Corporate News Das Genie, das sich selbst heilte


Manfred von Ardenne im Alter von 24 Jahren.

29.04.2013

Er gilt als wissenschaftlicher Alleskönner: Manfred Baron von Ardenne. Sein Leben verschrieb er der Wissenschaft und keines der Regime des 20. Jahrhunderts konnte ihn davon abhalten, Grundlagen in Fernsehtechnik, Bildwandlung, Elektronen- und Rastermikroskop, Isotopentrennung, Elektronen- und Ionenstrahltechnik sowie in der Medizin zu legen.

Historisch betrachtet, ist Manfred Baron von Ardenne ein Unikat: Geboren am 20. Januar 1907 in Hamburg im deutschen Kaiserreich, aufgewachsen in der Weimarer Republik - hier begann sein wissenschaftliches Schaffen - arbeitete er in drei Diktaturen: im Dritten Reich, in der Sowjetunion und in der DDR. Die Jahre vor seinem Tod am 26. Mai 1997 in Dresden verbrachte er in der Bundesrepublik Deutschland.

Doch auch in der Wissenschaft war er ein Unikat. Bereits im Kindesalter wurde seine Vorliebe für die Wissenschaft sichtbar, die die Lust an der Schule überlagerte und seine Leistungen minderte. Deshalb verließ der erst 15-Jährige das Gymnasium Berlin Tempelhof und besuchte anschließend das Friedrich-Realgymnasium, das er 1923 mit der Primarreife abschloss. Noch im selben Jahr meldete von Ardenne sein erstes von insgesamt etwa 600 Patenten über ein „Verfahren zur Tonselektion, insbesondere für die Zwecke der drahtlosen Telegraphie“ an - mit gerade einmal 16 Jahren. Das folgende Studium, zu dem er gedrängt wurde, brach er nach vier Semestern ab, um sich wieder seinen privaten Forschungen zu widmen.

Als von Ardenne 1928 volljährig wurde, gründete er das Forschungslabor für Elektrophysik, in dem ihm am 14. Dezember 1930 die erste vollelektrische Fernsehübertragung mit Kathodenstrahlröhren gelang, wobei eine Schere das erste übertragene Bild war. 1937 entwickelte er außerdem das erste Raster- und zwei Jahre später ein Universal-Elektronenmikroskop. Zur selben Zeit, 1938, heiratete er Bettina Bergengruen, mit der er vier Kinder haben sollte.

Als die Sowjets 1945 Berlin erreichten, brachten sie auch das Von-Ardenne-Laboratorium in ihre Gewalt und boten ihm an, den Aufbau und die Leitung eines technisch-physikalischen Forschungsinstituts zu übernehmen. Kurz darauf wurde sein Laboratorium nach Sinop, in die Nähe von Suchumi, verlegt.

Zunächst arbeitete von Ardenne nur als Spezialist für Elektronenoptik, wurde später jedoch verpflichtet, am Bau der Atombombe mitzuarbeiten. Eine direkte Beteiligung konnte er allerdings vermeiden, indem er die von Geheimdienstchef Beria angebotene Leitung des Gesamt-Projekts geschickt umging und ihm mitteilte, dass der Bombenbau aus zwei Hauptaufgaben bestehe: Aus der Entwicklung der Atombombe selbst und aus der Entwicklung eines Isotopentrennverfahrens zur Gewinnung von Kernsprengstoffen wie Uran-235. Von Ardenne schlug Beria vor, dass sich die deutschen Wissenschaftler ausschließlich mit dem Isotopentrennverfahren beschäftigen. Dies akzeptierte Beria.

1955 kehrte er nach Deutschland, in die DDR, zurück und ließ sich samt Familie im Dresdner Stadtteil „Weißer Hirsch“ nieder, um dort das größte Forschungsinstitut des Ostblocks aufzubauen. Von Ardenne widmete sich zunehmend der Medizin, vor allem der Krebstherapie. Nach langjährigen Forschungen entwickelte er die systemische Krebs-Mehrschritt-Therapie (sKMT), bei der eine Ganzkörperhyperthermie (Überwärmung) die Grundlage bildet, kombiniert mit einer gezielten Übersäuerung des Tumors und einer erhöhten Sauerstoffzufuhr. Als von Ardenne aufgrund von Auseinandersetzungen mit der SED und Ungewissheiten bezüglich seines Instituts in den 70-er Jahren plötzlich bettlägerig wurde, vermutete er, dass ein „generalisierter Energiemangel“ die Ursache gewesen sei. Deshalb inhalierte er mehrmals täglich aus einer Sauerstoff-Druckgasflasche, woraufhin sich sein Zustand nach einigen Tagen erheblich verbesserte. Aus diesem Selbstversuch entwickelte er die Sauerstoff-Mehrschritt-Therapie (SMT).

Zukunftsvorhersagen wie zum Beispiel die Entschlüsselung der DNA, die Entwicklung von Mikrochips und OLEDs sowie die Entstehung des Internets waren präzise und unterstreichen von Ardennes Stellung als eines der letzten Universalgenies.

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