Verfahrenstechnik Wer siebt, gewinnt

J. Engelsmann AG

Bild: Engelsmann
23.03.2016

Das Polymer PMMA wird als Rohstoff in der Medizintechnik, der Sanitärkeramik und vielen weiteren Branchen weiterverarbeitet. Umso wichtiger ist die passgenaue Integration von Siebtechnik in die Fertigungsanlagen.

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Ob beim Einsatz in der Dentaltechnik oder der Sanitärkeramik – in fast allen Anwendungsbereichen von Polymethylmethacrylat (PMMA) ist präzise Produktbeschaffenheit unabdingbar. Bei der Herstellung dieses Polymeres haben Agglomerate, Überlängen oder Fehlkorn keinen Platz. Um einen höchstmöglichen Reinheitsgrad des rieselfähigen Rohstoffes sicherzustellen, wird vor dessen Abfüllung in Verkaufsgebinde eventuelles Fehlkorn, das nicht der gewünschten Kornspezifikation entspricht, ausgesiebt. Die Integration der benötigten Siebtechnik in die vorhandene Anlage, aber auch die Siebfähigkeit des Produkts müssen bei der Entwicklung der Maschinenlösung berücksichtigt werden.

Ein weltweit tätiger Produzent der Kunststoffindustrie verfügt über Produktionsanlagen in 25 Ländern und stellt unter anderem für anspruchsvolle Anwendungsbereiche der Dentaltechnik und Sanitärkeramik unterschiedliche PMMA-Polymere her. Diese zeichnen sich durch eine konsistente Qualität in engen Spezifikationsgrenzen und hervorragende Rieselfähigkeit aus.

Bei internen Qualitätskontrollen der Verkaufsware im südhessischen Werk Darmstadt wurden teilweise nicht unerhebliche Schwankungen im Kornspektrum festgestellt. Um den Anteil von Fehlkorn in den verkaufsfertigen Chargen so weit wie möglich zu minimieren und eine gleich bleibende Produktqualität sicherzustellen, entschloss man sich vor der Abfüllung des Polymere-Produkts in die Verkaufsgebinde eine Schutz- beziehungsweise Klassiersiebung vorzuschalten. Eine Überkornabtrennung mit einer Maschenweite von 200 µm sollte gewährleisten, dass unerwünschte Agglomerate und Fehlkorn außerhalb des festgelegten Kornspektrums ausgesiebt werden. Das Gutkorn dagegen sollte direkt dem Abfüllprozess zugeführt werden. Die Eigenschaften von Kunststoffen in Primärform erschweren jedoch die Siebaufgabe und stellen höchste Ansprüche an den Maschineneinsatz. Zudem musste die Maschinenlösung in die vorhandene Produktionsanlage und an die bauseitig vorhandenen Gegebenheiten eingepasst werden. So sorgen ein dem Siebprozess vorgeschalteter Tellertrockner und der Aufstellort in einer Ecke der Gebäudehalle für beengte Platzverhältnisse.

Versuchsreihe schafft Klarheit

Dank umfangreicher Erfahrung mit komplexen Siebaufgaben wusste man bei Engelsmann bereits, welche Probleme beim Sieben von Kunststoffen auftreten können. Bei ausgiebigen Tests mit mehrtägigen Versuchsreihen, bei denen das Originalprodukt zum Einsatz kam, wurden unterschiedliche Siebmaschinentypen aus dem Engelsmann-Portfolio auf die bestehenden Anforderungen abgeprüft. Die Versuche im Engelsmann-Technikum wurden im Beisein des Auftraggebers durchgeführt, sodass dieser mit in den Entscheidungsprozess bei der Auswahl des passenden Maschinentyps eingebunden war. Hier erzielte die Langhubsiebmaschine JEL Freischwinger die besten Siebergebnisse, die vom Kunden im firmeneigenen Labor analysiert wurden. Der Technikumsversuch brachte so nicht nur wichtige Erkenntnisse für die passende Maschinenlösung, sondern er brachte allen Beteiligten die Sicherheit, dass diese im späteren Echtbetrieb unter den gegebenen Bedingungen einwandfrei funktioniert.

Die Langhubsiebmaschine der Typenreihe Freischwinger wurde von Engelsmann speziell für das Sieben von rieselfähigen Schüttgütern konzipiert. Wegen seiner hohen Durchsatzleistung von bis zu 250 t/h und dem besonders produktschonenden Siebvorgang mit einem trennscharfen Aussiebegrad von bis zu 99 Prozent wird das Freischwinger-Modell in allen Bereichen der Produktion eingesetzt. Für die spezielle Siebanwendung wurde das Grundmodell der freischwingenden Langhubsiebmaschine mit einem Siebdeck und zwei Siebeinlegern mit einem Maschengewebe von 200 µm und einer Siebfläche von 0,75 m² sowie zwei Ausläufen für das Grobgut mit einem Durchmesser von 100 mm und die Gut- beziehungsweise Feinware mit einem Durchmesser von 150 mm ausgestattet.

Herausforderung
elektrostatische Aufladung

Das Phänomen der elektrostatischen Aufladung, die insbesondere bei pulver- oder granulatförmigen Kunststoffen auftritt, bringt beim Sieben immer wieder Probleme mit sich. Soll zum Beispiel Staub von Granulatkörnern abgetrennt werden, bleibt dieser in den meisten Fällen durch die elektrostatische Aufladung an den Körnchen haften. Dem Problem lässt sich je nach Anforderung auf zwei Wegen begegnen: Zum einen durch den Einsatz von antistatisch wirkenden Zusätzen oder, wie in diesem Fall, durch die Verwendung von Ionisatoren.

Angeordnet in der Produktzuführung der Maschine beseitigen die Ionisatoren die elektrostatische Aufladung des Produkts zu einem großen Teil vor dem Siebvorgang, sodass das Siebgut nahezu ladungsfrei in die Siebmaschine fällt. Die Ionisatoren erzeugen über einen Hochspannungsgenerator ein elektrisches Feld, welches die Luft um die Ionensprühspitzen in positive und negative Ionen zerlegt. Sobald das aufgeladene Granulatprodukt das Feld passiert, findet ein Ionenaustausch statt und es wird entladen. Aufgrund der elektro­statischen Aufladung des Kunststoffprodukts wurde die Maschine zusätzlich durchgängig geerdet. Darüber hinaus wurde das Langhubsieb ausgenommen des E-Motors für einen Betrieb in der Atex-Zone 20 (innen) und -Zone 22 (außen) ausgelegt.

Gründlicher Ultraschall

Damit sich das Siebgewebe während des Siebvorgangs nicht mit Grenzkorn (Steckkorn) zusetzt, wurde, um die geforderte Durchsatzleistung von bis zu 300 kg pro Stunde zu erreichen, die Spezialsiebmaschine mit zwei Siebabreinigungssystemen ausgestattet. Auf diese Weise sollte das Siebgewebe so lang wie möglich offen gehalten werden. Unterhalb des Siebeinlegers ist ein Kugelabreinigungssystem installiert, das das Maschengewebe während des Siebvorgangs frei hält. Eine zusätzlich eingebaute Ultraschallabreinigung verfügt über einen Atex-gerechten Ultraschall-Siebgenerator mit Temperaturbeständigkeit von bis zu 80 °C sowie zwei Ultraschall-Konvertern mit einer Temperaturbeständigkeit bis 135 °C. Sie kann pulsierend oder auch permanent zugeschaltet werden, um die vorgesehene Produktionszeit einzuhalten. Mit einer verstellbaren Siebneigung ausgestattet, kann die Fließgeschwindigkeit des Produkts und somit dessen Verweilzeit auf dem Siebgewebe mit einem veränderten Neigungswinkel des Siebdecks zwischen ein und drei Grad beeinflusst werden.

Da auf der Siebmaschine zwei verschiedene Kornspezifikationen gesiebt werden, müssen die Siebeinleger mit den unterschiedlichen Maschenweiten nach jedem Siebvorgang gewechselt werden. Um die damit verbundenen Stillstandzeit so kurz wie möglich zu halten, ist die Siebmaschine auf Kundenwunsch mit einem aufklappbaren aus Edelstahl gefertigten Deckel mit Schnellspannverschlüssen und BFM-Stutzen versehen worden. Dies ermöglicht einen schnellen Zugriff auf die Siebeinleger. Mit der vorhandenen Schnellwechselausführung lassen sich nach dem Öffnen des Deckels mit nur wenigen Handgriffen die genormten, durch Pressleisten arretierten Siebeinleger schnell und einfach wechseln. Der freie Zugang zu den Siebeinlegern und deren einfache Demontage ermöglichen in kurzer Zeit eine rückstandslose Reinigung des Produktraums in der Maschine.

Bildergalerie

  • Die Langhubsiebmaschine der Typenreihe Freischwinger wurde speziell für das Sieben von rieselfähigen Schüttgütern entwickelt.

    Die Langhubsiebmaschine der Typenreihe Freischwinger wurde speziell für das Sieben von rieselfähigen Schüttgütern entwickelt.

    Bild: Engelsmann

  • Unterhalb des Siebeinlegers ist ein Kugelabreinigungssystem installiert, das das Maschengewebe während des Siebvorgangs freihält.

    Unterhalb des Siebeinlegers ist ein Kugelabreinigungssystem installiert, das das Maschengewebe während des Siebvorgangs freihält.

    Bild: Engelsmann

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