Zukunftsfähige IT in der Logistik „Eine Neubewertung der Logistik ist dringend notwendig“

Martin Frischenschlager bringt aus seinen früheren Tätigkeiten langjährige Erfahrung aus dem SAP-Umfeld, dem Healthcare-Sektor sowie der Finanzbranche mit in die SSI-Schäfer-Gruppe. Bei SSI Schäfer verantwortete er zu Beginn den Geschäftsbereich IT Business Operations. Per 1. Juli 2020 übernahm er als Global Head of Product Line Software die Verantwortung für alle Softwareprodukte innerhalb der SSI-Schäfer-Gruppe weltweit sowie den weiteren Ausbau des Enterprise-Business im IT-Umfeld.

Bild: Manuel Schaffernak, SSI Schäfer
19.08.2020

Die aktuellen, hochdynamischen Veränderungen in der Logistik sind unumkehrbar. Extreme Schwankungen bei den Absatzmengen wie auch bei der Distribution in die unterschiedlichen Absatzkanäle sind mit moderner Intralogistik-IT nicht nur kontrollierbar, sondern aktiv nutzbar.

Martin Frischenschlager ist mit diesem Beitrag im P&A-Kompendium 2020 als einer von 100 Machern der Prozessindustrie vertreten. Alle Beiträge des P&A-Kompendiums finden Sie in unserer Rubrik Menschen.

Die Coronavirus-Pandemie hat eine der ältesten Fragen der Logistik wieder neu in den Fokus gerückt: „Wie gut ist meine Logistik auf Veränderungen in meinem Geschäftsfeld vorbereitet?“ Diese zentrale Frage lässt sich anhand der folgenden drei Aspekte beleuchten:

  • Wie schnell erkenne ich Veränderungen?

  • Wie kann ich die Effektivität relevanter Maßnahmen bewerten?

  • Wie kann ich die effiziente Umsetzung der logistischen Maßnahmen garantieren?

Digitalisierungshindernisse in der Logistik

In einigen Branchen hat die aktuelle Situation bei Lagerbetreibern aufgrund der geänderten Nachfrage zu einer Steigerung der notwendigen Logistikleistung über die bekannten Maximalwerte hinaus geführt. Meist wurde der Bedarf durch den Einsatz von zusätzlichem Personal abgedeckt. In manchen Fällen standen die vorhandenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund behördlicher Anordnungen plötzlich gar nicht mehr zur Verfügung.

Viele Altsysteme in der Logistik sind diesen hochdynamischen Anforderungen in puncto Skalierbarkeit und intuitiver Bedienung nicht mehr gewachsen. Gemäß einer Studie von Capgemini aus dem Jahr 2018 wurden auf dem Weg in die Digitalisierung die Gründe „Geschäftsprozesse nicht flexibel genug“ und „Begrenzte Anpassungsmöglichkeit der Altsysteme“ als zwei der Top drei Hindernisse genannt.

Diese zwei Barrieren korrelieren dabei enorm miteinander. Agile Geschäftsprozesse zur Wahrung von Marktchancen sind fast immer mit entsprechend agilen IT-Systemen verbunden. Starre Backoffice-Workflows führen gezwungenermaßen auch zu gleichartigen festgefahrenen Abläufen.

Nach wie vor findet man Stellenanzeigen für Cobol-Programmierer, eine Programmiersprache, die in den 50er-Jahren des letzten Jahrhunderts entwickelt wurde, um ihre zentralen IT-Systeme mühsam zeit- und personalintensiv anzupassen. Schätzungen gehen von 20 bis 30 Prozent von IT-Systemen aus, die vom Hersteller nicht mehr gewartet oder weiterentwickelt werden oder bei welchen der Hersteller eventuell gar nicht mehr existiert.

Logistik und Transport in neuem Licht

Generell lässt sich beobachten, dass veraltete IT-Systeme auch mit veralteten Netzwerkstrukturen einhergehen. Das oftmals kolportierte Paradigma der Cloud als Innovationsmotor für eine radikale Neuausrichtung der betriebsinternen IT scheitert dann an der zur Verfügung stehenden Bandbreite.

Die aktuelle Situation führt nun zu einer dringend notwendigen Neubewertung der Risiken in der Industrie und damit auch in der Logistik selbst. Das Risiko, dass Mitarbeiter nicht mehr zu ihren Arbeitsplätzen kommen können, wird neu bewertet und erlangt nun auf Basis der jüngsten Erfahrungen eine höhere Gewichtung.

Auch, dass bis dato verlässliche Transportmittel und -wege nicht mehr funktionieren, wird in einem neuen Licht gesehen. Daher muss das Risiko, nicht hinreichend auf geänderte Umweltbedingungen reagieren zu können, in den obersten Entscheidungsgremien der Unternehmen als Top-Priorität auf der Agenda behandelt werden.

Um diese Risiken zu reduzieren, bietet sich die Automatisierung gepaart mit dynamischer, flexibler und adaptiver IT-Unterstützung an. Es mutet an, dass die Theorie der kreativen Zerstörung des österreichischen Ökonomen Schumpeter erneut bestätigt wird, sprich, die aktuellen Veränderungen könnten den Weg ebnen zu einem neuen Wachstumsschub in Richtung Industrie 4.0 und damit zum Wettbewerbsvorteil jener, die ihn als ersten beschreiten.

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