ChatGPT und Co Chancen der KI-Forschung in Deutschland

Chatbots wie ChatGPT erleichtern einem oft die Arbeit, jedoch rät Informatikprofessor Liggesmeyer die Anwendungen zunächst zu beobachten

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26.05.2023

Peter Liggesmeyer, Informatikprofessor und Mitglied im Vorstandsrat der Gesellschaft Deutscher Naturforscher und Ärzte (GDNÄ), kommentiert die Künstliche Intelligenz, drohende Innovationshemmnisse und bezahlbare Zelltherapien.

„Über Chatbots wie ChatGPT wird im Kollegenkreis schon seit Jahren diskutiert“, sagt Professor Liggesmeyer vom Fraunhofer-Institut für Experimentelles Software Engineering IESE in Kaiserslautern. An der Universität Kaiserslautern, an der der Professor lehrt, drehe sich die Debatte um den Einsatz von ChatGPT in der Lehre und um die Beurteilung studentischer Leistungen. Es gebe gute Argumente für und gegen den Einsatz von Chatbots an der Hochschule, sagt Liggesmeyer.

Zwar könnten Sprachmodelle wie ChatGPT aus wenigen Stichworten geschliffene Texte produzieren, aber sie ersetzten nicht den oft mühsamen Wissenserwerb an der Universität. Für schnelle Literaturrecherchen wiederum eigneten sie sich hervorragend. Das Feld entwickle sich, auch dank immer schnellerer Computer, erstaunlich schnell und sei derzeit höchst volatil. „Es wird sich zeigen, dass weder das vollständige Verbot der Nutzung von Systemen wie ChatGPT sinnvoll ist noch ihre uneingeschränkte Nutzung“, sagt der Informatiker.

Er empfiehlt, die Entwicklung eine Zeitlang zu beobachten, um nach angemessener Zeit kluge Entscheidungen treffen zu können. „Insgesamt sehe ich für Deutschland in der KI-Forschung gute Chancen“, sagt Peter Liggesmeyer. Ein Innovationshemmnis könne der geplante EU AI Act werden, ein Gesetz zur Regulierung von KI-Anwendungen auf europäischer Ebene. Die Ziele des Vorhabens seien durchaus ehrenhaft, er fürchte allerdings, dass die zu erwartende Umsetzung zu einem Technologiehemmnis mit negativen Wirkungen auch im digitalen Alltag werden könnte.

Anwendungsorientierung mit großem Wert

Er möchte den von ihm als künstlich empfundenen Widerspruch zwischen Grundlagen- und angewandter Forschung auflösen. Entsprechend engagiert sich der Informatiker an seiner Universität in den Bereichen „Nutzfahrzeugtechnik“, „Baustelle der Zukunft“ sowie „Region und Stadt“. Ein wichtiges Feld sei die Intelligente Medizin, die mit automatisierten Produktionstechnologien zur Entwicklung neuartiger Impfstoffe und Zelltherapien auf mRNA-Basis beiträgt.

Seit Beginn seiner Forscherkarriere beschäftigt sich Liggesmeyer mit der Sicherheit digitaler Systeme. Zwei Arten von Sicherheitsrisiken stehen im Mittelpunkt: zum einen Gefährdungen von außen im Sinne des englischen Begriffs „security“, zum anderen „safety“, also Gefahren, die von den Systemen selbst ausgehen. Ein Beispiel sind die Risiken selbstfahrender Autos. Der Informatiker plädiert hier für praktikable Vorschriften, die sich an der Fähigkeit des Menschen orientieren, trotz vieler Unwägbarkeiten in komplexen Situationen sachgerecht zu entscheiden.

Als Mitglied im Vorstandsrat der GDNÄ will Liggesmeyer dazu beitragen, die Interdisziplinarität der GDNÄ weiter auszubauen und die Verbindungen zur Deutschen Physikalischen Gesellschaft und zur Gesellschaft für Informatik zu stärken. Interessante Bezugspunkte gebe es zwischen Ingenieur-wissenschaften, Informatik und Medizin, etwa auf dem Gebiet der RNA-Therapien. Liggesmeyer: „Ich sehe die GDNÄ als Kristallisationskern vielversprechender Kooperationen.“

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