Hohe Strahlung und meterdicke Wände aus Stahl und Beton: Atomkraftwerke gelten als die sichersten Bauten, die bei einem Zwischenfall dafür sorgen sollen, dass kein radioaktives Material in die Umwelt gelangt. Bei einem Störfall freiwerdende Strahlung ist für Menschen gefährlich oder gar tödlich und erschwert im Katastrophenfall die Sicherung des Kraftwerks. Roboter in AKWs sind keine Neuheit: Nach der Nuklearkatastrophe von Fukushima kamen Roboter zum Einsatz, um Messwerte aus dem Inneren zur Strahlung zu liefern.
Das AKW Zwentendorf ist weltweit einmalig: Ein Volksentscheid stoppte kurz vor der Inbetriebnahme 1978 den Start des AKWs. Seitdem ging in Österreich auch kein neues AKW ans Netz. Das Kraftwerk war also noch nie mit Uran bestückt und ist damit ideal, um Katastropheneinsätze zu üben.
Komplexe Aufgaben lösen
Die Aufgabe im nachgestellten Katastrophenfall des Hackathon ist komplex: Die Teams und ihre Roboter müssen Bereiche des AKWs auf Strahlung hin untersuchen und wichtige Bereiche mittels Laserscannern kartieren. Ist die Strahlung zu hoch müssen die autonomen oder ferngesteuerten Roboter im Anschluss Ventile zudrehen. Der Weg in den unteren Reaktorbereich ist durch mehrere Treppen und Türschwellen erschwert.
Aufgrund der eingebrachten Strahlungsquellen dürfen während des Wettbewerbs nur Strahlenschutzexperten neben den Roboterplattformen sein; die Teams bleiben in einem sicheren Bereich und steuern die Plattformen fern. Bleibt ein Roboter auf Grund eines technischen Defekts liegen, so muss dieser unter hohen Sicherheitsauflagen geborgen werden.
Das Team RoboTHIx um Prof. Dr. Christian Pfitzner nimmt zum ersten Mal bei EnRicH teil: Studierende der Fakultät Elektro- und Informationstechnik bauten Roboter X1 in den vergangenen Monaten zusammen. Ausgestattet ist er mit zwei Motoren, einer 3D-Kamera, einem Laserscanner sowie einem Geigerzähler. X1 erstellt auf seiner Mission innerhalb von 30 Minuten eine Umgebungskarte des Kraftwerks, in welcher die Strahlungsquellen eingezeichnet sind.
Problematik Funkstörungen
Neben der hohen Strahlung, welche die Elektronik über die Zeit beschädigt gibt es weitere Herausforderungen: Die dicken Wände verhindern eine stabile Funkkommunikation. Das wurde auch den Robotern in Fukushima zum Verhängnis, welche in das Gebäude mit einem Kabel vordrangen. Nach einem Defekt des Kabels verweilen die Roboter noch heute, zehn Jahre nach der Reaktorkatastrophe, im Gebäude. Damit die Roboter bei EnRicH dennoch kabellos im Kraftwerk umherfahren können, stellen die Organisatoren ein WLAN-Netzwerk zur Verfügung.
„X1 ist aktuell ein erster Prototyp; besonders im Vergleich mit den etablierten Teams, die bei EnRicH seit mehreren Jahren teilnehmen. Bis kurz vor einem Lauf wird die Roboterplattform stetig optimiert und auch die Software wird zum Teil vor Ort geschrieben. Dennoch klappt vieles auch schon besser als erhofft und wir können viel von anderen Teams lernen“, sagt Prof. Dr. Christian Pfitzner.