Verkürzung von Produktentwicklungszeiten, kontinuierliche Effizienzsteigerungen, flexible Produktionsansätze, erhöhte Verfügbarkeit, optimierte Anlageninstandhaltung oder fundierte Entscheidungen aufgrund von Echtzeitdaten – die Liste von Vorteilen durch die Digitalisierung ist lang. Damit reale und virtuelle Produktion verschmelzen, ist die Datenintegration über alle Prozessschritte und Ebenen notwendig. Die physikalische Grundlage bilden flexible Kommunikationsnetze von der Feld- bis zur Leitebene. Die notwendige Bandbreite, Flexibilität und Effizienz werden durch Profinet bereitgestellt. Das offene Standardprotokoll auf Ethernet Basis erfüllt mittlerweile alle Anforderungen der Prozessindustrie hinsichtlich Verfügbarkeit, Robustheit, Echtzeitfähigkeit und sicherheitsgerichteter Kommunikation. Gleichzeitig weist er eine einfache Handhabung und stoßfreie Änderbarkeit der Konfiguration im laufenden Betrieb auf.
Zwei weitere Eigenschaften machen Profinet darüber hinaus für die Prozessindustrie interessant: die Kompatibilität und Durchgängigkeit zum auf dem Weltmarkt führenden Feldbus Profibus sowie die internationale Standardisierung. Proxys oder I/O-Gateways binden Anlagenteile, die mit Profibus ausgestattet sind, einfach an Profinet an. Nicht nur bei Hardware-Investitionen herrscht Sicherheit: Auch erworbenes Know-how bleibt erhalten. So ähneln sich Profibus und Profinet in punkto Engineering. Auf der anderen Seite stellen die weltweite Standardisierung gemäß IEC 61158/61784 sowie die konsequente Weiterentwicklung den Einsatz von Profinet über den gesamten Lebenszyklus von Anlagen hinweg sicher.
Hochverfügbares Peripheriesystem
Siemens unterstützt in der Version 9.0 das Prozessleitsystems Simatic PCS 7 diesen leistungsstarken Industrial Ethernet Standard. Für die Realisierung dezentraler Automatisierungslösungen ist dazu die Produktlinie Simatic ET 200 speziell für die Prozessindustrie erweitert worden. Das Peripheriesystem Simatic ET 200SP HA nutzt die Vorteile von Profinet: Redundante Profinet-Anschlüsse erlauben die Verbindung zu hochverfügbaren Controllern über zwei vollständig voneinander getrennte Netzwerke, wahlweise per Kupferkabel oder Lichtwellenleiter. Das I/O-System ist modular und kann in kleinen Schritten skaliert und erweitert werden.
ET 200SP HA wurde als IO-Peripherie für die speziellen Anforderungen der Prozessindustrie entwickelt. Durch den kompakten Aufbau mit stehender Verdrahtung, die schlanken IO-Module und die Anzahl von Modulen pro Einheit (56 Module) wird eine hohe Kanaldichte im Schaltschrank erzielt. So lassen sich bis zu 32 Kanäle pro Modul nutzen. Das I/O-System überzeugt aber auch im maschinennahen Einsatz durch Kompaktheit und hohe Leistungsdichte. Der erweiterte Arbeitstemperaturbereich von -40 °C bis +70 °C und das Conformal Coating aller Komponenten machen in den meisten Anwendungen einen zusätzlichen Schutz vor Umwelteinflüssen oder gar eine Klimatisierung überflüssig. Die Simatic ET 200SP HA ist auch in Ex-Zone 2 einsetzbar und eignet sich neben der klassischen Installationen im Schaltraum auch für die dezentrale Aufstellung als sogenannte „Remote I/O".
Die Peripheriemodule können auch selbst redundant ausgeführt werden. Ein Terminalblock für integrierte I/O-Redundanz ermöglicht den Einsatz redundanter I/O-Module für hochverfügbare Anwendungen in der Prozessindustrie ohne Veränderung der Verdrahtung. Weitere Vorteile ergeben sich durch die Trennung von Mechanik und Elektronik. Durch die stehende Verdrahtung kann die Station ohne Peripheriemodule vorverdrahtet werden. Dies sowie einheitliche Terminalblöcke erlauben einen standardisierten Aufbau von Schaltschränken. Für hohe Anlagenverfügbarkeit sorgt die Möglichkeit, Baugruppen im laufenden Betrieb zu stecken und zu ziehen. Auch Stationserweiterungen sind ganz ohne Stillstand möglich.
Feldgeräteanbindung neu gedacht
Bislang gewohnte Anlagenkonzepte müssen möglichst reibungslos durch einen modernen, zur digitalen Welt passenden Ansatz abgelöst werden. Dafür hat Siemens die dezentrale Peripherie-Linie Simatic Compact Field Unit (CFU) entwickelt. Der über Profinet angebundene Feldverteiler verbindet die einfache Handhabung bekannter 4-20-mA-Technik mit den Vorzügen der digitalen Feldbus-Technologie. Simatic CFU kommuniziert per Profinet direkt mit den überlagerten Ebenen. Auf Rangierschränke, mehradrige Stammkabel, Klemmkästen und mehr kann so verzichtet werden.
Mit den Kombinationsmöglichkeiten von digitalem Feldbus und diskreten I/Os ist die Compact Field Unit auf die Anforderung der Prozessindustrie abgestimmt. Neben den acht Profibus-PA-Anschlüssen stehen zusätzliche acht diskrete I/O-Kanäle zur Verfügung. Diese lassen sich per Software kanalweise als DI (Digital Input) oder DO (Digital Output) konfigurieren. Die vorgestellte PA-Edition der Peripherie-Linie macht den Anschluss von Profibus-PA-Geräten ganz einfach: Sämtliche an Simatic CFU angeschlossene Geräte werden automatisch adressiert und über Standardprofile integriert.
So kann bei der Integration eines Profibus-PA-Drucktransmitters mit der Simatic CFU das Gerät werkzeuglos über Push-in-Klemmen angeschlossen werden. Der ethernetbasierte Feldverteiler führt nun einen Initialisierungsvorgang aus, bei dem der Druckmessumformer automatisch adressiert wird. Anschließend überprüft die Simatic CFU, ob das angeschlossene Feldgerät das im Engineering vordefinierte Kommunikationsprofil „Drucktransmitter“ unterstützt. Die Profile sind durch Profibus & Profinet International standardisiert. Schon ist der Messumformer einsatzbereit. Im Vergleich zur manuellen Einbindung wird durch Plug&Produce der Vorgang von etwa 30 auf nur eine Minute verkürzt. Diese Vorteile ergeben sich auch beim Gerätetausch: Ein defektes Gerät kann einfach durch ein neues ersetzt werden – ohne Rücksicht auf einen neueren Herstellungsstand oder einen anderen Hersteller.
Neuerungen für mehr Produktivität
Simatic PCS 7 unterstützt die neuen Möglichkeiten in der Feldebene und kann mit einigen Neuerungen aufwarten. Diese ermöglichen ein produktives und flexibles Arbeiten für Anlagenfahrer und Instandhalter. Die Projektierung der neuen Peripherie-Linien erfolgt über das bekannte Parametrier-Tool Simatic PDM (Process Device Manager), das nun Profinet unterstützt.
Mehr Flexibilität in der Anwendung garantiert die Client-Server-Kommunikation, wodurch sich dem Anwender eine Vielzahl von Einsatzszenarien erschließen, um Wartungspersonal effizient einzusetzen. Neue Methoden zur Massendaten-Bearbeitung wie paralleler Up- und Download von Geräteparametern oder der selektive Parametertransfer von Gerät zu Gerät beschleunigen die Inbetriebnahme von Feldgeräten. Mit dem neuen Field Device Integration (FDI) Standard, den Simatic PDM erstmalig unterstützt, kann jede Geräteintegration problemlos vollzogen werden.
Betrieb und Wartung rücken durch die Erweiterungen bei der Maintenance Station zusammen. Das zyklische Auslesen und Exportieren von Parametern schafft neue Möglichkeiten der Zustandsdatenerfassung und Datenauswertung in übergeordneten Enterprise-Asset-Management-Systemen. Die Wartungsanforderungen für defekte Geräte werden vom Operator ausgelöst und vom Wartungsmechaniker nach Instandhaltung quittiert.
Ein weiterer Fokus der neuen Version von Simatic PCS 7 ist die Vereinfachung der Administration und Verwaltung der installierten Hardware und Softwarekomponenten. Diese Aufgabe übernimmt die Simatic Management Console. Über eine neu geschaffene Schnittstelle können bestimmte Daten der Anlagenkonfiguration auf Wunsch ausgeleitet und in der zentralen Service-Datenbank von Siemens hinterlegt werden. Mithilfe der Daten kann der Customer Support von Siemens bei Anfragen gezielt und schneller reagieren.