eine Temperatur von einigen Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt werde, was im Alltag nicht praktikabel ist.
Forschende der Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) könnten dieses Problem jedoch überwinden und einen thermoelektrischen Generator entwickeln, der bei Raumtemperatur funktioniert. Mickael L. Perrin, Forscher in der von Michel Calame geleiteten Abteilung „Transport at Nanoscale Interfaces“, hatte die Idee, Graphen-Nanobänder zu verwenden – eine Spezialität der Empa. Die allerersten Graphen-Nanobänder wurden von einer anderen Forschungsgruppe der Empa synthetisiert: Roman Fasel und seine Kolleginnen und Kollegen aus der Abteilung „Nanotech@Surfaces“. Seit mehreren Jahren arbeiten die Empa-Forschenden bereits an verschiedenen Ansätzen, um aus solchen Nanobändern elektronische Geräte herzustellen.
Betrieb bei Raumtemperatur dank Graphen-Nanobändern
Perrin konnte in mehreren unterschiedlichen Graphen-Nanobändern die Eigenschaften von Quantenpunkten nachweisen, von denen einige bis zu einer Temperatur von -123 °C stabil sind, also bei viel höheren Temperaturen, als die bisher für die thermoelektrische Umwandlung verwendeten Quantenpunkte. Ziel ist es nun, solche Graphen-Nanobänder in eine Quantenwärmekraftmaschine zu integrieren und diese bei Raumtemperatur zum Laufen zu bringen. Da die Quantenpunkte nur wenige Nanometer groß sind, müssen für die elektrische Kontaktierung spezielle Herstellungstechniken entwickelt werden, die am „Binnig und Rohrer Nanotechnology Center“ des IBM-Forschungszentrums in Rüschlikon umgesetzt werden. Ausserdem werden maßgeschneiderte Messsysteme benötigt, um die Effizienz der Energieumwandlung zu ermitteln.
Wenn alles gut geht, könnte Perrin in den nächsten Jahren eine winzige Wärmekraftmaschine auf einem Chip entwickeln. Diese könnte nicht nur Strom aus Abwärme erzeugen, sondern wäre durch Umkehrung des Funktionsprinzips auch für eine effiziente Kühlung geeignet.
Mit seinen beiden Forschungsstipendien wird Perrin in den nächsten Monaten eine Assistenzprofessur im Departement Informationstechnologie und Elektrotechnik der ETH Zürich antreten. In den nächsten Jahren wird er seine Forschungsarbeit in den Empa-Labors fortsetzen, wo modernste Geräte für die thermoelektrische Charakterisierung von Quanten-Wärmemaschinen zur Verfügung stehen.
Hoffentlich nur eine Übergangslösung
Finanziert wird Perrins Forschung durch den Schweizerischen Nationalfonds (SNF) und das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI). Aufgrund des gescheiterten Rahmenabkommens zwischen der Schweiz und der EU ist die Schweiz derzeit vom europäischen Forschungsprogramm „Horizon Europe“ ausgeschlossen. Ausnahmsweise werden daher die „ERC Starting Grants“ dieses Jahr direkt vom SBFI finanziert. Nur so können die begehrten jungen Forschenden in der Schweiz gehalten werden. Um die zugesprochenen Gelder direkt von der EU zu erhalten, müssten Perrin und die anderen 27 ERC-Stipendiaten aus der Schweiz an eine ausländische Universität wechseln, die dem Europäischen Forschungsraum angehört.