Zur Gewährleistung hocheffizienter, reaktionsschneller und flexibler Prozesse bedarf es effizienter, datengestützter Kontrollsysteme. Sie ermöglichen es den Einrichtungen, ihren CO2-Fußabdruck klein zu halten und gleichzeitig hochwertige Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen zu liefern.
Raffinerien und Rohölverarbeitungsanlagen können von neuen Technologien profitieren, mit denen in bestehenden Anlagen umweltschonende Ressourcen verarbeitet werden können. So haben einige führende Unternehmen ihre vorhandenen Anlagen bereits für die Herstellung von Biokraftstoffen umgerüstet.
Erprobte Vorgehensweise
Ein bewährtes Verfahren ist die Gewinnung von Bioethanol aus Pflanzen oder lignocellulosehaltigen Materialien. Im Allgemeinen werden die Ausgangsmaterialien zunächst einer Vorbehandlung unterzogen, um Hemicellulose und Lignin von der Cellulose zu trennen. Anschließend wird die Cellulose hydrolysiert, um vergärbare Zucker zu erhalten, die in Ethanol umgewandelt werden. Danach folgt die Destillation zur Reinigung des Kraftstoffs.
Es ist auch möglich, Biodiesel aus Altölen und -fetten, wie Talg, Pflanzenölen, zum Beispiel Soja- und ungenießbarem Maisöl, oder Algen herzustellen. Der Rohstoff wird vorverarbeitet, um den Gehalt an Verunreinigungen, Wasser, Phospholipiden und anderen pflanzlichen Stoffen zu reduzieren. Die Glyceride werden zu Fettsäuremethylester (Fatty Acid Methyl Esters, FAME) umgeestert, die anschließend gereinigt werden, um hochoktanigen Biodiesel zu erhalten.
Neue Technologien im Blick
Neben diesen bewährten Methoden werden ständig neue Lösungen entwickelt. Insbesondere die „Waste-to-Fuel“ – Verarbeitungstechnologien bieten eine Möglichkeit, eine Kreislaufwirtschaft für derzeit nicht verwertbare Materialien wie bestimmte Einwegkunststoffe und feste Kommunalabfälle zu schaffen. Immer mehr rücken auch Verfahren zur Verringerung der Abgasemissionen aus industriellen Prozessen in den Vordergrund.
Diese Alternativen basieren häufig auf der Pyrolyse, einem Verfahren, bei dem der Abfall ohne Sauerstoff erhitzt wird, um die Polymere zu zersetzen und in kurze Kohlenwasserstoffketten zu vergasen. Verunreinigungen wie Schwefel und Chlorid werden entfernt, während die gasförmigen Kohlenwasserstoffe kondensiert und in die entsprechenden Ölfraktionen getrennt werden.
Ermittlung der optimalen Bedingungen für eine nachhaltige Produktion
Diese Dekarbonisierungsstrategien unterscheiden sich stark in den verwendeten Rohstoffen sowie in den wichtigsten Verfahren, das heißt Fermentation, Umesterung und Pyrolyse. Allerdings gelten für die neuartigen Methoden teilweise dieselben Herausforderungen:
Unternehmen, die ihre Rohölanlagen anpassen möchten, mangelt es unter Umständen an dem erforderlichen detaillierten Prozessverständnis für eine hocheffiziente Anlage. Dabei sind die Analyse von Prozessdaten und die Nutzung umfassender, verwertbarer Erkenntnisse maßgeblich für die Aufrechterhaltung idealer Betriebsbedingungen. Diese sind Voraussetzung für optimale Energieeffizienz und Zykluszeiten sowie für hohe Produktqualität und Reduzierung von Ausschuss beispielsweise Abfall.
Herausforderung Trennverfahren
Eine typische Herausforderung für Raffinerien und Ölverarbeitungsanlagen ist die Implementierung hocheffektiver Trennverfahren. Die Ausgangsmaterialien enthalten oft eine Vielzahl von Verunreinigungen in hoher Konzentration. Zudem sind sie den Hauptbestandteilen meist sehr ähnlich, sodass es besonders schwierig ist, sie zu entfernen, ohne dass es zu einer thermischen Degradation der erwünschten chemischen Bestandteile kommt. Folglich haben die Vorbehandlung der Rohstoffe und die Aufreinigung der Produkte maßgeblichen Einfluss auf die Endqualität, die Verarbeitungszeit, die Energieeffizienz und letztlich die Umweltauswirkungen von Strategien zur Dekarbonisierung des Öl- und Gassektors.
Die Reaktionsbedingungen bei der Fermentation, Umesterung und Pyrolyse haben ebenfalls starke Auswirkungen auf die Rentabilität der Anlage. Während eine zu geringe Verarbeitungsintensität die Qualität des Endprodukts beeinträchtigen kann, ist eine zu hohe Verarbeitungsintensität unnötig energie- und zeitaufwendig.
Diese Herausforderungen sind nur mit einem datengesteuerten System zu bewältigen, das in der Lage ist, die physikalischen, chemischen und/oder biologischen Eigenschaften von Materialien in Echtzeit zu überwachen, die gewünschte Produktqualität zu bestimmen und diese Informationen zur umgehenden Anpassung der Prozessbedingungen zu nutzen. Prozessanalytische Technologie (PAT) schafft diese Rahmenbedingungen.
Datengesteuerte Prozesslenkung als Erfolgsfaktor für nachhaltige Prozesse
PAT basiert auf den Prinzipien der inhärenten Qualität (Quality by Design, QbD), die Qualitätsaspekte von der frühesten Designphase an in die Produkte „einplanen“, anstatt sie erst am Ende des Herstellungsprozesses zu kontrollieren. Hierfür wird ein Designraum mit kritischen Prozessparametern (Critical Process Parameters, CPP) definiert, die für bestimmte kritische Qualitätsattribute (Critical Quality Attributes, CQA) im Endprodukt sorgen sollen.
Während der Verarbeitung beobachtet PAT mit einem Netzwerk von Sensoren und Analysegeräten die relevanten Materialeigenschaften durch Online-, Inline- oder Atline-Messungen. Die so gewonnenen univariaten und multivariaten Daten, wie Nahinfrarot- (NIR-) oder UV/VIS-Spektren, werden zur Datenverarbeitung, -analyse und -visualisierung an Schlüsselsoftware weitergeleitet, zum Beispiel chemometrische und prädiktive Modellierungstools und Tools für multivariate Analysen (MVA).
Mithilfe dieser Softwarelösungen können Raffinerien umfassende Erkenntnisse über die verwendeten Materialien und Prozesse generieren. Insbesondere ist es möglich, das Ausgangsmaterial zu analysieren, anstatt sich auf angenommene, theoretische Eigenschaften zu verlassen. So wird PAT beispielsweise erfolgreich zur Bestimmung des Ligningehalts in pflanzlichen Materialien für die Bioethanolproduktion eingesetzt. Konkret können Bioraffinerien durch Infrarotspektroskopie in Verbindung mit fortschrittlichen chemometrischen Modellen ihre Vorbehandlungs-, Fermentations- und Pyrolyseprozesse quasi in Echtzeit auf die zu verarbeitende lignocellulosehaltige Biomasse abstimmen und den Durchsatz steigern.
Außerdem können Prozessanlagen präzise Qualitätsprognosen für die dynamische Steuerung nutzen. Sie profitieren zudem von Prozessvisualisierung in Echtzeit und der Möglichkeit, die CPPs manuell oder automatisch zu ändern, um die Betriebsbedingungen und CQAs zu verbessern. So werden beispielsweise Modelle zur Prognose des Ethylestergehalts auf der Grundlage von NIR-Messungen erfolgreich in der Biodieselproduktion eingesetzt.
Konkret wird diese Methode zur Online-Überwachung von alkalikatalysierten Umesterungsreaktionen von Sojaöl und Ethanol verwendet und hilft Bioraffinerien bei der Einhaltung optimaler Prozessbedingungen. Diese Strategie eignet sich zudem sehr gut zur Feststellung, wann die Reaktion abgeschlossen ist, um eine unzureichende oder übermäßige Verarbeitung zu vermeiden.
Datenmanagement für effiziente PAT-Frameworks
Um eine ganzheitliche und unmittelbare Transparenz ihrer neuen Prozesse zu schaffen, sollten Raffinerien eine Wissensmanagement-Plattform für ihre PAT-Strategien einführen. Diese Software kann Daten erfassen und mit Sensoren und Analysegeräten in der Prozesslinie sowie mit MVA-Tools und industriellen Automatisierungsgeräten austauschen.
Zu diesen Geräten gehören speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS), Prozessleitsysteme (PLS) sowie Plattformen zur Überwachung, Steuerung und Datenerfassung (Supervisory Control and Data Acquisition, SCADA), die den Raffineriebetrieb regeln. Darüber hinaus hat die Plattform Schnittstellen zu übergeordneten Managementsystemen wie Manufacturing Execution Systems (MES) und kombiniert so die Erkenntnisse der verschiedenen Ebenen der Automatisierungspyramide, um sie den Entscheidungsträgern leicht verständlich zu präsentieren.
Fortschrittliche PAT-Wissensmanagementlösungen sind nicht nur der zentrale Knotenpunkt, sondern bieten auch die Möglichkeit, mehrere CPPs gleichzeitig direkt zu steuern, um die gewünschten CQAs zu erreichen. Durch einen intelligenten Steuerungsalgorithmus ist dies auch automatisch möglich. Mit dieser Technologie können Raffinerien noch mehr erreichen, als nur die CPPs so nahe wie möglich an ihren Sollwerten zu halten. Vielmehr können sie die Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ihrer Prozesse erhöhen und gleichzeitig die Effizienz und die Qualität des Endprodukts steigern.
Darüber hinaus können Raffinerien angesichts der zunehmenden Verbreitung von „Continuous Flow Chemistry“ von einem PAT-Wissensmanager profitieren, der mit Funktionen zur Modellierung von Fließbildern für das dynamische Tracking und Tracing von Materialien ausgestattet ist und zudem Regelkreise für die Prozesslenkung unterstützt.
Diese Fähigkeiten liefern wichtige Informationen über die Bewegung von Materialien und Produkten in kontinuierlichen Prozessen sowie eine genaue Erfassung der Eigenschaften von Rohstoffen bis hin zu Endproduktchargen. Insofern sind solche Modelle gerade bei Rohstoffen mit sehr unterschiedlichen Verunreinigungsgraden von Vorteil.
Qualitätsmanagement für grüne Produkte
Indem es die zentralen Produktionsherausforderungen löst und gleichzeitig Wettbewerbsvorteile schafft, kann ein PAT-Framework ölverarbeitenden Betrieben die Umstellung auf nachhaltigere Materialien und Praktiken erleichtern. Insbesondere sorgt ein solches System für die notwendige Transparenz, um jederzeit gute Prozessbedingungen aufrechterhalten und die Abläufe besser steuern zu können.
Auf diese Weise kann PAT das Abfallaufkommen, die Prozessdauer und letztlich den Energieverbrauch reduzieren und so dazu beitragen, dass Dekarbonisierungsmaßnahmen wirtschaftlich und ökologisch solider werden.
Um von den Vorteilen einer PAT-Plattform in größtmöglichem Umfang zu profitieren, müssen Raffinerien eine Wissensmanagement-Plattform implementieren, die Prozesslenkung in Echtzeit unterstützt. Ein Beispiel für eine hocheffiziente Lösung mit diesen Fähigkeiten ist die Total-Quality-Management-Software synTQ, die in anspruchsvollen Branchen, die modernste Monitoringstrategien verlangen, bereits weit verbreitet ist – beispielsweise in der pharmazeutischen Produktion.
Die Software hilft den Unternehmen nachweislich, die Umweltauswirkungen ihrer Herstellungs- und Verarbeitungsprozesse zu verringern und gleichzeitig hochwertige Produkte zu wettbewerbsfähigen Preisen zu liefern.