Die Zukunft der Logistik ist elektrisch: Alexander Vlaskamp, Chef des Herstellers MAN, erklärte im Rahmen der IAA 2022: „Wir gehen davon aus, dass 2030 die Hälfte unserer verkauften LKW mit Strom fahren wird“. Martin Daum, Vorstandsvorsitzender bei Daimler Truck, rechnet für 2030 sogar mit einem Anteil von 60 Prozent Elektro- und Brennstoffzellen-Fahrzeugen am gesamten Verkaufsvolumen. Nicht zuletzt setzt die Politik in Sachen nachhaltiger Mobilität auf die Elektrifizierung des Straßengüterverkehrs.
Europäische Datenplattform als Basis für den Wandel zum E-Schwerlastverkehr
Wie gelingt es aber, elektrifizierte Fahrzeuge möglichst reibungslos in die bereits bestehenden Logistiksysteme und -prozesse zu integrieren? Diese Frage steht im Mittelpunkt des vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) geförderten Projekts „Truck Connect“, an dem das Institut für Arbeitswissenschaft und Technologiemanagement (IAT), das Institut für Energieübertragung und Hochspannungstechnik (IEH) sowie das Institut für Fördertechnik und Logistik (IFT) der Universität Stuttgart beteiligt sind.
Ziel des Projekts ist die Erstellung eines Anforderungskatalogs zur Implementierung einer Europäischen Datenplattform für den batterieelektrischen Schwerlastverkehr. Denn eines ist gewiss: Die erfolgreiche Transformation kann nur datenbasiert erfolgen. Die intelligente Plattform soll den Austausch von Daten zwischen Transport- und Energiesystemen ermöglichen und die Energie- und Transportbedarfe so synchronisieren, dass batterieelektrische LKW zukünftig genauso zuverlässig eingesetzt werden können wie Diesel-LKW – bei gleichbleibender Versorgungssicherheit.
Anforderungskatalog ermittelt vielfältige Fragestellungen im Logistiksystem
Der Wechsel von herkömmlichen zu elektrischen Fahrzeugen bringt vielfältige Veränderungen und Anforderungen im Logistikprozess mit sich, vom Lieferzeitfenster über Rampenprozesse bis hin zu Betreibermodellen für die Ladeinfrastruktur. „Durch die Vielzahl an beteiligten Akteuren und den jeweils dahinterstehenden Prozessen gibt es sehr viele Abhängigkeiten und Wechselwirkungen, die vorausgedacht und gründlich geplant werden müssen“, erklärt Felix Otteny, Projektleiter am IAT. Deswegen wollten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch nicht direkt mit einem Prototypen starten, sondern zunächst einen Anforderungskatalog erarbeiten. In diesem beantworten die Forschenden Fragen wie: Was verändert sich an welchen Stellen im Logistiksystem? Was sind kritische Punkte und wie kann man diesen vorbeugen? Wer baut und plant die Ladeinfrastruktur und welche Betreibermodelle stehen dahinter? Welche Rolle spielen beispielsweise Autobahnraststätten und wie gelingt die Sektorenkopplung?
„Wir streben im Projekt eine europäische Lösung an“, betont Otteny, denn das Logistiksystem ende nicht an der Landesgrenze. „Wenn sich die polnische Spedition nicht an der Ladesäule anmelden kann oder diese gar nicht vorab buchen kann, gerät die ganze Lieferkette ins Stocken.“ Auch die Betreiberfrage ist zentral für das Gelingen der Datenplattform, denn wenn privatwirtschaftliche Geschäftsmodelle ins Spiel kommen, entstehen im schlechtesten Fall inkompatible Insellösungen, die den Logistikprozess wiederum ins Stocken bringen.
Das Projekt „TruckConnect“ läuft von September 2022 bis August 2023 und schafft eine wichtige Grundlage für den bevorstehenden Transformationsprozess hin zu einem klimafreundlichen Fernverkehr.